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Reproduktionsmedizin
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Publiziert am: 03.07.2018

Optimierung der natürlichen Fertilität und Zukunftsaspekte

Verfasst von: Günter Freundl, Tanja Freundl-Schütt und Christian Gnoth
Zyklusmonitoring mit Selbstbeobachtung führt zu einer Steigerung der Empfängniswahrscheinlichkeit. Bei einer 8-monatigen Wartezeit vor dem 1. ART-Therapiezyklus wurden 38 % der Frauen – OAT- oder beidseitiger Tubenverschluss ausgeschlossen – schwanger, im Gegensatz zu 21,6 % ohne fertility awareness training. Hilfsmittel in der NFP wie Zykluscomputer oder Fertility-Apps können Frauen bei der Aufzeichnung und Beurteilung des Zyklus unterstützen. Sie sind jedoch nicht besser als die normale FAB. Leider existieren zu dieser Frage bis heute wenige wirklich aussagekräftige Studien. Heute dienen diese Hilfsmittel vor allem dem Erzielen einer Schwangerschaft, zur SS-Verhütung sind sie weniger geeignet. Untersuchungen zu dieser Fragestellung sind dringend nötig.

Optimierung der natürlichen Fertilität

In der deutschen NFP-Zyklusdatenbank (Gnoth et al. 1999), aus der ab Beginn des Kinderwunsches die Schwangerschaftsrate unter Selbstbeobachtung des fertilen Fensters ermittelt werden kann, waren im „gesunden“ Kollektiv bereits nach einem Zyklus mit Kinderwunsch 38 % der 340 Frauen schwanger, nach 3 Zyklen 68 %, nach 6 Zyklen 81 % und nach 12 Zyklen 92 %) (Gnoth et al. 2003b).
Das Zyklusmonitoring durch Selbstbeobachtung kann damit zur Steigerung der Empfängniswahrscheinlichkeit genutzt werden. Inzwischen gibt es dafür eine ausreichende Datenbasis, sodass die „fertility awareness method“ (FAB) auch Eingang in die Empfehlungen der Amerikanischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin gefunden hat (ASRM 2008; Mu und Fehring 2014). Entsprechende prospektive Studien haben dabei die besondere Bedeutung der Zervixschleimbeobachtung auch bei unregelmäßigen Zyklen belegt, womit sogar eine höhere Schwangerschaftsrate erreicht wird als mit alleiniger Anwendung von z. B. LH-Tests im konzentrierten Morgenurin, die nur eine kurze präovulatorische Phase erfassen (Kap. „Natürliche Familienplanung bei Kinderwunsch und unerfülltem Kinderwunsch“).
Die im Kap. „Natürliche Familienplanung bei Kinderwunsch und unerfülltem Kinderwunsch“ bereits erwähnte aktuelle prospektive Beobachtungsstudie an Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch und zur Indikation einer Sterilitätstherapie (Frank-Herrmann et al. 2017) zeigte, dass 32 % der Patientinnen in einer bis zu 8-monatigen Wartezeit vor dem 1. Therapiezyklus nach Ausschluss eines hochgradigen OAT-Syndroms (OAT = Oligoasthenoteratozoospermie) oder beidseitigem Tubenverschlusses schwanger wurden. Erwartungsgemäß war diese Spontanschwangerschaftsrate bei unter 35-Jährigen mit 42 % signifikant höher als bei den über 40-Jährigen mit lediglich 20 %. Auch die Dauer des unerfüllten Kinderwunsches hatte einen signifikanten Einfluss. Die Spontankonzeptionsaussicht bei Paaren mit einer >5-jährigen ungewollten Kinderlosigkeit betrug in dem Beobachtungszeitraum von bis zu 8 Monaten lediglich 8 %.
In diesem Zusammenhang ist ein Vergleich der kumulativen Schwangerschaftsraten invasiver Sterilitätstherapien (alle Zyklen mit extrakorporalen Maßnahmen) und der kumulativen Schwangerschaftsraten im Spontanzyklus interessant. Über alle Altersklassen hinweg zeigen die kumulativen Schwangerschaftsraten im Spontanzyklus sowie nach ART einen deckungsgleichen Kurvenverlauf.
Reproduktionsmedizinische Techniken können offensichtlich die natürlichen Schwangerschaftsraten nicht übertreffen. Reproduktionsmedizinische Techniken heben bei massiver Subfertilität die Schwangerschaftsaussichten lediglich wieder auf das normale Niveau zurück.
Sofern eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege nicht prinzipiell fast unmöglich ist (z. B. bei Tubenverschluss beidseits bzw. hochgradigem OAT-Syndrom), profitieren Paare dann von einer invasiven Sterilitätstherapie, wenn nach mindestens 6 Zyklen mit Verkehr zum optimalen Zeitpunkt keine Schwangerschaft eingetreten ist und somit die verbliebene Spontankonzeptionsaussicht extrem gering ist. Unabhängig von der medizinischen Diagnose stellt sich also oft allein aufgrund der Anzahl erfolgloser Spontanzyklen die Indikation zu reproduktionsmedizinischen Maßnahmen.

