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25.10.2022 | Begutachtung | Originalien
Überprüfung der für die Begutachtung der BK-Ziffern 2108 und 2110 relevanten Zusatzkriterien „besonders intensive Belastung“ und „besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen“
Sonderauswertung der Deutschen Wirbelsäulenstudie
verfasst von:
Prof. Dr. med. Andreas Seidler, MPH, Rolf Ellegast, Dirk Ditchen, Matthias Jäger, Ulrich Bolm-Audorff
Die Konsensempfehlungen zur Begutachtung der Berufskrankheiten Nr. 2108 und Nr. 2110 (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule) setzen bei der häufigsten Fallkonstellation, der sog. B2-Konstellation, voraus, dass mindestens eines von 3 Zusatzkriterien erfüllt ist. Zwei dieser Zusatzkriterien werden in der vorliegenden Sonderauswertung der Deutschen Wirbelsäulenstudie (DWS) empirisch überprüft.
Methoden
Untersucht wurden die einwirkungsabhängigen Zusatzkriterien „besonders intensive Belastung“ (2. Zusatzkriterium) und „Belastungsspitzen“ (3. Zusatzkriterium). Mittels logistischer Regressionsanalyse wurden für Alter und Studienzentrum adjustierte Odds-Ratios (als Schätzer des relativen Bandscheiben-Erkrankungsrisikos) mit 95 %-Konfidenzintervallen (95 % KI) berechnet. Es wurden jeweils im gleichen Regressionsmodell Odds-Ratios für die Erfüllung und für die fehlende Erfüllung eines Zusatzkriteriums ermittelt. Grundsätzlich ist ein Kriterium dann zur Unterscheidung zwischen beruflich verursachten und nicht beruflich verursachten bandscheibenbedingten Erkrankungen geeignet, wenn die Risikoschätzer bei Erfüllung des jeweiligen Kriteriums deutlich höher liegen als bei fehlender Erfüllung des Kriteriums. Bei den Belastungsspitzen wurde die Höhe der mit Hebe- oder Tragevorgängen verbundenen Druckkräfte in der Lendenwirbelsäule (LWS) variiert, ab der das Kriterium der Belastungsspitzen als erfüllt angesehen wurde; ferner wurde die Zahl der Schichten variiert, in denen das Kriterium der Belastungsspitzen erfüllt sein musste. Alle Berechnungen wurden getrennt für Männer und Frauen für die Dosismodelle „Original-MDD“ und „BSG-Modell“ durchgeführt.
Ergebnisse
Bei Vorliegen einer „besonders intensiven Belastung“ finden sich keine höheren bandscheibenbezogenen Erkrankungsrisiken als bei fehlendem Vorliegen dieses Zusatzkriteriums. Als „best estimate“ kann von der Erfüllung des Zusatzkriteriums „Belastungsspitzen“ dann ausgegangen werden, wenn beim BSG-Modell in mindestens 600 Schichten des gesamten Berufslebens Tagesdosen von mindestens 2,0 kNh (Kilonewton-Stunden = 1000 Newton-Stunden) pro Schicht bei Männern bzw. mindestens 0,5 kNh bei Frauen durch Belastungsspitzen (Druckkraft ≥ 6,0 kN bei Männern, ≥ 4,5 kN bei Frauen) erreicht werden.
Schlussfolgerung
Die Sonderauswertung der Deutschen Wirbelsäulenstudie kann keine Bestätigung des 2. Zusatzkriteriums der B2-Konstellation „besonders intensive Belastung“ erbringen. Das 3. Zusatzkriterium „Belastungsspitzen“ wird hingegen grundsätzlich bestätigt – es sollte über mindestens 600 Arbeitsschichten erfüllt sein, um als Positivkriterium für die Anerkennung einer bandscheibenbedingten Berufskrankheit fungieren zu können.
Die Berufskrankheit Nr. 2108 – „Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen (der Lendenwirbelsäule) geführt haben“ – ist die häufigste Berufskrankheit im Bereich des Muskel-Skelett-Systems. Für die Begutachtung dieser Berufskrankheit kommt den 2005 veröffentlichten „Konsensempfehlungen“ eine zentrale Rolle zu. Dieser Beitrag stellt eine empirische Überprüfung von 2 Zusatzkriterien zur häufigsten Fallkonstellation (B2-Konstellation) der Konsensempfehlungen vor: „besonders intensive Belastung“ und „Belastungsspitzen“.
