Erschienen in:
10.10.2016 | Originalien
Objektiver und subjektiver Hilfsmittelbedarf bei Patienten mit neurogenen Harnblasenfunktionsstörungen
Multicenterstudie zur Ermittlung des täglichen Bedarfs an urologischen Hilfsmitteln
verfasst von:
Dr. J. Bremer, Dr. R. Böthig, Dr. B. Domurath, Dr. J. Kutzenberger, Dr. A. Kaufmann, Dr. J. Pretzer, J. P. Klask, V. Geng, W. Vance, Dr. I. Kurze
Erschienen in:
Die Urologie
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Ausgabe 12/2016
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die Versorgung mit urologischen Hilfsmitteln ist für Patienten mit neurogenen Harnblasenfunktionsstörungen (NBFS) essentiell. Die bisherigen Richtwerte zur Abschätzung des monatlichen Bedarfs beruhen ausschließlich auf Schätzungen.
Fragestellung
Das Ziel der Arbeit war die Ermittlung des objektiven und subjektiven Bedarfs an urologischen Hilfsmitteln auf wissenschaftlicher Basis.
Material und Methoden
Daten zum Blasenmanagement und zum täglichen Verbrauch an urologischen Hilfsmitteln bei Patienten mit NBFS wurden mittels eines Fragebogens an 6 verschiedenen Zentren in Deutschland im Zeitraum Oktober bis Dezember 2014 erfasst und statistisch ausgewertet.
Ergebnisse
Die Datensätze von 767 Patienten wurden analysiert, darunter von 543 Männern und 221 Frauen (k. A. = 3). Der tägliche Verbrauch an Einmalkathetern der 577 Patienten, die sich ausschließlich intermittierend katheterisierten, betrug 5,13. Patienten, die neben dem Einmalkatheterismus noch andere Formen der Blasenentleerung nutzten (n = 31), verbrauchten im Mittel 3,17 Einmalkatheter. Bei Kindern war die Schwankungsbreite größer. Von den 608 Patienten, die sich katheterisierten, benötigten 94 (15,5 %) zusätzlich Vorlagen als aufsaugende Hilfsmittel (im Durchschnitt 2,29 Vorlagen pro Tag). 34 Patienten (5,6 %) benutzen zusätzlich Pants (2,55 pro Tag) und 46 Patienten (7,6 %) nutzen zwischen den Katheterisierungen Kondomurinale (3,81 pro Tag). Unter allen befragten Patienten verwendeten 126 Patienten (16,4 %) Vorlagen, durchschnittlich 5,03 Vorlagen pro Tag und 51 Patienten (6,6 %) Pants (3,03 pro Tag). 82 aller männlichen Befragten (15,1 %) wendeten Kondomurinale an (im Mittel 2,80 Kondomurinale pro Tag).
Diskussion
Unter der Annahme der doppelten Standardabweichung vom Mittelwert als Maß für den objektiven Hilfsmittelbedarf lassen sich für erwachsene Patienten mit NBFS folgende Grenzwerte definieren: 1–9 Einmalkatheter, 0–7 Kondomurinale, 1–9 Vorlagen und 0–7 Pants pro Tag. Diese Werte können als Grundlage zur Abschätzung des subjektiven Bedarfs dienen und erlauben eine wissenschaftlich fundierte Festlegung von Richtwerten für eine bedarfsgerechte und wirtschaftliche Versorgung mit urologischen Hilfsmitteln. Die individuell notwendige Versorgung mit verschiedenartigen Hilfsmitteln ist ebenfalls anzuerkennen. Qualitätsstandards müssen entwickelt werden und überprüfbar sein.