Hilfsmittel in der NFP

Zykluscomputer zur Zyklusbeurteilung

Verschiedene technische Hilfsmittel, Geräte und Programme versprechen einer Frau Unterstützung zur Aufzeichnung und Beurteilung des Zyklus und zur Bestimmung des fertilen Fensters. In letzter Zeit sind in großer Anzahl Programme im Netz (Fertility- und Zyklus-Apps dazugekommen und werden lebhaft unter Laien und in wissenschaftlichen Kreisen diskutiert (Freundl et al. 2016, 2017) Sie verarbeiten verschiedene, zyklusabhängige Indikatoren der Fertilität (z. B. Aufwachtemperatur, Schleim, Hormone), oft in Kombination mit mathematischen Algorithmen zur Auswertung, und werden weltweit in großer Zahl angeboten. Hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Akzeptanz durch die Benutzer sind sie häufig nur unzureichend untersucht. Eine sicher nicht vollständige Aufstellung der uns bekannten Geräte und Hilfsmittel zeigt Tab. 1; neuere Computerprogramme sind in Tab. 2 zusammengefasst. Dabei muss zuerst darauf hingewiesen werden, dass prospektiv randomisierte, vergleichende Doppelblindstudien zur Effektivitätsbeurteilung zum Erreichen oder Verhüten einer Schwangerschaft für keines der Geräte und Programme existieren. Für wenige Geräte liegen prospektiv vergleichende Beobachtungsstudien vor, für die meisten nur Beobachtungsstudien oder Einzelbeobachtungen (Zusammenfassung in (Freundl und Freundl-Schütt 2006). Abb. 1a–c zeigt drei Geräte, die derzeit auf dem deutschen Markt erhältlich sind.
Tab. 1
Zyklusmonitore und die darin verwendeten Indikatoren
Geräte
Gemessene Indikatoren
Babycomp
Ladycomp
Cyclotest
Basaltemperatur (BT) und Kalkulation
PC 2000
PG 53
Maybe Baby
Zervikalschleim (CM): Kristallisation
Persona
LH/Estrone-3-glucuronid (E3G)
Brown’s Ovarian Monitor
Pregnandiol-3-Glucuronid (PdG) und E3G
Cyclotest 2 plus
BT/LH oder Zervikalschleim (CM)
CUE-Fertility Monitor
Zervikalschleim (CM): elektrische Leitfähigkeit
Ovulation Controller
Elektrostatische Ladung
Capnodig
pCO2
Safeplan
Skin-check
Lipidprofile
Tab. 2
Zykluscomputerprogramme für Palm oder Handy
Geräte
Hersteller
Internetadressen
May I
Modeleo e.K.
sympto.ch
Monsieur Emile Tasev
myona
myona GmbH
Für die Fertility Apps existieren bis heute keine wissenschaftlich korrekten prospektiven Studien. Dennoch haben sie zahlreiche Zugriffe im Netz, die wohl durch vollmundige Versprechungen und entsprechende „likes“ gefördert werden. Tab. 3 zeigt eine nach dem zugrunde liegenden Prinzip geordnete unvollständige Aufstellung ohne eine derzeit nicht mögliche Wertung (nach Stiftung Warentest 2017). Effektivitätsstudien fehlen. Für den angloamerikanischen Markt wurden Bewertungen nach einem Scoringsystem, das aber keine prospektiven Effektivitätsstudien ersetzen kann publiziert (Moglia et al. 2016; Shaia et al. 2017). Hinzuweisen ist auf die Technologie der multiparametrischen Techniken und Algorithmen zur Ovulationsprediktion, wie sie beispielsweise in der Fertility-App Ava versucht wird. Aussagekräftige Studien zu derartigen Apps. sind derzeit in Planung, Ergebnisse liegen jedoch noch nicht vor.
Tab. 3
Fertility- und Zyklus-Apps im Netz. (Nach Stiftung Warentest 2017)
Name App
Zugrundeliegende Methode
Android
iOS
Bewertung
Ladycycle
CM/BT
X
/
gut (2,2)
MyNFP
CM/BT
X
X
gut (2,2)
Lily
CM/BT
/
X
befriedigend (2,6)
OvuView
CM/BT
X
/
ausreichend (4,3)
Ovy-Zyklus
K/BT
X
X
mangelhaft (5,2)
Natural Cycles
K/BT
X
X
mangelhaft (5,5)
Clue; Flo; Maya; Menstruationskalender Pro; Period tracker; Woman-Log-Pro; Mein Menstruationskalender
K
X
X
mangelhaft (5,5)

