Erschienen in:
01.09.2011 | Leitthema
Essstörungen bei Adipositas und Diabetes mellitus
verfasst von:
S. Munsch, Univ.-Prof. Dr. S. Herpertz
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 9/2011
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Zusammenfassung
Die häufigste Essstörung bei Adipositas ist die Binge-Eating-Störung (BES). Die Kernsymptomatik dieser Essstörung stellen subjektiv unkontrollierbare Essanfälle dar. Ähnlich wie bei anderen Essstörungen sind häufiger Frauen betroffen; der Anteil an Männern ist jedoch erstaunlich hoch. Mit dem Krankheitsverlauf gehen eine erhöhte Komorbidität mit anderen psychischen Störungen sowie ein kontinuierlicher Gewichtsanstieg einher.
Adoleszente und junge Frauen mit Diabetes mellitus Typ 1 zeigen eine überzufällige Koinzidenz mit der Bulimia nervosa. Die bewusste Reduktion der Insulindosis zwecks Gewichtsreduktion mittels Glukosurie stellt eine charakteristische gegenregulatorische Maßnahme dar. Die Komorbidität von Typ-1-Diabetes-mellitus und einer Essstörung stellt einen Risikofaktor für die Entwicklung späterer diabetischer Folgeerkrankungen dar. So zeichnen sich essgestörte Patientinnen mit Typ-1-Diabetes-mellitus durch eine unzureichende Stoffwechselkontrolle und die frühzeitigere Entwicklung von diabetischen Spätschäden aus. Auch wenn die BES bei Menschen mit Typ-2-Diabetes-mellitus im Vergleich zu stoffwechselgesunden Menschen nicht häufiger aufzutreten scheint, stellt sie doch einen Risikofaktor für eine beschleunigte Gewichtszunahme dar, welche in der Regel mit einer Zunahme der Insulinresistenz einhergeht. Insbesondere bei jungen Patientinnen mit Diabetes mellitus erscheint ein diagnostisches Screeningverfahren notwendig. Patientinnen mit Diabetes mellitus und einer Essstörung sollte eine Psychotherapie angeboten werden.