Erschienen in:
01.09.2011 | Leitthema
Identifikation von Risikofaktoren anerkannter Vorwürfe von ärztlichen Behandlungsfehlern aus dem Fachgebiet Orthopädie und Unfallchirurgie
verfasst von:
Prof. Dr. P. Biberthaler, J. Seifert, M. Post, R. Smektala, K. Ottmann, A. Braun, H. Siebert, D. Stengel
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 9/2011
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Zusammenfassung
Das Fachgebiet Unfallchirurgie und Orthopädie führt in allen Berichterstattungen der jüngeren Vergangenheit in der Anzahl von Vorwürfen potentieller Behandlungsfehler. Daher wurde das Thema vom Grundsatzausschuss der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU) aufgegriffen, um gemeinsam mit der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) Gründe eine Analyse der Schadensfälle vorzunehmen und Strategien für deren Vermeidung zum Schutz der Patienten zu entwickeln.
In einer alters- und geschlechtsgepaarten Fall-Kontroll-Studie (164 Fälle, 336 Kontrollen) wurden auf der Basis von Daten der Gutachterstelle der Bayerischen Landesärztekammer der Jahre 2004–2006 demografische, medizinische und sonstige Variablen identifiziert, welche zur Anerkennung eines Behandlungsfehlervorwurfes beitrugen. Die statistische Modellierung erfolgte mittels logistischer Regressionsanalyse.
Das abschließende multivariate Modell erklärte 71% der Varianz bzw. Wahrscheinlichkeit einer Anerkennung eines Behandlungsfehlervorwurfs und beinhaltete drei medizinische Konsequenzen (d. h., Heilverzögerung, Reoperation und Bewegungseinschränkung), eine spezifische Entität (Fraktur) und eine soziodemografische Variable (Berufskraftfahrer). Vermeidbare Faktoren waren die unzureichende Patientenaufklärung [Odds-Ratio (OR) =2,33, 95%-Konfidenzintervall (-KI) =1,23–4,43] und die fehlende oder unzureichende Bildgebung (OR=1,90, 95%-KI=1,06–3,41).
Eine konsequente Umsetzung der Prinzipien der chirurgischen Qualitätssicherung wie Transparenz der Patientenaufklärung und leitliniengerechte prä-, intra- und postoperative Bilddokumentation könnte das Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Therapeuten erheblich verbessern und spätere juristische Konsequenzen vermeiden helfen. Mögliche nächste Schritte sind Kooperationen mit Haftpflichtversicherungen und dem Institut für Patientensicherheit sowie die Neuentwicklung von speziellen Curricula zum Risikomanagement.