Die Berufskrankheit Nr. 2108 – „Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen (der Lendenwirbelsäule) geführt haben“ – stellt in Deutschland mit 4775 Verdachtsanzeigen und 337 Anerkennungen im Jahr 2020 die häufigste Berufskrankheit im Bereich des Muskel-Skelett-Systems dar [9]. Hinzu kommen noch entsprechende Erkrankungen, die der BK-Nr. 2110 – „Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen, die zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen (der Lendenwirbelsäule) geführt haben“ – zuzuordnen sind (mit 168 Verdachtsanzeigen bzw. sechs anerkannten Fällen im Jahr 2020). Bei Beschäftigten, die sowohl durch Ganzkörper-Vibrationseinwirkungen als auch durch manuelle Lastenhandhabungen bzw. Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung belastet waren, werden die Berufskrankheiten Nr. 2108 und Nr. 2110 auch in Kombination betrachtet. Im Jahr 2005 wurden unter Beteiligung der Autoren dieses Beitrags die sog. „Konsensempfehlungen“ veröffentlicht [1, 2], die eine Beschreibung anerkennungsfähiger Fallkonstellationen für die medizinische Begutachtung enthalten. Die mit Abstand häufigste Fallkonstellation stellt die B2-Konstellation dar: 67,5 % der 228 Fälle in der Deutschen Wirbelsäulenstudie (DWS), die eine bandscheibenbedingte Erkrankung und eine berufliche Gesamtdosis nach dem Mainzer Dosismodell (MDD; [15]) von mindestens 12,5 MNh (Meganewton-Stunden = 1.000.000 Newton-Stunden) aufwiesen, waren der Fallkonstellation B2 zuzuordnen ([5]; MDD: [12, 15]). Den Konsensempfehlungen entsprechend ist beim Vorliegen einer Konstellation B2 und B4 – sofern die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt sind – ein Ursachenzusammenhang wahrscheinlich.
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Die B2-Konstellation ist medizinisch charakterisiert durch …
eine Bandscheibenschädigung in den Segmenten L5/S1 und/oder L4/L5,
das Vorliegen einer Chondrose Grad 2 oder höher und/oder eines Bandscheibenprolapses,
das Fehlen wesentlicher konkurrierender Ursachenfaktoren,
das Fehlen einer Begleitspondylose.
Zusätzlich ist mindestens eines der nachfolgend genannten 3 Zusatzkriterien zu erfüllen:
Zusatzkriterium 1:Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben – bei monosegmentaler/m Chondrose/Vorfall in L5/S1 oder L4/L5 „black disc“ im Magnetresonanztomogramm in mindestens 2 angrenzenden Segmenten.
Zusatzkriterium 2: besonders intensive Belastung; Anhaltspunkt: Erreichen des Richtwerts für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren.
Zusatzkriterium 3: besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen; Anhaltspunkt: Erreichen der Hälfte des MDD-Tagesdosis-Richtwerts durch hohe Belastungsspitzen (Frauen ab 4,5 kN1; Männer ab 6 kN).
Bei der B4-Konstellation liegt ein Bandscheibenschaden an der Halswirbelsäule (HWS) vor, der schwächer ausgeprägt ist als der Bandscheibenschaden an der Lendenwirbelsäule (LWS). In allen übrigen Punkten entspricht die B4-Konstellation der B2-Konstellation.
