Stoffwechselnotfall: vier Laborparameter besonders wichtig

Davor graut es wohl jedem Mitarbeitenden im Nachtdienst: Ein Stoffwechselnotfall bei einem Kind. Damit dieser schnell erkannt und behandelt werden kann und um „die Nacht zu überstehen“, gab Prof. Dr. Ania C. Muntau, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, einfache Regeln an die Hand. Einen Stoffwechselnotfall erkenne man an vier Zeichen, die häufig auftreten: Unklare Bewusstseinsstörung, auffälliges Atemmuster, epileptische Enzephalopathie und Organfunktionsstörungen. Treten solche Symptome auf, solle man die Frage stellen, ob es sich um einen unbekannten Stoffwechselnotfall handelt oder um eine akute Entgleisung bei bekannter Stoffwechselerkrankung. Im Falle von Warnsymptomen sind vier Laborparameter besonders wichtig: Glukose, Blutgasanalyse, Laktat und Ammoniak. Hypoglykämietest bereithalten Liege eine Hypoglykämie vor, so sei die Probenentnahme in der Hypoglykämie diagnostisch sehr wertvoll. Deswegen solle man bei Beginn des Nachtdienstes sicherstellen, dass ein diagnostisches Hypoglykämieset in der Notfallambulanz bzw. Intensivstation vorliegt. Die erste Urinprobe nach der Hypoglykämie ist unbedingt kühl zu asservieren. Ein Glukosebedarf von mehr als 10 mg/kg x Minute sei diagnostisch für Hyperinsulinismus und jeder Nachweis von Insulin in der Hypoglykämie immer pathologisch. Eine Hypoglykämie müsse man möglichst schnell beheben, betonte die Expertin, und zwar durch die Gabe von 2 ml/kg Glukose 10 % i.v. möglichst nach Probengewinnung. Danach müsse man die Erhaltungsdosis orientiert an Lebensalter und Blutzucker anpassen. Bei der Blutgasanalyse spiele besonders die metabolische Azidose eine Rolle. Unterschieden wird hier nach Ketose, Laktatazidose und organischer Azidurie. Sehr „unangenehm“ und therapeutisch schwierig sei die Laktatazidose. Hier gelte: Wenig Glucose geben! Nach Ausschluss einer Fettsäureoxidationsstörung könne man intravenös Fette zuführen. Jede Minute zählt Liegt eine Hyperammonämie vor, werde den Werten fast nie geglaubt, bemängelte Muntau. Sie riet: „Wenn Sie einen Ammoniak von mehreren hundert haben, verhalten Sie sich so, als wäre es eine schwere Hyperammonämie“. Liege dann gleichzeitig der pH-Wert in der Blutgasanalyse leicht über 7,4, dann sei dies, bis zum Beweis des Gegenteils, ein Harnstoffzyklusdefekt. Bei einem pH-Wert von 7,1/7,2 und einem Base excess von -10/-15 handele es sich sehr wahrscheinlich um eine organische Azidurie. In der Nacht gebe es zwar nicht viele Optionen für die Diagnostik, vorbereiten müsse man aber die Bestimmung von Aminosäuren im Plasma (Hinweise auf Harnstoffzyklusdefekt), organische Säuren im Urin (Hinweise auf organische Azidurie), Leberfunktionsparameter (Hinweise auf Hepatopathie) und Acylcarnitine im Plasma oder Trockenblut (Hinweise auf Fettsäureoxidationsstörung). „Die Botschaft, die ich Ihnen für die Nacht mitgeben möchte: Bei der Hyperammonämie zählt wirklich jede Minute!“, konstatierte Muntau. Die Komadauer sei entscheidend für den späteren IQ und die Ammoniakhöhe entscheidend für die Prognose. Bei einem Ammoniakwert > 1000 mol/Liter stirbt mehr als die Hälfte der Kinder. Im Falle einer Hyperammonämie solle man das nächste Stoffwechselzentrum anrufen, riet die Expertin. Empfehlung der Redaktion Neugeborenes am 4. Lebenstag_m, Trinkschwäche, Apathie und Somnolenz – Fall 6 21.09.2021 | Facharzt-Training Pädiatrie | Trainingskurs Neugeborenes am 4. Lebenstag/m, Trinkschwäche, Apathie und Somnolenz– Fall 6 Ein 3 Tage altes männliches Neugeborenes wird mit seit dem Vortag bestehender Trinkschwäche und ausgeprägter Apathie in der Notfallambulanz vorgestellt. Außerdem sei den Eltern eine schnelle Atmung aufgefallen. Was interessiert Sie weiterhin anamnestisch? Jede Hyperammonämie werde mit 20 g/kg x d Glucose und Insulin behandelt. Bei einer Hyperammonämie mit Azidose kommen 200 mg/kg x d L-Carnitin zum Einsatz, bei einer Hyperammonämie ohne Azidose 250 mg/kg x d Na-Benzoat und 2 mmol/kg x d L-Arginin. Die Referentin gab zum Schluss noch zwei wichtige generelle Regeln mit an die Hand: Niemals L-Carnitin i.v. bei Oxidationsstörungen langkettiger Fettsäuren geben; hier bestehe die Gefahr der tachykarden Herzrhythmusstörung Mitochondriopathien brauchen unbedingt triggerfreie Narkosen basierend auf: Muntau A. „Wovor jede/r Diensthabende in der Klinik Respekt hat: der Stoffwechselnotfall im Nachtdienst“; Kongress für Kinder- und Jugendmedizin, 20.-23.09.2023, Hamburg Empfehlung der Redaktion DGKJ 2023 Kongress für Kinder- und Jugendmedizin Unter dem Motto „Gemeinsam Kurs halten für eine sichere Zukunft der Kinder“ haben beteiligte Fachgesellschaften ein hochaktuelles Programm zusammengestellt. Stoffwechselnotfälle im Nachtdienst, ein Update zur Bronchiolitis und die Evaluation des Neugeborenenscreenings: Das waren nur einige der Themen auf dem diesjährigen Kongress für Kinder- und Jugendmedizin in Hamburg.

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