Erschienen in:
01.09.2012 | Medizinrecht
Infektion nach arthroskopischer Kreuzbandersatzplastik: schwerer Behandlungsfehler?
verfasst von:
Dr. M. Regauer, J. Neu
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
|
Ausgabe 9/2012
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Zusammenfassung
Bei einem 28-jährigen Patienten waren am 8. postoperativen Tag nach einer arthroskopischen vorderen Kreuzbandersatzplastik richtungsweisende klinische und laborchemische Anzeichen für eine Kniegelenkinfektion auffällig. In der behandelnden Klinik reagierte man hierauf zunächst mit einer weiteren Beobachtung, obwohl auch nach dortiger Einschätzung eine Kniegelenkinfektion nicht sicher ausgeschlossen werden konnte. Erst 8 Tage später wurde eine arthroskopische Spülung des betroffenen Kniegelenks durchgeführt. In der mikrobiologischen Untersuchung der intraoperativen Abstriche konnte Pseudomonas aeruginosa nachgewiesen werden, bei der nächsten operativen Revision nach weiteren 6 Tagen musste das infektgeschädigte Kreuzbandtransplantat entfernt werden. Im langfristigen Verlauf resultierte eine persistierende schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Kniegelenks, der Patient beklagte eine fehlerhafte Behandlung der Komplikation.
Im Gutachten wurde argumentiert, dass die Kreuzbandersatzplastik bei letztlich schicksalhaftem Verlauf bereits ab dem 8. postoperativen Tag nicht mehr zu erhalten gewesen sei. Somit gehe man lediglich von einer fehlerbedingten zeitlichen Verzögerung im Behandlungsablauf aus.
Durch die Schlichtungsstelle wurde festgestellt, dass die Datenlage hinsichtlich der Problematik der infektbedingten Schädigung des Kreuzbandtransplantats nicht eindeutig sei. In jedem Falle wäre eine möglichst schnelle arthroskopische und antibiotische Therapie jedoch zumindest geeignet gewesen, den weiteren Verlauf günstig zu beeinflussen. Gemäß vorhandener Studienergebnisse kann davon ausgegangen werden, dass auch in diesem Fall nicht zwingend durch den eigentlichen Infekt, sondern vielmehr durch die Verzögerung der erforderlichen Therapie das Transplantat nicht mehr erhalten werden konnte. Aufgrund der Tatsache, dass trotz richtigerweise geäußertem Verdacht auf das mögliche Vorliegen eines Kniegelenksinfektes erst 8 Tage später die dringend erforderlichen Maßnahmen eingeleitet wurden, handelt es sich um einen schweren Behandlungsfehler, der im Hinblick auf den Verlauf zu einer Beweislastumkehr zugunsten des Patienten führt.