Mehr resistente Darmkeime unter Säureblockern

Werden Patienten mit Magensäureblockern behandelt, ist das Risiko für multiresistente Darmbakterien um rund drei Viertel erhöht. Dies betrifft vor allem die Behandlung mit PPI. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die Magensäure ist bekanntlich wichtig, um pathogenen Bakterien in der Nahrung die Invasion des Darms zu verwehren. Entsprechend geht der Gebrauch von Säureblocklern mit einem erhöhten Infektionsrisiko einher. So konnte nicht zuletzt für schwere Infekte mit Clostridium difficile ein Zusammenhang mit der Säureblockade gezeigt werden. Dass ein reduzierte Säuregehalt im Magen auch Auswirkungen auf den Befall mit multiresistenten Mikroorganismen (MRDO) hat liegt zwar nahe, konnte bislang aber nicht klar belegt werden. In einigen Untersuchungen wurde ein verstärkter Befall im Darm festgestellt, in anderen nicht, berichten Infektionsmediziner um Dr. Roel Willems von der Freien Universität Amsterdam. Da Studien zufolge rund 10% der Patienten bei der Aufnahme in eine Klink bereits MRDO tragen, kann der Einfluss von Säureblockern auf die Kolonisation durchaus relevant sein. Anhand einer Metaanalyse versuchten die Forscher, die bisherige Evidenz zusammenzufassen. Sie fanden 26 Studien, in denen die Besiedelung mit MRDO untersucht worden war und Angaben zum Gebrauch von Säureblockern vorlagen. Sie nahmen auch zwei Studien mit Harnwegsinfekten auf, da die beteiligten Pathogene zumeist aus dem Darm stammen und daher indirekt Hinweise über die Resistenzsituation liefern. Gefahr vor allem unter PPI 19 der Studien analysierten die Besiedelung mit multiresistenten Enterobacterales (MDR-E), sieben die mit Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE). Die meisten Untersuchungen waren Querschnittstudien; randomisiert-kontrollierte Studien hatten die Forscher nicht entdeckt. An den Untersuchungen nahmen zusammen knapp 30.000 Patienten teil, davon erhielten rund 40% Säureblocker. Über alle Studien gemittelt war das Chancenverhältnis (Odds Ratio, OR) für einen MDRO-Befall mit Säureblockern um 70% höher als ohne solche Medikamente. Wurden nur die zwölf qualitativ hochwertigen Studien mit OR berücksichtigt, die für Begleitfaktoren adjustiert waren, ergab sich eine Risikoerhöhung um 74% für einen MDRO-Befall mit Säureblockern. Ließen die Forscher eine Studie mit Harnwegskeimen weg, stieg das OR auf 86%. Für den MDR-E-Befall ergibt sich nach diesen Daten ein um 60%, für die VRE-Kolonisation ein verdoppeltes Risiko unter Säureblockern. Alle zwölf höherwertigen Studien ergaben jeweils ein signifikant oder tendenziell erhöhtes Risiko unter Säureblockern, keine einzige ein reduziertes. Der Gebrauch von Protonenpumpenhemmern (PPI) geht nach den Berechnungen von Willems und Mitarbeiter mit einer Risikoerhöhung von 81% einher, mit H2-Blockern sind es nicht signifikante 33%. Da PPI die Säuresekretion stärker hemmen als H2-Blocker, hatten die Forscher einen Unterschied erwartet, allerdings bezogen sich die meisten Studien auf PPI, für H2-Blocker ist die Datenbasis zu dürftig für klare Aussagen, so die Wissenschaftler. Wenig überraschend: Bei stationären Patienten zeigt sich ein deutlich höheres Risiko für einen MDRO-Befall – wer Säureblocker in einer Klinik nimmt, verdoppelt damit die Gefahr für eine Kolonisation mit MDRO. Der Gebrauch von Säureblockern, besonders PPI, habe gravierende Auswirkungen auf das Darmmikrobiom, geben die Forscher um Willems zu bedenken. Ärzte sollten daher gut überlegen, ob die Patienten die Medikamente tatsächlich benötigen. Dies sei Studien zufolge bei 50–70% der Verordnungen nicht der Fall. Das Wichtigste in Kürze Frage: Erhöhen Magensäureblocker das Risiko für eine Darmkolonisation mit multiresistenten Keimen? Antwort: Eine Metaanalyse von 26 Studien deutet auf ein um 75% erhöhtes Risiko für eine Darmkolonisation mit multiresistenten Keimen unter Säureblockern. Bedeutung: Ärzte sollten sich gut überlegen, ob die Patienten die Medikamente tatsächlich benötigen. Einschränkung: Metaanalyse beruht zum großen Teil auf Querschnittstudien, kausale Aussagen kaum möglich.

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