Erschienen in:
01.11.2006 | Originalien
Drohende Wohnungslosigkeit und psychische Gefährdung
Prävalenz und Einflussfaktoren bei Risikopopulationen
verfasst von:
Dr. H. J. Salize, C. Dillmann-Lange, B. Kentner-Figura, I. Reinhard
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 11/2006
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Zusammenfassung
Hintergrund
Ziel der Studie war die Abschätzung der psychiatrischen Erkrankungshäufigkeit von Personen, die unmittelbar vom Abrutschen in die Wohnungslosigkeit bedroht sind sowie die Analyse von Zusammenhangsfaktoren zwischen Wohnungslosigkeitsrisiko und psychiatrischer Morbidität.
Material und Methoden
In die Studie wurden 101 Bürger der Stadt Mannheim einbezogen und zwischen August 2000 und Juni 2002 einer standardisierten psychiatrischen Diagnostik mittels SKID sowie weiterer Untersuchungen unterzogen.
Ergebnisse
Aktuell wurden bei 79,3% der Probanden behandlungsbedürftige psychische Störungen nach ICD-10 festgestellt. Suchterkrankungen (v. a. Alkoholismus) waren dominierend. Bei Persönlichkeits-, Angst- und Belastungsstörungen sowie affektiven Störungen ging die Morbidität der Probanden deutlich über die einer Vergleichsgruppe manifest Wohnungsloser hinaus, während im Bereich der Suchterkrankungen, der Schizophrenie und weiterer psychischer Störungen die Prävalenz beider Gruppen vergleichbar hoch war. Regressionsanalytisch erwiesen sich die Faktoren Arbeitslosigkeit, Alkoholismus und männliches Geschlecht als bedeutsamste Risikofaktoren hinsichtlich eines Wohnungslosigkeitsrisikos.
Schlussfolgerung
Die hohe Krankheitsbelastung dieser bisher in Deutschland als Zielgruppe psychiatrischer Interventionen nicht beschriebenen Population und die ermittelten Risikofaktoren zeigen die Notwendigkeit der Implementierung geeigneter Versorgungsmaßnahmen. Die identifizierten Risikofaktoren legen nahe, sozial- und störungsbezogene Präventionsstrategien zu entwickeln und diese multidimensional und multiprofessionell anzulegen, wobei der Suchtversorgung und -prävention aufgrund der hohen Bedeutung von Abhängigkeitserkrankungen eine herausgehobene Rolle zugeschrieben werden sollte.