Riskante Mischung: Verkalkte linke Koronararterie und Diabetes

Wenn Diabetes und eine schwere Verkalkung der linken Koronararterie zusammenfallen, ist die kardiovaskuläre Mortalität offenbar auch bei asymptomatisch Erkrankten unerwartet hoch, wie eine US-Studie nachweist. Die Forschungsgruppe plädiert dafür, bei entsprechenden Konstellationen eine intensive lipidsenkende Strategie bereits in der Primärprävention zu erwägen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Bei Personen mit atherosklerotischen Veränderungen des Herz-Kreislauf-Systems stellt der Koronarkalk (CAC) einen Marker dar, der eng mit dem kardiovaskulären Risiko verknüpft ist. Ein Team der Emory University in Atlanta (US-Bundesstaat Georgia) hat jetzt eine Kohortenstudie durchgeführt, um zu sehen, wie genau die im CT gemessenen CAC-Werte speziell bei asymptomatisch Erkrankten mit der langfristigen kardiovaskulären Mortalität zusammenhängt. Dazu wertete die Forschungsgruppe die Daten von insgesamt 2.246 Patienten und Patientinnen aus, die zwar noch keine klinischen Symptome der Atherosklerose, aber mindestens einen kardiovaskulären Risikofaktor aufwiesen und bei denen zur Abklärung an einem von vier US-Zentren eine CT-Koronarkalkmessung durchgeführt worden war. Einschlusskriterium war ein CAC-Wert von mindestens 1000. Das mediane Alter der Teilnehmenden lag bei 67 Jahren, 14% waren weiblich. Das kardiovaskuläre Risiko für die nächsten zehn Jahre wurde mit median 17% angegeben, der CAC-Score mit median 1.592. Kardiovaskuläre Mortalität deutlich erhöht Über eine Nachbeobachtungszeit von elf Jahren waren 181 Personen an einer atherosklerotischen Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems (ASCVD) verstorben. Das Team fand eine deutliche dosisabhängige Assoziation speziell zwischen der CAC-Last in der linken Koronararterie (LCA-CAC) und der ASCVD-Mortalität. Ab einem LCA-CAC-Score von 100 war das Risiko um relative 55% erhöht, ab Werten von 300 (schwere Verkalkung) um den Faktor 2,32, und zwar unabhängig von traditionellen Risikofaktoren wie Rauchen, Hochdruck, Diabetes und Dyslipidämie. Einen LCA-CAC-Wert ≥ 300 wiesen allerdings nur 6% der Teilnehmenden auf. Eine besondere Rolle spielte Diabetes: In einer Multivariablen-Analyse war dieser für sich genommen mit einer Verdopplung der ASCVD-Mortalität assoziiert. Nach Alexander Razavi und seinem Team entspricht das Vorhandensein von Diabetes oder einer schweren LCA-Verkalkung mit 1,4 bzw. 1,3 Ereignissen pro 100 Personenjahren jeweils für sich genommen einem „sehr hohen Risikostatus gemäß den Leitlinien für die Sekundärprävention“. Besonders kritisch wurde es in der Studie, wenn beides zusammentraf: In der Konstellation Diabetes plus LCA-CAC ≥ 300 kam es zu einem exponentiellen Anstieg der ASCVD-Mortalität auf 7 pro 100 Personenjahre. Das Risiko, an einer ASCVD zu sterben, sei damit bis zu fünfmal so hoch wie bei Personen, die üblicherweise als Kandidaten für die Sekundärprävention gelten, schreiben Razavi et al. Lipide aggressiv senken? Dem Team zufolge legen die Ergebnisse nahe, dass bestimmte Personen mit fortgeschrittener subklinischer Atherosklerose (z. B. einem CAC-Wert ≥ 1000) primärpräventiv von bestimmten Strategien – unter anderem einer frühzeitigen intensiven Lipidsenkung – profitieren könnten, die bislang üblicherweise der Sekundärprävention vorbehalten blieben. Die Forschungsgruppe empfiehlt dabei ein „Feintuning“ der Risikoeinschätzung unter Berücksichtigung metabolischer Parameter (Diabetes) und der per CT bestimmten Koronarkalklokalisation (LCA-CAC). Welches LDL-Ziel gegebenenfalls anzustreben wäre, bleibt vorerst unklar. Razavi und sein Team weisen auf die Leitlinien der Europäischen Fachgesellschaft (European Society of Cardiology, ESC) hin, die – allerdings für die Sekundärprävention – ein Ziel von 1000 waren Diabetes sowie schwere Verkalkungen der linken Koronararterie (LCA) jeweils mit einem mindestens verdoppelten Risiko verknüpft. Trafen beide Risikofaktoren zusammen, kam es zu einem exponentiellen Anstieg der spezifischen Mortalität. Bedeutung: Der Forschungsgruppe zufolge könnte die genannte Konstellation den Einsatz frühzeitiger präventiver Strategien, unter anderem einer intensiven Lipidsenkung, bereits in der Primärprävention rechtfertigen. Einschränkung: Keine Angaben zu nichttödlichen Ereignissen wie Herzinfarkt oder Revaskularisation; Effekte einer lipidsenkenden Therapie in Abhängigkeit von Dauer und Dosierung nicht untersucht.

Springer Medizin

Riskante Mischung: Verkalkte linke Koronararterie und Diabetes

Weiterführende Themen

Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft

Springer Medizin

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten

Weiterführende Themen

Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft