Daridorexant – neues Wirkprinzip gegen überaktives Wachsystem bei Insomnie

Daridorexant von Idorsia ist ein dualer Orexinrezeptor-Antagonist, der die wachheitsfördernde Wirkung des Neuropetids Orexin unterbindet. Mit diesem neuen Wirkprinzip adressiert er eine Schlüsselkomponente der Wachheitsregulation und verbessert so neben der Schlafqualität auch die Leistungsfähigkeit während des Tages. >>Mehr zum Galenus-von-Pergamon-Preis Daridorexant greift in die Regulation der Wachheit ein, indem es die Orexinrezeptoren OX1R und OX2R blockiert und somit die physiologische Funktion der Orexine hemmt. Idorsia × Körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sind an einen erholsamen Schlaf gekoppelt. Schlafmangel führt zu vielfältigen Problemen im Alltag und ist außerdem mit einer Reihe von chronischen Erkrankungen assoziiert. Die chronische Insomnie ist die häufigste Schlaf-Wach-Störung und eine der wichtigsten Ursachen von Schlafmangel. Sie ist durch folgende Symptome definiert: Schwierigkeiten beim Einschlafen und/oder Durchschlafen bzw. frühes Erwachen ohne die Fähigkeit, wieder einschlafen zu können, und zwar an mindestens drei Tagen pro Woche über mindestens drei Monate. Schlaf in der Nacht – aktiv am Tag Therapeutisch stehen bei chronischer Insomnie pharmakologische und nicht pharmakologische Maßnahmen zur Verfügung. Die üblicherweise eingesetzten, synthetischen Schlafmittel wirken als Agonisten des Neurotransmitters Gamma-Aminobuttersäure (GABA). Sie verbessern den Schlaf, aber oft nicht die Leistungsfähigkeit am Tag. Stattdessen kommt es vielfach zu unerwünschten Wirkungen, insbesondere zu Sedierung. Mit Daridorexant (Quviviq™) gibt es in Deutschland seit November 2022 eine neue Therapieoption für Patientinnen und Patienten mit Schlafstörungen. Es ist zugelassen für Erwachsene mit Insomnie, die seit mindestens drei Monaten besteht und die tägliche Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt. Der duale Orexinrezeptor-Antagonist ist der erste in Deutschland zugelassene Wirkstoff seiner Art und das einzige Hypnotikum, das zur Therapie chronischer Schlafstörungen zugelassen ist. Es vermeidet dank seines Wirkmechanismus die typischen Nebenwirkungen der GABA-Agonisten. Die empfohlene Dosis beträgt 50 mg einmalig zur Nacht. Zwei Zulassungsstudien Die Zulassung basiert auf zwei randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studien, deren Ergebnisse im Februar 2022 gemeinsam publiziert wurden [1]. Die Studien fanden an 75 bzw. 81 Kliniken und schlafmedizinischen Zentren in zehn bzw. elf Ländern statt, darunter jeweils Deutschland. Sie waren analog aufgebaut: An eine Screening-Periode schloss eine einfach verblindete Run-in-Phase mit Placebo an, die in die eigentliche, doppelt verblindete Behandlungsphase von drei Monaten Dauer überging. Abschließend erfolgte eine einwöchige, verblindete Run-out-Phase mit Placebo. Ein Follow-up zur Analyse der Sicherheit erfolgte 30 Tage später. Insgesamt nahmen an den beiden Studien 930 bzw. 924 Patientinnen und Patienten teil und es wurden die Dosierungen 10 mg, 25 mg und 50 mg untersucht. Primäre Endpunkte der Zulassungsstudien waren die Veränderung der Wachzeit nach Schlafbeginn (wake time after sleep onset, WASO) sowie die Einschlaflatenz (latency to persistent sleep, LPS), jeweils polysomnographisch gemessen nach einem und nach drei Monaten. Sekundär wurden unterschiedliche selbstberichtete Schlaf-Scores erhoben, u. a. mit dem Fragebogen IDSIQ (Insomnia Daytime Symptoms and Impacts Questionnaire), der die Tagesschläfrigkeit quantifiziert. Schlafqualität deutlich verbessert Daridorexant 50 mg reduzierte nach einem und nach drei Monaten sowohl die WASO als auch die LPS signifikant. Nach drei Monaten war die WASO der Patientinnen und Patienten versus Placebo um 18,3 min (p < 0,0001) reduziert; die LPS war versus Placebo um 11,7 min (p < 0,0001) geringer. Zudem war zu beiden Zeitpunkten die selbstberichtete Gesamtschlafzeit angestiegen. Nach drei Monaten war sie gegenüber Placebo um 19,8 min erhöht (p < 0,0001). Der IDSIQ-Score für die Tagesschläfrigkeit hatte sich jeweils verbessert (p = 0,002). Auch die 25-mg-Dosis