Temperaturcomputer

Es handelt sich um Computer mit Computerprogrammen (Babycomp/Ladycomp, Cyclotest), die alle eine Temperaturmesssonde haben, die dem Gerät die Morgentemperatur (BT) mitteilt – gemessen an unterschiedlichen Orten (oral, subaxillar, rektal, vaginal). Die Geräte errechnen aus diesen Temperaturwerten und aus Kalenderkalkulationen mit unterschiedlichen Algorithmen eine fruchtbare Zeit im Zyklus einer Frau. Indikatorlampen bzw. Anzeigen im Display erklären der Frau ihren derzeitigen Fertilitätsstatus und geben zusätzliche Informationen wie z. B., ob eine Schwangerschaft bestehen kann. Wenn eine Frau schwanger werden will, geben die Geräte den fertilen Zeitraum an. Die Länge der angezeigten fertilen Zeit liegt zwischen 12 und 14 Tagen, was definitiv zu lang ist. Die Sicherheit bei Verhütungsabsicht bei typischer Anwendung liegt bei einem Pearl-Index zwischen 2 und 4.
Derzeit drängen Temperaturmesssonden auf den Markt, die für die intravaginale, teilweise kontinuierliche Temperaturmessung entwickelt worden sind (z. B. i-Button [Anwendung gut beschrieben in http://trainyabrain-blog.com/2017/09/beste-basalthermometer-meine-geratherm-basal-analog-erfahrungen] oder OvulaRing). Sie sollen das Temperaturmessen einfacher und effektiver machen.

