Zusammenfassung
Angeborene oder erworbene Form- und Lageanomalien der Kiefer sind durch ein oftmals unharmonisches äußeres Erscheinungsbild des Gesichtsprofils und durch funktionelle Beeinträchtigungen des Kauorgans charakterisiert. Als Ursachen für eine skelettale Dysgnathie kommen mehrere Faktoren infrage. Im Kindesalter können frühzeitiger Milchzahnverlust, Lutschgewohnheiten, Mundatmung und falsche Ernährung zu einem fehlgeleiteten Wachstumsreiz mit entsprechenden Entwicklungsstörungen des Kauschädels führen. Neben einer für die echte Progenie nachgewiesenen erblichen Komponente werden hormonelle Einflüsse, Narbenbildungen bei Spaltpatienten und Frakturen im Kiefer- und Gesichtsbereich für ein disharmonisches Wachstumsmuster des Ober- und Unterkiefers verantwortlich gemacht. Gelingt es durch alleinige kieferorthopädische Maßnahmen nicht, fehlgeleitete Entwicklungen während oder v. a. mithilfe der physiologischen Wachstumsvorgänge therapeutisch zu beeinflussen, so kann ein okklusaler Zahnkontakt nur durch eine dentoalveoläre Adaptation erreicht werden. Die mit einer skelettalen Dysgnathie häufig vergesellschaftete unharmonische äußere Gesichtskontur wird durch die Beibehaltung der fehlerhaften Beziehung der Kieferbasen zueinander und durch die Schaffung neuer Zahnfehlstellungen nicht selten verschlechtert oder bleibt im günstigsten Falle unverändert. Durch eine rechtzeitige interdisziplinäre Koordination kieferorthopädischer und mund-, kiefer- und gesichtschirurgischer Behandlungsmaßnahmen ist es heute mit Ausnahme weniger Krankheitsbilder möglich, ein ansprechendes äußeres Erscheinungsbild mit einer ausgewogenen und stabilen Okklusion zu erreichen.