Erschienen in:
09.12.2022 | Originalien
Lärmbelastung einer neonatologischen Intensivstation
Gibt es einen Tag-Nacht-Unterschied der Schallexposition?
verfasst von:
Prof. Dr.-Ing. C. Backhaus, A. Carl, S. Siebers, F. Urlichs
Erschienen in:
Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie
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Ausgabe 1/2023
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Zusammenfassung
Frühgeborene sind auf neonatologischen Intensivstationen (NICUs) kontinuierlichem Lärm ausgesetzt, der das Schlafverhalten beeinträchtigt und zu Wachstums- und Entwicklungsverzögerungen führen kann. Lärmmessungen auf NICUs wurden bislang nur für kurze Zeiträume durchgeführt, weshalb es nicht möglich ist, Aussagen zu tageszyklischen Veränderungen der Lärmbelastung zu treffen. Die Studie untersucht die Intensität und tageszyklische Unterschiede der Lärmbelastung einer NICU und entwickelt Vorschläge zur Prävention. Hierzu werden die Schallpegel für 22 Arbeitsschichten in einem Patientenzimmer und einem Inkubator gemessen und die mittleren Tages-Lärmexpositionspegel (LEX,8h) der Früh‑, Spät und Nachtschichten berechnet sowie der Spitzenschallpegel (LpCpeak) erfasst. Zur Prüfung eines Tag-Nacht-Rhythmus werden diese mittels einfaktorieller ANOVA verglichen. Mit der Contextual-Inquiry-Methode werden Arbeitsanalysen für 12 dieser Arbeitsschichten durchgeführt und die Früh‑, Spät- und Nachtschicht mit dem höchsten äquivalenten Dauerschallpegel (LAeq) exemplarisch auf lärmintensive Arbeitstätigkeiten untersucht. Die Messung ergibt LEX,8h- bzw. LpCpeak-Werte von bis zu 49,7 dB(A) bzw. 124,4 dB(C) im Inkubator und 55,4 dB(A) bzw. 110,3 dB(C) im Patientenzimmer. Ein Tag-Nacht-Rhythmus der Lärmbelastung konnte nicht nachgewiesen werden. Zu den lärmintensivsten Arbeitstätigkeiten gehört das Absaugen von Lungensekret der Patienten und die dabei geführten Gespräche mit einem LAeq von 63 dB(A). Darüber hinaus wurden zahlreiche, impulshaltige Lärmereignisse identifiziert, die zu einer, zum Teil sehr hohen, Lärmbelastung der Frühgeborenen beitragen. Die vorgelegte Studie belegt eine zu hohe Lärmbelastung, wodurch mit hoher Wahrscheinlichkeit das Schlafverhalten der Frühgeborenen beeinträchtigt wird. Die Ergebnisse korrespondieren mit den Aussagen vergleichbarer Untersuchungen. Auffällig ist, dass besonders die hohen Spitzenschallpegel überwiegend auf Bagatellursachen zurückzuführen sind, die durch einfache Präventionsmaßnahmen vermieden werden können.