Minimikroskope zur Zervikalschleim- und Speichelbeobachtung

Es handelt sich um unterschiedlich designte, vergrößernde, teilweise auch beleuchtete Lupen (Donna, Pg 53, Ovulens, Fertile Focus, Cycle Check), mit denen eine Frau Phänomene beobachten kann, die beim Trocknen von Speichel oder Zervikalschleim auf einem fettfreien Objektträger entstehen (farnphänomenartige Bilder) und ein Zeichen für die fertile Phase sind. Trotz einer sehr optimistischen Werbung („reliable, cheap“) sind die beobachteten Phänomene sehr störanfällig (durch Luftfeuchtigkeit, Verunreinigungen) und deswegen in der versprochenen Deutlichkeit häufig nicht zu erkennen. Dies ist bei Kinderwunsch zwar bedauerlich, führt dabei aber nicht zu weitreichenden Konsequenzen. Anders ist es, wenn die Geräte eingesetzt werden, um eine Schwangerschaft zu verhindern. In vergleichenden Studien (Abschn. 1.2) schnitten sie schlecht ab. Prospektive oder gute Beobachtungsstudien zu den einzelnen Geräten existieren praktisch nicht.

Hormoncomputer

Durch diese Geräte werden die Veränderungen bestimmter Hormone im Zyklus der Frau gemessen.
Der Ovarian Monitor misst in einem schwierigen, zeitaufwendigen Verfahren relativ genau die beiden Hormone Östradiol und Progesteron [als E3-Glucuronid (E3G) und Pregnandiol-Glucuronid (PdG) im Urin] und deren Verhältnis zueinander. Das Gerät wurde ursprünglich von (Brown und Blackwell 1980) angewendet, um die Effektivität der Billings-Methode (Billings 1964) zu untermauern. Die Bestimmungen sind sehr genau, jedoch auch sehr zeitaufwendig (40–50 min/Messung tgl.) und damit für den täglichen Gebrauch ungeeignet. Zu seiner Effektivität existieren gute Studien.
Persona ist ebenfalls ein Hormonmesscomputer. Es werden an bestimmten Tagen im Zyklus die Hormone LH und E3-glucuronid (E3G) im Urin gemessen. Moderne Analyse- (Teststick) und Programmiertechnik (Auswertung nach Hormonanalysen und Zykluskalkulation) haben ein für die Frau leicht zu bedienendes Gerät geschaffen (Abb. 1c). Der Messvorgang inkl. Berechnung dauert <5 min. Vom Hersteller wird die Anwendung auf Zykluslängen zwischen 25 und 35 Tagen beschränkt.
Nicht angewendet werden soll das Gerät lt. Hersteller bei anovulatorischen Zyklen einschließlich Stillzeit und Prämenopause. Unter Beachtung dieser Bedingungen versprechen die Entwickler eine Sicherheit der Fertilitätsvoraussage von ca. 94 %.
Ein Schwesterprodukt ist der Clear Plan Ferility Montitor mit geändertem Algorithmus zum Erzielen einer Schwangerschaft.

Widerstandsmessgeräte

Geräte wie OvaCue/Cue II weisen Veränderungen im Elektrolytgehalt von Speichel oder Zervikalschleim nach, die als Antwort auf Hormonveränderungen um den Eisprung herum zu beobachten sind. Sie werden derzeit in Deutschland nicht verkauft, sind aber über die USA zu beziehen. Die Frau legt jeden Tag eine löffelartige Sonde für 5 s auf die Zunge, die den elektrischen Widerstand misst. Sie hat zudem die Option, auch eine Widerstandsmesssonde in die Scheide einzulegen. Störungen können durch die Art der Ernährung (sehr salzreich etc.) auftreten. Gemessen werden der sog. CuePeak im Speichel und das „vaginal low“ im Zervikalschleim.
Die Beurteilung der Effektivität dieser Geräte fällt in der Literatur sehr unterschiedlich aus. Zur Unterstützung des Kinderwunsches können sie sicher zuweilen hilfreich sein, genauso wie Temperaturcomputer.

