Erschienen in:
01.02.2009 | Leitthema
Ventrale Skolioseoperationen
Stand der Technik und Vergleich mit dorsalen Verfahren
verfasst von:
Prof. Dr. H. Halm, A. Richter, B. Thomsen, M. Köszegvary, M. Ahrens, M. Quante
Erschienen in:
Die Orthopädie
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Ausgabe 2/2009
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Zusammenfassung
Als Goldstandard der Formkorrektur und Stabilisierung von Skoliosen über den vorderen Zugangsweg wurde über mehr als 2 Jahrzehnte die ventrale Derotationsspondylodese (VDS) nach Zielke als maßgebliche Weiterentwicklung der Dwyer-Instrumentation (DI) angesehen. Sie ermöglicht als erstes Implantatsystem eine effektive dreidimensionale Formkorrektur. Nachteilig sind die geringen internen Stabilisierungseigenschaften des Implantats mit dem Risiko des Stabbruches und der Pseudarthrose, die eine langmonatige Ruhigstellung im Rumpfgips oder Korsett notwendig machen. Durch die Entwicklung primärstabiler ventraler Einstab- und insbesondere Doppelstabsysteme können diese Nachteile mittlerweile vollständig eliminiert werden. Thorakoskopische Skolioseoperationen haben sich mit einem Anteil von <2% wegen langer Operationszeiten und hoher Lernkurve nicht entscheidend durchsetzen können.
Dorsal galt über lange Zeit das Cotrel-Dubousset-Instrumentarium (CDI), ein hakengetragenes polysegmental angreifendes Doppelstabsystem als „state of the art“, da es die Nachteile des weitgehend eindimensional korrigierenden, nicht primärstabilen Harrington-Systems (HI) weitgehend eliminierte, wenngleich eine effektive Derotation nicht möglich war. Bei den dorsalen Verfahren gibt es zzt. sowohl für den Lumbal- als auch Thorakalbereich einen starken Trend weg von hakengetragenen, polysegmental angreifenden Doppelstabsystemen zu transpedikulär segmental fixierten Doppelstabsystemen mit dem Vorteil kürzerer Fusionsbezirke, besserer Korrektur und geringerem Korrekturverlust im Nachbeobachtungszeitraum.
Vorteile moderner ventraler Instrumentationssysteme sind im Vergleich zu modernen dorsalen transpedikulär getragenen Doppelstabsystemen insbesondere der geringere Blutverlust, die bessere Derotation, der im Trend immer noch kürzere Fusionsbereich und der bessere Einfluss auf das Profil der Wirbelsäule bei hypokyphotischen Thorakalskoliosen. Unsere Daten belegen auch eine bessere Spontankorrektur der lumbalen Nebenkrümmung bei selektiver Korrektur von Thorakalskoliosen (Lenke-Typ 1B+C), obwohl andere Studien keine signifikanten Unterschiede finden konnten. Nach unserer Erfahrung ist auch das neurologische Risiko geringer, selbst wenn die Morbiditäts- und Mortalitätsstatistiken der „Scoliosis Research Society“ dieses in den letzten Jahren nicht mehr belegt haben. Nachteilig ist nach neueren Untersuchungen der negativere Effekt ventraler (transthorakaler) Eingriffe auf die Lungenfunktion, die sich im Vergleich zu dorsalen Verfahren postoperativ langsamer erholt und nicht ganz die Werte dorsaler Verfahren erreicht. Neueste Untersuchungen belegen aber auch für dorsale pedikelschraubengetragene Korrekturen einen lordosierenden Effekt mit negativem Einfluss auf die Lungenfunktion