Erschienen in:
01.08.2011 | Originalien
Letalität und Outcome beim Mehrfachverletzten nach schwerem Abdominal- und Beckentrauma
Einfluss der präklinischen Volumengabe – Eine Auswertung von 604 Patienten des TraumaRegisters der DGU
verfasst von:
Dr. B. Hußmann, G. Taeger, R. Lefering, C. Waydhas, D. Nast-Kolb, S. Ruchholtz, S. Lendemans, TraumaRegister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 8/2011
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die nicht kontrollierbare Blutung nach einem stumpfen Trauma und der damit einhergehende hämorrhagische Schock sind nach wie vor eine der Haupttodesursachen nach schwerem Trauma. Die bereits vor Klinikaufnahme begonnene Volumentherapie ist ein Hauptpfeiler der Sofortbehandlung. Die Aussagen zur Menge der präklinisch zu verabreichenden Flüssigkeit sind nach wie vor strittig und in der Literatur mit einem geringen Evidenzlevel belegt. Das schwere Bauchtrauma und die instabile Beckenfraktur zählen zu den relevantesten Ursachen des Blutungsschocks. Ziel dieser Untersuchung war es, den Einfluss der Menge präklinisch applizierter Flüssigkeit auf den posttraumatischen Verlauf von Patienten mit einer schweren Abdomen- und Beckenverletzung zu untersuchen.
Patienten und Methoden
Eingeschlossen wurden alle Patienten aus dem TraumaRegister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), die folgende Einschlusskriterien erfüllt haben: Injury Severity Score ≥16 Punkte, primäre Aufnahme, Alter ≥16 Jahre, initialer Blutdruck <100 mmHg und Gabe von Erythrozytenkonzentraten (EK). Aus diesem Kollektiv wurden Patienten mit einem Abbreviated Injury Scale (AIS) Abdomen ≥4 oder einem AIS Becken ≥4 analysiert. Beide Gruppen wurden in Abhängigkeit vom präklinisch infundierten Volumen in 4 Subgruppen unterteilt (<1000, 1000–2000, 2001–3000 und >3000 ml).
Ergebnisse
Den Einschlusskriterien entsprachen 375 Patienten mit einem Abdominal- und 229 Patienten mit einem Beckentrauma. In beiden Gruppen war eine steigende Volumengabe mit einem erhöhten Transfusionsbedarf sowie einer Verminderung der Gerinnungsfähigkeit verbunden (Quick 61% bei <1000 ml vs. 49,1% bei >3000 ml). Die Rettungszeit hatte einen relevanten Einfluss auf die Menge an präklinisch infundiertem Volumen (62 min bei <1000 ml vs. 88 min bei >3000 ml). Der Blutdruck zeigte bei allen Patienten im Mittel gleiche Werte bei der Klinikaufnahme (~95 mmHg). Mit steigendem Volumen fanden sich ein leichter Anstieg der Letalität, eine signifikante Zunahme der gegebenen Erythrozytenkonzentrate, eine signifikante Verschlechterung der Gerinnung und eine Zunahme der Patienten mit Massentransfusion.
Schlussfolgerung
Besteht präklinisch eine relevante Blutung nach stumpfem Becken- oder Abdomentrauma, führt die moderate Volumengabe (<1000 ml) zu einer Verbesserung der initialen Gerinnungssituation und zu einer Reduktion des Transfusionsbedarfs. Die Ergebnisse dieser Untersuchung unterstützen das Konzept einer zurückhaltenden Volumentherapie nach schwerem Trauma mit transfusionspflichtiger Blutung.