Erschienen in:
09.01.2024 | Femoropatellare Instabilität | What’s hot? Wissenschaftlicher Jahresrückblick
Patellofemorale Instabilität
verfasst von:
Prof. Dr. Matthias J. Feucht, Stefan Hinterwimmer, Jörg Dickschas, Turgay Efe
Erschienen in:
Knie Journal
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Ausgabe 1/2024
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Auszug
Die Rekonstruktion des medialen patellofemoralen Ligaments (MPFL) ist mittlerweile das Arbeitspferd in der Behandlung der patellofemoralen Instabilität. Allerdings existieren zahlreiche unterschiedliche OP-Techniken und keine technische Variante konnte sich bisweilen als klar vorteilhaft durchsetzen [
8]. In einer Metaanalyse wurde die Frage untersucht, ob eine Doppelbündeltechnik einer Einbündeltechnik überlegen ist [
12]. Eingeschlossen wurden 7 Level I und II Studien mit insgesamt 451 Patienten. Bei vergleichbarer Komplikationsrate zeigte sich hier eine Überlegenheit der Doppelbündeltechnik hinsichtlich Reluxationsrate und funktionellem Ergebnis. Eine technische Variante der „klassischen“ MPFL-Rekonstruktion ist die Rekonstruktion des medialen patellofemoralen Komplexes (kombinierte Rekonstruktion des MPFL und medialer Bandverbindung zwischen Quadrizepssehne und Femur). In einer retrospektiven Untersuchung von 128 Patienten konnte jedoch zwischen beiden Techniken kein wesentlicher Unterschied hinsichtlich Reluxationsrate, funktionellen Scores und radiologischen Parametern herausgearbeitet werden [
7]. Uneinigkeit besteht zudem hinsichtlich des am besten geeigneten Transplantats. Die im deutschsprachigen Raum am häufigsten verwendeten autologen Sehnentransplantate sind die gestielte Quadrizepssehne und die freie Gracilissehne. In einer retrospektiven Studie von Runer et al. wurden diese beiden Transplantate bei insgesamt 64 Patienten verglichen [
16]. Eingeschlossen wurden nur Patienten, welche mittels isolierter MPFL-Plastik versorgt wurden und keine wesentlichen anatomischen Risikofaktoren für eine patellofemorale Instabilität aufwiesen. Nach 2 Jahren zeigte sich kein signifikanter Unterschied hinsichtlich outcome Scores und Reluxationsrate. Lediglich die Rate an Sensibilitätsstörungen am Unterschenkel war nach Entnahme der Gracilissehne signifikant häufiger. Eine Neuerung stellt die Rekonstruktion des MPFL mittels synthetischem, nicht resorbierbarem Fadenmaterial dar. Die Ergebnisse dieser Technik wurden von Milinkovic et al. untersucht und in einer Matched-pair-Analyse mit den Ergebnissen einer MPFL-Rekonstruktion mit der Quadrizepssehne verglichen [
11]. Bei 19 Patienten erfolgte die MPFL-Rekonstruktion mit FiberTape® (Arthrex, Naples, USA) (ohne autologe Sehne) und bei 38 Patienten mit der Quadrizepssehne. In beiden Gruppen wurden anatomische Risikofaktoren mit adressiert. Letztlich konnten mit der rein synthetischen MPFL-Rekonstruktion vergleichbare Ergebnisse erzielt werden, ohne signifikante Unterschied zwischen beiden Gruppen. Eine zentrale Frage in der Behandlung der patellofemoralen Instabilität ist, welcher Patient eine zusätzliche knöcherne Korrektur benötigt. Zimmermann et al. konnten diesbezüglich zeigen, dass die klinische Untersuchung hierbei eine bedeutende Rolle spielt [
20]. Insbesondere Patienten mit einem hochgradigen J‑Zeichen und einem positiven Apprehension-Test bei über 40–50° Kniebeugung zeigten hier eine überproportionale Häufung von anatomischen Risikofaktoren. Diese Patienten wurden dann behandelt mittels MPFL-Rekonstruktion und knöcherner Korrektur der entsprechenden Risikofaktoren (Trochleaplastik, Tuberositas-Versatz, Achskorrektur). Patienten ohne hochgradiges J‑Zeichen und lediglich streckungsnah positivem Apprehension-Test wurden hingegen mittels isolierter MPFL-Rekonstruktion versorgt. Letztlich erzielten beide Gruppen vergleichbare gute klinische Ergebnisse. Lediglich patellofemorale Schmerzen waren in der kombinierten Gruppe zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung etwas mehr ausgeprägt. …