Effektivität von Zykluscomputern

Wir haben im Rahmen einer prospektiven Beobachtungsstudie die Fertilitätsangaben von 7 Zykluscomputern bzw. Minimikroskopen und der von uns gelehrten symptothermalen Familienplanungsmethode Sensiplan mit dem fertilen Fenster verglichen, das mittels LH-Peak-Bestimmung und ultrasonographischer Messung des größten Follikeldurchmessers (MFD) objektiv bestimmt wurde (Freundl et al. 1980). Die Untersuchungen wurden durch die Stiftung Warentest unterstützt (Freundl et al. 2003b; Stiftung Warentest 2000). Entsprechend den statistischen Vorgaben wurde angestrebt, von jedem System 15 „Kontrollzyklen“ oder Überwachungszyklen zur Verfügung zu haben. Zu diesem Zweck wurden 4 Gruppen (= 8 Geräte oder Methoden) zu je 15 klinisch gesunden Probandinnen gebildet, die keine Erfahrung mit den zu prüfenden Geräten bzw. Systemen hatten. Die Probandinnen sollten jedes System ohne Unterbrechungen – zum Aufbau der notwendigen Datenbank bei speichernden Geräten 7–8 Zyklen, bei nicht speichernden für mindestens 4 Zyklen – anwenden. Die Geräte bzw. Methoden wurden in dieser Zeit lt. Gebrauchsanweisung der Hersteller angewandt.
Der letzte Zyklus war der sog. Kontroll- oder Überwachungszyklus, in dem der Ovulationstag sicher ermittelt wurde. An der Studie haben insgesamt 65 Frauen teilgenommen (Einzelheiten s. Freundl et al. 2003b).
Die Sicherheit der Systeme bezüglich der Bestimmung der fertilen Zeit im Zyklus ließ sich darstellen, indem die falsch-negativen Angaben (Gerät zeigt „unfruchtbar“ in der fruchtbaren Zeit) und falsch-positiven Angaben (Gerät zeigt „fruchtbar“ in der unfruchtbaren Zeit, bezogen auf die Referenzmethode) ausgewertet werden. Tab. 4 gibt diese Zahlen in prozentualen Werten an.
Tab. 4
Prozentsatz falsch-negativer und falsch-positiver Anzeigen bei den getesteten Zyklusmonitoren und Schleimmikroskopen
Gerät bzw. Methode
Anzeige „falsch-negativ“a bezogen auf die Gesamtzahl der infertilen Tage im Zyklus (%)
Anzahl „falsch positiv“b bezogen auf die Gesamtzahl der infertilen Tage im Zyklus (%)
PG 53
73,4
6,6
PC 2000
58,0
11,3
MayBe Baby
51,6
22,7
Persona
20,8
23,0
Babycomp/LC
4,7
29,3
Bioself 2000
7,5
53,9
Cyclotest 2 plus
1,7
39,7
NFP
0,0
25,3
aFalsch-negativ: ein klinisch fertiler Zyklustag, der durch den Monitor als infertil ausgewiesen wurde
bFalsch-positiv: ein klinisch infertiler Tag, der durch den Monitor als fertil ausgewiesen wurde
Eine Anwenderin ist an Tagen mit falsch-negativen Geräteangaben trotz der gegenteiligen Anzeige ihres Gerätes fruchtbar und hat die Möglichkeit, bei Verkehr schwanger zu werden. Bei der Angabe falsch-positiv sagt das Gerät aus, dass die Möglichkeit eines Eintritts einer Schwangerschaft besteht, obwohl sie in Wirklichkeit nicht gegeben ist. Diese Information gibt somit Auskunft über die Spezifität eines Gerätes bzw. einer Methode. Im Hinblick auf die Verhütung sind die falsch-negativen Angaben besonders wichtig, weil sie aussagen, dass das Gerät einen Tag, der entsprechend den objektiven Parametern fruchtbar war, als unfruchtbar bezeichnet hat. Dies widerspricht der Intention einer Frau, die mit dem System verhüten will.
Die Temperaturcomputer weisen insgesamt eine relativ hohe Sicherheit auf: Falsch-negative Anzeigen erfolgen in einem Prozentsatz zwischen 1,7 % und 7,5 %. Am besten hat Cyclotest abgeschnitten.
Besonders schlechte Ergebnisse zeigen die Speichel-Minimikroskope, deren entsprechende Zahlen zwischen 51,6 % und 73,4 % lagen. In einem Mittelfeld hält sich Persona mit 20,8 %.
Die falsch-negativen Befunde bei Anwenderinnen der symptothermalen Methode der natürlichen Familienplanung beliefen sich auf 0 % (allerdings bei relativ wenigen Benutzerinnen), d. h. dass die Methode der Körperselbstbeobachtung zur Kontrazeption bisher den technischen Geräten überlegen war.
Nach unserer Erfahrung scheinen die Zykluscomputer in erster Linie als Mittel zum Erzielen einer Schwangerschaft von den Anwenderinnen akzeptiert zu werden. Interessanterweise war das Vertrauen der Probandinnen in die NFP, bei der sie selbst auf ihre eigenen Beobachtungen zurückgreifen konnten, größer als in die entsprechenden Geräte. Die Minimikroskope sind indiskutabel. Allen anderen Modellen (auch der symptothermalen Methode der NFP) gemeinsam ist die zugunsten der Sicherheit verhältnismäßig lange potenziell fertile Zeit, die sich bei Verhütungsabsicht nachteilig auf die Akzeptanz auswirkt. Die bisherige starre, dichotome Trennung der Zyklustage in fruchtbar/unfruchtbar spiegelt aber nicht die reale Situation und die alltägliche Anwendung dieser Methoden wider. In Zukunft können die Konzeptionsrisiken/-chancen pro Zyklustag prozentual ausgewiesen werden.

