Hörgeräte vermindern nicht das Hospitalisierungsrisiko

Ältere Menschen mit Hörproblemen müssen häufiger in eine Klinik als solche ohne. Das liegt aber offenbar nicht an den Hörproblemen, denn Hörgeräte ändern daran nichts. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Schwerhörigkeit ist mit allerlei gesundheitlichen Problemen verbunden: Wer nicht mehr gut hört, trägt ein erhöhtes Demenzrisiko, ist bei Alltagsaktivitäten oft eingeschränkt und hat nicht selten auch psychische Probleme. Was davon auf die Schwerhörigkeit zurückzuführen ist, bleibt jedoch unklar. So kann eine Neurodegeneration sowohl die Sprachverarbeitung im Gehirn beeinträchtigen und daher eine Demenz ankündigen, andererseits können erhebliche Verständnisprobleme die soziale Isolation vorantreiben und auf diese Weise auch eine Demenz fördern. Unklar ist auch der Zusammenhang mit der Hospitalisierung: Schwerhörige Menschen müssen häufiger als Gleichaltrige ohne Hörprobleme in eine Klinik. Einer US-Studie zufolge ist die Schwerhörigkeit selbst aber nicht die Ursache dafür, denn Hörgeräte ändern an dem Umstand wenig. Zu diesem Schluss kommt ein Team um Dr. Anthony Thai von der Stanford University School of Medicine nach einer Auswertung von Angaben des repräsentativen National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES). Thai und Mitarbeiter konzentrierten sich auf 2060 Personen ab 65 Jahren, für die auch audiometrische Untersuchungsergebnisse vorlagen. Sie hatten an insgesamt vier NHANES-Befragungswellen teilgenommen, die Angaben wurden gepoolt und stellen Querschnittswerte dar, es wurden also nicht einzelne Individuen in zeitlichem Abstand mehrfach befragt. Zu den Fragen zählte auch, ob die Personen im Jahr zuvor in einer Klinik stationär aufgenommen werden mussten und ob sie ein Hörgerät benutzen, und falls ja, wie häufig. Hospitalisierungsrate um bis zu 70 % erhöht 42 % hatten ein normales Hörvermögen, 32 % eine leichte, 21 % eine moderate und 5 % eine schwere Hörminderung. Als leicht galt eine Hörminderung von 25–40 dB in der Audiometrie, als moderat eine von 40–60 dB und als schwer eine ab 60 dB im besser hörenden Ohr. Personen mit normalem Gehör waren im Schnitt mit 74 Jahren deutlich jünger als solche mit schweren Hörproblemen (78 Jahre), auch hatten sie ein höheres Bildungsniveau. Berücksichtigte das Team um Thai solche und weitere Faktoren, etwa Begleiterkrankungen und demografische Angaben, dann war die Hospitalisierungsrate in den zwölf Monaten vor der Befragung bei moderater Schwerhörigkeit um 50 % und bei starken Hörproblemen um 70 % höher als unter Menschen mit normalem Gehör. Beide Resultate waren statistisch signifikant, bei leichter Hörminderung deutete sich jedoch kein erhöhtes Hospitalisierungsrisiko an. Nur 17 % nutzen Hörgerät Von den 1185 Personen mit Hörminderung gaben 200 (17 %) an, zumindest gelegentlich ein Hörgerät zu benutzen. Letztere waren etwas älter, eher Männer und hatten häufiger moderate oder schwerwiegende Hördefizite. Das Team um Thai stellte nun jeder Person mit Hörgerät zwei Personen mit ähnlichen Hördefiziten, aber ohne Hörgerät gegenüber. Zudem achteten sie auf ein gleiches Alter und Geschlecht sowie eine Vielzahl anderer Faktoren (propensity score matching). Bei dieser Gegenüberstellung war die Hospitalisierungsrate unter Personen mit Hörgeräten geringfügig (plus 17 %), aber nicht signifikant höher als bei Personen ohne solche Geräte. Die Forschenden hätten jedoch eher eine geringere Hospitalisierungsrate erwartet. Beschränkten sie ihre Analyse nur auf Personen mit moderaten und schweren Hörproblemen, änderte dies nichts am Ergebnis, ebenso wenig, wenn sie nur Angaben von Personen mit Hörgeräten werteten, welche diese häufig nutzten. Empfehlung der Redaktion Hörstörungen – Themenseite Schwerhörigkeit und andere Hörstörungen können viele Ursachen haben – vom Tumor im Kleinhirnbrückenwinkel bis zum Cerumen obturans. Alles zur Diagnostik und Therapie finden Sie hier. Nach diesen Daten ist das Hospitalisierungsrisiko unter Schwerhörigen zwar deutlich erhöht, lässt sich aber mit einem Hörgerät nicht mindern. Das spricht dafür, dass das erhöhte Risiko für Krankenhausaufnahmen nicht kausal mit der Schwerhörigkeit verbunden ist. Möglicherweise markiert die Schwerhörigkeit bei alten Menschen schlicht eine gewisse Gebrechlichkeit, welche die erhöhte Rate von Klinikaufnahmen erklärt. Allerdings sollte man einen Einfluss von Hörgeräten aufgrund dieser Daten nicht komplett ausschließen: Die Hörgerätenutzung war relativ gering, und die Angaben basieren auf Selbstauskünften. Gut möglich, dass auch die Angaben zur Nutzung noch übertrieben waren und Hörgeräte das Hospitalisierungsrisiko durchaus mindern könnten, wenn ältere Personen diese auch tatsächlich nutzen würden. Das Wichtigste in Kürze Frage: Können Hörgeräte bei Schwerhörigen das Risiko für einen Krankenhausaufenthalt senken? Antwort: In einer US-Analyse war dies nicht der Fall. Bedeutung: Das Hospitalisierungsrisiko steigt mit dem Grad der Schwerhörigkeit, Hörgeräte scheinen daran aber nichts zu ändern. Einschränkung: Nur subjektive Angaben zur Hörgerätenutzung und Klinikaufenthalten, relativ kleine Stichprobe.

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