Im Rahmen dieser vertiefenden Auswertung der DWS-Richtwertestudie [22] sollten die Begriffe der besonders intensiven Belastung (Zusatzkriterium 2) und des besonderen Gefährdungspotenzials (Zusatzkriterium 3) empirisch geprüft werden; die Validierung des Zusatzkriteriums 1 wird gesondert veröffentlicht. Die Notwendigkeit einer Validierung der Zusatzkriterien ergibt sich daraus, dass es bislang an einer wissenschaftlich begründeten Operationalisierung der vorgenannten Begriffe bzw. Kriterien mangelt. Wegen dieser Unsicherheit ergaben sich viele Rechtsstreitigkeiten vor Sozialgerichten, die sich mit der unterschiedlichen Auslegung dieser Begriffe auseinandersetzen. Beispielsweise ist strittig, ob als Richtwert für die Gesamtdosis, die in weniger als 10 Jahren für das Kriterium „besonders intensive Belastung“ (Zusatzkriterium 2) eingewirkt haben muss, der Richtwert nach dem Original-MDD in Höhe von 25 MNh bei Männern oder der untere Grenzwert nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30.10.2007 (Az.: B 2 U 4/06 R, [6]) in Höhe von 12,5 MNh zu verwenden ist (siehe BSG-Urteil vom 23.04.2015, Az.: B 2 U 10/14 R [7]). Ebenfalls ist strittig, wie lange eine Einwirkung mit Belastungsspitzen (Zusatzkriterium 3) vorgelegen haben muss, um dieses Kriterium zu bejahen (siehe BSG-Urteil vom 06.09.2018, Az.: B 2 U 10/17 R [8]).
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Die vorliegende Untersuchung basiert auf der Deutschen Wirbelsäulenstudie [3, 4, 11, 17, 20, 21] mit Erweiterung durch die DWS-Richtwertestudie [10, 18, 22, 23]. Die Deutsche Wirbelsäulenstudie stellt eine Fall-Kontroll-Studie mit 431 männlichen und 484 weiblichen Probanden dar, die an einer bandscheibenbedingten Erkrankung (Prolaps und/oder Chondrose) im Sinne der Konsensempfehlungen litten. Diese Fälle wurden mit 453 männlichen und 448 weiblichen Kontrollprobanden ohne eine bandscheibenbedingte Erkrankung verglichen. Im Ergebnis der Deutschen Wirbelsäulenstudie ließ sich eine positive Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Lastenhandhabungen sowie Tätigkeiten in Rumpfbeugehaltung und der Diagnose einer bandscheibenbedingten Erkrankung aufzeigen [21].
Ein wissenschaftlich belastbares Zusatzkriterium sollte in der Lage sein, Personen mit einem besonders hohen Erkrankungsrisiko zu identifizieren. Dementsprechend wurden in den Analysen jeweils die Risikoschätzer bei Erfüllung eines Zusatzkriteriums getrennt von den Risikoschätzern bei fehlender Erfüllung eines Zusatzkriteriums berechnet. Dabei wurden unterschiedliche Definitionen der Zusatzkriterien auf ihre Eignung zur Abbildung erhöhter Erkrankungsrisiken hin überprüft: Beim Zusatzkriterium 2 wurde der Richtwert für die Lebensdosis zum einen entsprechend dem Original-MDD, zum anderen entsprechend dem relevanten BSG-Urteil [6], dem sog. BSG-Modell, verwendet. Beim Zusatzkriterium 3 wurden Höhe der Belastungsspitzen und Schichthäufigkeit mit Belastungsspitzen variiert. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, die wissenschaftliche Grundlage der Begutachtung der bandscheibenbedingten Berufskrankheiten zu stärken und Unsicherheiten bei der Auslegung der Konsenskriterien bei den Konstellationen B2 bis B6 zu verringern.