Ratschläge zur Anwendung von Zykluscomputern für die Praxis

Der Einsatz von Fertilitätscomputern kann man unter unterschiedlichen Zielsetzungen sehen: zum einen, um das Erreichen einer gewünschten Schwangerschaft zu fördern, und zum anderen, um eine im Moment oder für immer nicht gewünschte Schwangerschaft zu verhindern.
Wenn eine Frau überhaupt zu technischen Hilfsmitteln ihre Zuflucht nehmen will, so kann man insgesamt zur Anwendung von derartigen Computern raten, wenn man schwanger werden will. Dazu sind diese Geräte ausreichend geeignet. Auch Sicherheitsbedenken können nicht zu schwer wiegen, da ein Nichterkennen z. B. der bevorstehenden Ovulation zu keinen nicht mehr zu korrigierenden Folgen für die Frau führt. Auch die hochfruchtbaren Tage können verschiedene Geräte gut voraussagen.
Ganz anders ist dies zu sehen, wenn eine Frau mit Hilfe dieser Geräte eine Schwangerschaft verhindern will. Dies leisten die Geräte unterschiedlich gut, die Sicherheit ist jedoch bei keinem Gerät so groß, dass eine Schwangerschaft ganz sicher zu verhindern ist. Auch bei anderen kontrazeptiven Methoden ist dies nicht der Fall. Allerdings unterscheidet sich die Effektivität der verschiedenen Zykluscomputer doch beträchtlich. Derzeit sind auf dem Sektor der Verhütung die Temperaturcomputer relativ sicher (Pearl-Index von 2–6). Verbesserungen sind auf dem Gebiet der Hormoncomputer zu erwarten, wenn die Analysetechnik und die entsprechenden Auswertungsalgorithmen noch verbessert werden.
In diesem Zusammenhang sei besonders auf eine Arbeit von Freundl et al. (2003a) verwiesen, die eine Möglichkeit aufzeigt, durch relativ einfache Untersuchungen bei einem neuen, für die Kontrazeption entwickelten Gerät zu entscheiden, ob es prinzipiell zur Empfängnisverhütung eingesetzt werden kann und eine akzeptable Effektivität haben sollte. Erst wenn diese Frage in diesem Verfahren (Monitorzyklus mit Fehlerhochrechnung) beantwortet ist, können sich für einen Entwickler die Kosten einer prospektiven Effektivitätsstudie für das von ihm entwickelte Gerätes lohnen.

