Erschienen in:
01.03.2006 | Originalien
Versorgung der erektilen Dysfunktion nach radikaler Prostatektomie in Deutschland
Einschätzung durch den Urologen vs. Patientenbefragung
verfasst von:
Dr. K. Herkommer, S. Niespodziany, C. Zorn, J. E. Gschwend, B. G. Volkmer
Erschienen in:
Die Urologie
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Ausgabe 3/2006
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Zusammenfassung
Einleitung
Nach radikaler Prostatovesikulektomie (RPX) besteht in Abhängigkeit von der Operationstechnik bei einem Großteil der Patienten eine erektile Dysfunktion (ED), die meist auch zum Therapiewunsch führt. Ziel dieser nationalen Studie war es, die ED-Versorgung nach RPX (ohne postoperative adjuvante Therapie und ohne Rezidiv) aus Patienten- und Urologensicht gegenüberzustellen.
Material und Methoden
Im Mai 2003 wurden 1063 in Deutschland niedergelassene Urologen und 801 rezidivfreie Patienten nach RPX ohne adjuvante Therapie angeschrieben. Gefragt wurde nach erhaltener Potenz nach RPX ohne Hilfsmittel, vorhandenem Therapiewunsch, empfohlenen bzw. getesteten Therapiemöglichkeiten (oral, transurethral, Schwellkörperautoinjektionstherapie (SKAT), Vakuumerektionshilfe, Schwellkörperimplantat) sowie der langfristigen Versorgung (Rücklauf: Patienten 80%, Urologen 27%).
Ergebnisse
Ohne Hilfsmittel postoperativ GV-fähig sind nach Urologenangaben 9,1% ihrer betroffenen Patienten, jedoch nur 4,7% der befragten Betroffenen. Ein Therapiewunsch wird nach Aussage der Urologen von 46,1% ihrer Patienten geäußert, wohingegen 44,8% bei ED keinen Therapiewunsch angeben. Nach Patientenaussage wünschen 59,3% eine Therapie, nur 28,5% wollen keine Versorgung in Anspruch nehmen. Während die Urologen schätzen, dass bei 26,1% ihrer betroffenen Patienten mit Therapiewunsch langfristig keine ED-Behandlung erfolgt, sind dies nach Patientenaussage 69,7%. Nur 30,3% der Patienten nehmen nach eigenen Aussagen langfristig eine ED-Therapie wahr, während die Urologen diesen Anteil auf 73,9% schätzen. Die ED-Einstellung erfolgt nach Urologenschätzungen langfristig: oral 38,4%, MUSE® 3,6%, SKAT 37,3%, Vakuumerektionshilfe 20,4%, Schwellkörperimplantat 0,3%. Die Betroffenen selbst verwenden dagegen langfristig nachstehende Mittel: oral 19,8%, MUSE® 1,7%, SKAT 26,7%, Vakuumerektionshilfe 50,9%, Schwellkörperimplantat 0,9%. Die Urologen schätzen die Therapiezufriedenheit ihrer Patienten durchschnittlich auf 46,2%, dagegen liegt die tatsächliche Rate bei den Patienten bei 28,9%.
Schlussfolgerungen
Die Gegenüberstellung der Patienten- und Urologenaussagen zeigt eine deutlich unterschiedliche Einschätzung der ED-Situation nach RPX. Der Anteil der Patienten mit Therapiewunsch und der Anteil, der mit der Behandlung unzufriedenen Patienten, liegt aus Patientensicht deutlich höher. Dies reflektiert eine Unterversorgung der ED-Patienten nach RPX, der auch unter den aktuellen Veränderungen des Gesundheitssystems in Deutschland Rechnung zu tragen ist.