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22.09.2022 | Operationen am Hoden | Nachrichten

Sonografische Zufallsbefunde

Kleine Hodenläsionen – wann ist eine Op. nötig?

verfasst von: Thomas Müller

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Werden im Ultraschall kleine Hodenläsionen sichtbar und sind keine Tumormarker auffällig, reicht zunächst eine hodenerhaltende Operation. Diese kann sich auch bei sehr kleinen Läsionen lohnen, wenn mehrere davon auftreten oder eine Hypervaskularisation vorliegt.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Werden bei Männern per Ultraschall kleine Hodenläsionen entdeckt, wird nicht immer gleich der ganze Hoden entfernt, oft reicht eine Resektion der Läsion oder auch nur eine sonografische Überwachung, gerade bei Läsionen unter 5 mm handelt es sich fast immer um gutartige Geschwülste. Das schließen Urologen und Reproduktionsmediziner um Dr. Andrea Gobbo von der Forschungsklinik IRCCS Humanitas in Mailand nicht zuletzt aus einer eigenen retrospektiven Analyse an ihrem Zentrum.

Sie haben sich das Schicksal von Männern genauer angeschaut, die zwischen den Jahren 2002 und 2020 die Klinik aufgrund von Fruchtbarkeitsproblemen aufgesucht hatten und bei denen in der Ultraschalluntersuchung kleine Hodenläsionen entdeckt worden waren. Die Sonografie erfolgt in der Klinik bei solchen Männern routinemäßig, Patienten mit zufällig aufgespürten Läsionen unter 20 mm Durchmesser und fehlenden Tumormarkern kommen prinzipiell für eine organerhaltende Resektion infrage, bei Läsionen über 5 mm wird diese in der Regel einem Überwachungsprotokoll vorgezogen. Auch Männer mit noch kleineren Läsionen werden in Mailand operiert, wenn etwa zugleich eine Mikrolithiasis oder eine Hypervaskularisation vorliegen.

Im genannten Zeitraum ließen sich 64 Männer aufgrund kleiner Läsionen organerhaltend operieren. Im Median waren die Patienten 40 Jahre alt, 32 hatten Läsionen im linken, 28 im rechten und 4 in beiden Hoden, insgesamt wiesen 13 Männer multiple Läsionen auf. Im Median lag der Durchmesser der Läsionen bei 5 mm, sechs Männer hatten Geschwulste mit einem Durchmesser von über 10 mm.

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Die Histologie ergab bei acht Männern einen malignen Tumor – bei ihnen wurde schließlich der gesamte Hoden entfernt. Alle Tumoren waren reine Seminome. Die übrigen 56 Männer zeigten bei der histologischen Analyse eine gutartige Wucherung, 13 hatten eine Leydigzellhyperplasie, 11 einen Leydigzelltumor.

Maligne Tumoren gehen meist mit Hypervaskularisationen einher

Die Ärzte um Gobbo schauten nun nach Faktoren, die mit einem malignen Tumor einhergingen. Wegweisend hierfür war zum einen die Größe – mit 9 mm waren die Läsionen durch maligne Tumoren fast doppelt so groß wie die durch gutartige Veränderungen, auch wiesen zwei Drittel der Männer mit malignen Tumoren multiple Läsionen auf, aber nur jeder Siebte mit benigen Veränderungen. Eine Mikrolithiasis war bei drei von vier Männern mit Seminomen erkennbar, aber nur bei 16% der übrigen, ebenso war bei malignen Läsionen meist auch eine Hypervaskularisation zu sehen (bei 88% versus 30%). In einer multivariaten Analyse erwiesen sich primär der Läsionsdurchmesser, multiple Läsionen und Hypervaskularisationen als aussagekräftige Prädiktoren für einen malignen Tumor.

So kann den Daten zufolge bei einem Läsionsdurchmesser unter 5 mm ein maligner Tumor zu über 95% ausgeschlossen werden. Da aber in der Gruppe nur acht Männern einen malignen Tumor hatten, sind die Berechnungen mit Vorsicht zu betrachten. Immerhin kam es bei keinem der Männer während einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 58 Monaten zu einem Rezidiv.

Leitlinien der europäischen Urologenvereinigung EAU legen bei Läsionen unter 5 mm eine sonografische Überwachung nahe. Dies sei auch mit Blick auf die Testosteronproduktion sinnvoll, die bei Männern mit Fertilitätsproblemen oft sehr niedrig sei, geben Gobbo und Mitarbeiter zu bedenken. Eine Operation oder gar eine Orchiektomie könnte das Problem noch verstärken, eine organerhaltende Resektion sei aber auch bei sehr kleinen Läsionen zu erwägen, wenn weitere Risikofaktoren wie multiple Läsionen und Hypervaskularisationen vorliegen – immerhin einer von acht Männern mit einem malignen Tumor hatte einen Läsionsdurchmesser unter 5 mm.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Was spricht bei zufällig im Ultraschall entdeckten kleinen Hodenläsionen für einen malignen Tumor?

Antwort: Eine retrospektive Analyse bei 64 Männern mit organerhaltender Operation sieht vor allem ein erhöhtes Risiko bei Läsionen über 5 mm, multiplen Läsionen und Hypervaskularisationen.

Bedeutung: Bei Läsionen unter 5 mm dürfte eine sonografische Überwachung genügen, sofern nicht weitere Risikofaktoren für einen malignen Tumor vorliegen.

Einschränkung: Analyse basiert nur auf wenigen Patienten.

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Literatur

Gobbo A et al. Is testis sparing surgery safe in patients with incidental small testicular lesions referring to a fertility center? A retrospective analysis reporting factors correlated to malignancy and long-term oncological outcomes. Urol Oncol 2022; https://doi.org/10.1016/j.urolonc.2022.08.002

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