Zukunftsaspekte

In der modernen Reproduktionsmedizin spielt eine aktive Beteiligung der Patientin in Diagnostik und Therapie noch nicht die Rolle, die ihr zusteht. Die reproduktive Kompetenz der Frau wird üblicherweise nur marginal genützt (Frank-Herrmann et al. 2005). Dies liegt darin begründet, dass man bis heute die Erkenntnisse über die natürliche Fertilität bei den Betroffenen nicht fördert und Bemühungen auf diesem Gebiet eher disqualifiziert.
Es hat sich aber inzwischen gezeigt, dass die kumulative Schwangerschaftsrate von subfertilen Paaren nach kompetentem FAM-Training 38 % betrug (Frank-Herrmann et al. 2017). Der konsequente Einsatz dieser Methoden vor aggressiven Maßnahmen ist deswegen als State-of-the-art zu empfehlen.
Familienplanung heißt, bei der Kontrazeption heute an die Reproduktion von morgen zu denken. Das gilt insbesondere für die ungenügende Information über die nachlassende Fertilität mit zunehmendem Alter! Dies gilt aber auch für die Schleimbeobachtung durch eine Frau selbst genauso wie für die einfache zervikale Diagnostik, die die Beobachtungen der Frauen verifizieren kann, durch den Behandler. Dabei hatten dies bereits vor fast einem Vierteljahrhundert Insler et al. (1972, 1985) gefordert, und es ist von vielen danach immer wieder angemahnt worden (Harrison 1977; Hammerstein et al. 1977; Freundl et al. 1979, 1985).
Auch Aussagen über den männlichen Partner lassen sich über Interaktionstests leicht bekommen, wenn die Kenntnisse über Motilität und Morphologie der Spermatozoen (Hofmann et al. 1982) von den Untersuchern dokumentiert werden. Das Problem liegt darin, dass die Tests häufig nicht oder nicht sachgerecht durchgeführt werden. Bis heute sind diese Forderungen in vielen Institutionen nicht umgesetzt. Werden regelmäßig Interaktionstests, wie sie beispielsweise (Jager et al. 1978; Kremer und Jager 1988) bereits in den 1980er-Jahren vorgeschlagen haben, durchgeführt? Oft werden stattdessen Immunglobulintests im Serum favorisiert, deren Aussagekraft mehr als beschränkt und deren Kosten hoch sind. Wo werden Patientinnen zur Mitarbeit und Selbstbeobachtung ihres Zyklus angehalten?
Die geringe Beteiligung der Betroffenen an Diagnostik und Therapie hat zur Folge, dass eine (unnötige) Vorwurfshaltung (Übertherapie, sprachloser Patient) gegenüber notwendigen Maßnahmen der ART entstehen kann. Eine depressive Verarbeitung, v. a. bei Enttäuschung über die reproduktionsmedizinischen Ergebnisse, kann die Folge sein. Dem lässt sich durch Einbeziehung der Betroffenen ohne Mühe in gewisser Weise vorbeugen (Gnoth et al. 2003a). Dazu dient insbesondere die Information der Paare über alles, was mit natürlicher Fertilität und Familienplanung zu tun hat.
Immer mehr in den Blickpunkt der betroffenen Kinderwunschpaare rücken heute Hilfen, die im Netz als Fertility- oder Zyklus-Apps angepriesen werden. Leider ist deren Qualität bisher weitgehend nicht getestet (Freundl et al. 2016). Positive Ergebnisse lassen Apps erwarten, deren Algorithmen eine gute STM darstellen. Jedoch müssen auch für sie Effektivitätsstudien durchgeführt werden.
Literatur
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