Erschienen in:
29.11.2016 | Leistenhernie | Kasuistiken
Das persistierende Müller-Gang-Syndrom
Ein seltener Zufallsbefund bei der Versorgung kindlicher Leistenhernien
verfasst von:
P. Sperling, Univ.-Prof. Dr. med. T. Meyer
Erschienen in:
Die Urologie
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Ausgabe 4/2017
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Zusammenfassung
Hintergrund
Das Syndrom des persistierenden Müller-Gangs (PMDS) ist eine seltene und autosomal rezessiv vererbte Erkrankung. Es ist eine Form einer gestörten männlichen Sexualentwicklung, bei der die Strukturen des Müller-Gangs bei männlichem Phänotyp und 46,XY-Karyotyp vorhanden sind. Bei den betroffenen Individuen sind Uterus, Tuben, Zervix und Vagina nachweisbar.
Fallbericht
Ein 2 Monate alter Junge wurde mit rechtsseitiger Leistenhernie zugewiesen. Die klinische Untersuchung zeigte einen phänotypisch normalen Jungen mit einer rechtsseitigen indirekten Hernie und nicht palpablen Hoden. Während der Herniotomie wurden in dem den Hoden angrenzenden peritonealen Bruchsack ein Uterus und zwei Tuben gefunden. Initiale Biopsien aus den Hoden wurden entnommen und eine Karyotypisierung wurde durchgeführt.
Ergebnisse
Die Biopsie zeigte normales testikuläres Gewebe, ohne Nachweis von ovariellem Gewebe und das Ergebnis der Karyotypisierung bestätigte ein männlicher Genotyp 46,XY. Dies führte zur Diagnose eines persistierenden Müller-Gang-Syndroms. In einer zweiten, laparoskopisch assistierten Operation erfolgte die Resektion von Uterus und der Tuben, eine Orchidopexie des linken Hodens und eine Orchiektomie der rechten Seite. Der postoperative Verlauf war unauffällig. Auch das Follow-up nach 3 und 6 Monaten sowie im Weiteren jährlich bis zum 10. Lebensjahr war unauffällig.
Schlussfolgerung
Bei einer nicht reponiblen Leistenhernie in Kombination mit einem nicht tastbaren Hoden sollte ein PDMS als Differentialdiagnose in Betracht gezogen werden.