Erschienen in:
01.04.2010 | Leitthema
Epidemiologie und Ätiologie der männlichen Harninkontinenz
verfasst von:
PD Dr. C. Hampel, J.W. Thüroff, R. Gillitzer
Erschienen in:
Die Urologie
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Ausgabe 4/2010
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Zusammenfassung
Die im Vergleich zur weiblichen Harninkontinenz deutlich niedrigere Prävalenz der Harninkontinenz des Mannes limitiert nicht nur die sozioökonomische Bedeutung, sondern auch das epidemiologische Interesse an dieser Speicherstörung. Die Literatur ist spärlich und zeichnet sich überdies durch eine große Varianz in verwendeten Definitionen und Methoden aus. Das erschwert die realistische Häufigkeitseinschätzung der männlichen Harninkontinenz, da Definitionen und Methodologie einen direkten Einfluss auf die ermittelte Prävalenz haben. Je nach Berücksichtigung von Schweregrad und Leidensdruck schwanken die Prävalenzen zwischen 5,4 und 15%. Die Dranginkontinenz dominiert in allen Altersgruppen, allerdings verschiebt sich das Relativgewicht im Altersverlauf zugunsten der Belastungsinkontinenz. Neurogene oder posttraumatische Ursachen der männlichen Belastungsinkontinenz treten gegenüber iatrogenen (Bestrahlung, Prostataoperationen) in den Hintergrund. Weitere Risikofaktoren für die männliche Harninkontinenz sind Alter, Immobilität und neurologische Erkrankungen. Prostataoperationen (TUR-P, radikale Prostatektomie) haben dann besonders oft eine Inkontinenz zur Folge, wenn Blasen- oder Sphinkterdysfunktionen bereits präoperativ bestanden, der Patient sehr alt und der Operateur unerfahren ist. Ätiologisch kommen für die Dranginkontinenz des Mannes eine obstruktionsbedingte Detrusorinstabilität, degenerative Alterungsprozesse, insuffiziente inhibitorische Detrusorkontrolle des Großhirns bei überschießenden sensorischen Afferenzen oder neurologische Erkrankungen in Frage. Die pathophysiologischen Schlüsselfaktoren der männlichen Kontinenz sind die funktionelle Harnröhrenlänge und der maximale Verschlussdruck. Ihrer Präservierung im Rahmen einer Prostataoperation muss die ungeteilte Aufmerksamkeit des Operateurs gelten.