Erschienen in:
25.04.2022 | Infertilität | Leitthema
Genetik und männliche Infertilität
verfasst von:
Dr. med. Margot J. Wyrwoll, Univ.-Prof. Dr. med. Frank Tüttelmann
Erschienen in:
Die Gynäkologie
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Ausgabe 6/2022
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Zusammenfassung
Bei etwa der Hälfte der von Infertilität betroffenen Paare wird eine klinisch-deskriptive Diagnose aufseiten des Mannes gestellt. Genetische Analysen können dazu beitragen, eine kausale Diagnose zu stellen, die individuelle Beratung und Behandlung des Paares zu ermöglichen und daraus Therapieentscheidungen abzuleiten. Je nach klinischem Befund sind eine Chromosomenanalyse, Screening nach Y‑chromosomalen AZF-Deletionen (AZF: Azoospermiefaktor) sowie Panel-Untersuchungen von mehreren Genen indiziert. Vor Durchführung einer assistierten Reproduktion sollte, nach Ausschluss anderer Ursachen und unabhängig von den folgenden spezifischen Indikationen, bei beiden Partnern eine Chromosomenanalyse erfolgen. Häufige Ursachen für männliche Infertilität sind das Klinefelter-Syndrom (47,XXY), chromosomale Translokationen, Deletionen der AZF-Region sowie die obstruktive Azoospermie aufgrund von biallelischen pathogenen Varianten (Mutationen) im CFTR-Gen. In den letzten Jahren wurde eine Reihe von Genen identifiziert, die mit morphologischen und funktionellen Auffälligkeiten der Spermien assoziiert sind. Darüber hinaus sind mittlerweile einige Gene bekannt, in denen Mutationen ursächlich für eine nichtobstruktive Azoospermie (NOA) oder einen kongenitalen hypogonadotropen Hypogonadismus (CHH) sind. Der Nachweis der genetischen Ursache der Infertilität ermöglicht das Abschätzen der Erfolgschancen einer Kinderwunschbehandlung und erlaubt es, die Wiederholungsrisiken für Nachkommen anzugeben.