verbesserte WASO und LPS (p < 0,01), sowie die selbstberichtete Schlafzeit (p < 0,05) zu beiden Zeitpunkten im Vergleich zu Placebo, sie ist jedoch nur unter besonderen Bedingungen indiziert. Auch in Langzeitanwendung sicher Die Auswertung der neunmonatigen Langzeiterweiterung der Studien bestätigte diese Daten [2]. Insgesamt nahmen 804 Patientinnen und Patienten teil, 550 beendeten die Studie. Jene Patientinnen und Patienten, die in den beiden randomisierten Phase-III-Studien bereits Daridorexant erhalten hatten, nahmen die Studienmedikation weiter. Placebo-Patienten wurden erneut randomisiert und erhielten entweder Placebo oder 25 mg Daridorexant. Wie in der Ursprungsstudie war die Rate unerwünschter Ereignisse bei Daridorexant und Placebo ähnlich. Insbesondere wurde bei Daridorexant-Behandlung keine Schläfrigkeit am nächsten Morgen beobachtet. Es gab auch keine Entzugs- oder Rebound-Symptome bei jenen Patientinnen und Patienten, die die Verum-Behandlung abrupt beendeten. Exploratorische Analysen der Effektivität sprachen für eine anhaltende Verbesserung von sowohl Schlaf als auch Leistungsfähigkeit am Tag bei einem Einsatz von Daridorexant 50 mg von bis zu einem Jahr. Daridorexant reduziert selektiv den Wachreiz Daridorexant fördert den Schlaf über einen neuartigen Wirkmechanismus: Schlaf wird unter anderem dadurch ermöglicht, dass die Aktivität der wachheitsfördernden Orexine im Hypothalamus abends abnimmt. Die Neuropeptide Orexin A und B (OX-A und OX-B) fördern die Wachheit durch Bindung an die G-Protein-gekoppelten Rezeptoren OX1R und OX2R. Der Rezeptor OX1R ist an der Aufrechterhaltung von Schlaf beteiligt, OX2R an der Schlaf-WachRegulation. OX-A bindet in erster Linie an OX1R, OX-B an beide Rezeptoren. Daridorexant blockiert beide Orexinrezeptoren. Dies führt zu einer Hemmung nachgeschalteter, neuronaler Bahnen, über die mittels eines aufsteigenden Erregungssystems die Wachheit stimuliert wird. Die Folge der Blockade durch Daridorexant ist eine Reduktion des Wachreizes, wodurch sowohl das Einschlafen als auch das Durchschlafen erleichtert wird. Daridorexant setzt also direkt an der Regulation der Wachheit an und nicht erst auf Ebene des Neurotransmitters GABA (Gamma-Aminobuttersäure). Damit werden die für GABA-Rezeptoragonisten typischen unerwünschten Wirkungen vermieden. Schweizer Startup trägt Actelions Pipeline-Erbe weiter Branche: Idorsia entstand 2017 aus der Abspaltung der Wirkstoffforschung einschließlich der frühen Entwicklungsprojekte des Actelion-Konzerns nach dessen Übernahme durch Johnson & Johnson. Im selben Jahr erfolgte die Erstnotierung an der Swiss Stock Exchange. Pipeline- und Portfolioschwerpunkte des Schweizer Startups sind ZNS-Erkrankungen, kardiovaskuläre und Immunerkrankungen sowie Orphan-Indikationen. Für das in Allschwil bei Basel beheimatete Unternehmen arbeiten weltweit über 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vertretungen gibt es in den USA und Kanada, Japan, Südkorea und mehreren EU-Staaten. Die deutsche Dependance sitzt in München. Umsatz und Gewinn: Einnahmen wurden 2022 annähernd hälftig durch Produktverkäufe sowie F&E-Partnerschaften generiert, insgesamt rund 97 Millionen CHF. Nach Steuern steht ein Verlust von 828 Millionen CHF in den Büchern. F&E-Ausgaben: In präklinische und klinische Forschung wurden zuletzt 383,3 Millionen CHF investiert – fast soviel wie im Vorjahr 2021 (414 Millionen). Pipeline: Idorsia konzentriert sich bei der Suche nach neuen medikamentösen Therapieansätzen eigenen Angaben zufolge insbesondere auf G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, anti-infektive Targets, Ionenkanäle und bestimmte Enzyme. Aktuell listet das Unternehmen elf laufende Studienprogramme auf. Bereits zur Zulassung eingereicht (auch in der EU) wurde kürzlich der gemeinsam mit Janssen entwickelte Endothelin-Rezeptor-Antagonist Aprocitentan gegen resistent hohen Blutdruck. In Phase III stehen der P2Y12-Antagonist Selatogrel (als Notfallmedikation bei akutem Myokardinfarkt) und der S1P1-Modulator Cenerimod (gegen Lupus erythematodes). Quelle: ÄrzteZeitung

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