Methodik
Datengrundlage der vorgelegten Auswertung stellt die Deutsche Wirbelsäulenstudie (DWS) mit Erweiterung durch die DWS-Richtwertestudie dar [3, 4, 10, 11, 17, 18, 20‐23]. Es handelt sich um eine multizentrische populationsbezogene Fall-Kontroll-Studie aus 915 Fällen mit Erkrankung lumbaler Bandscheiben und 901 Kontrollprobanden im Alter von 25 bis 70 Jahren. Die Diagnose bei den Fällen wurde durch eine radiologische und klinische Zweitbeurteilung überprüft. Die Fallprobanden wurden in Kliniken oder orthopädischen bzw. neurochirurgischen Praxen in den 4 Studienregionen Frankfurt am Main, Freiburg, Halle (Saale) und Regensburg rekrutiert und einbezogen, sofern die Personen in einem bestimmten geographischen Gebiet im Umkreis dieser Städte ihren ersten Wohnsitz hatten. Die 915 Fallprobanden sind 4 Fallgruppen zugeordnet:
286 männliche Patienten (Fallgruppe 1) und 278 weibliche Patientinnen (Fallgruppe 2) mit stationärer oder ambulanter Behandlung in einer Klinik wegen LWS-Prolaps mit sensiblem und/oder motorischem Wurzelsyndrom,
145 männliche Patienten (Fallgruppe 3) und 206 weibliche Patientinnen (Fallgruppe 4) mit stationärer oder ambulanter Behandlung in einer Klinik oder ambulanter Behandlung in einer orthopädischen oder neurochirurgischen Praxis wegen einer fortgeschrittenen Chondrose mit Bandscheibenverschmälerung in der LWS und Nachweis eines sensiblen und/oder motorischen Wurzelsyndroms oder eines lokalen Lumbalsyndroms (Letzteres mit einem Finger-Boden-Abstand von mindestens 25 cm).
Für die Überprüfung der Zusatzkriterien wurden die Fallgruppen 1 und 3 sowie die Fallgruppen 2 und 4 zusammen analysiert. Bei den Kontrollprobanden handelte es sich um eine Zufallsstichprobe der Wohnbevölkerung aus denselben 4 Regionen. Die Ermittlung der Wirbelsäulenbelastung nach dem Original-MDD sowie nach dem gemäß BSG-Urteil vom 30.10.2007 [6] modifizierten MDD (BSG-Modell) erfolgte auf der Grundlage biomechanischer Berechnungen. Die kumulativen Wirbelsäulenbelastungen nach dem BSG-Modell wurden für Frauen in der vorliegenden Sonderauswertung erstmalig berechnet, da sie bisher nicht Gegenstand der Auswertungen in der Deutschen Wirbelsäulenstudie und der DWS-Richtwertestudie waren. Alle Berechnungen beziehen sich auf ein ca. zweistündiges semistandardisiertes umfassendes Experten-Interview durch Mitarbeiter der Technischen Aufsichtsdienste der Unfallversicherungsträger, das bei allen Probanden im Rahmen der Deutschen Wirbelsäulenstudie durchgeführt wurde, die eine Mindestdosis beruflicher Wirbelsäulenbelastungen durch manuelle Lastenhandhabungen, Arbeiten in Rumpfbeugehaltung oder Einwirkungen durch Ganzkörperschwingungen im Sitzen (die sog. Auslöseschwellen) überschritten hatten.
Mittels logistischer Regressionsanalyse wurden für Alter und Studienzentrum adjustierte Odds-Ratios (als Schätzer des relativen Bandscheiben-Erkrankungsrisikos) mit 95 %-Konfidenzintervallen (95 % KI) berechnet. Es wurden jeweils im gleichen Regressionsmodell Odds-Ratios für die Erfüllung und für die fehlende Erfüllung des jeweiligen Zusatzkriteriums ermittelt. Grundsätzlich ist ein Kriterium dann zur Unterscheidung zwischen beruflich verursachten und nicht beruflich verursachten Bandscheibenerkrankungen geeignet, wenn die Risikoschätzer bei Erfüllung des jeweiligen Kriteriums deutlich höher liegen als bei fehlender Erfüllung des Kriteriums. Bei den Belastungsspitzen wurde die Höhe der Bandscheibendruckkräfte variiert, ab der das Kriterium einer Belastungsspitze als erfüllt angesehen wurde; ferner wurde die Zahl der Schichten variiert, an denen das Kriterium der Belastungsspitzen erfüllt sein musste. Alle Berechnungen wurden getrennt für Männer und Frauen durchgeführt. Im Folgenden wird das konkrete Vorgehen zunächst für das 2. Zusatzkriterium der besonders intensiven Belastung, anschließend für das 3. Zusatzkriterium der Belastungsspitzen beschrieben.
Überprüfung des 2. Zusatzkriteriums „besonders intensive Belastung“
Eine besonders intensive Belastung im Sinne der 2005 veröffentlichten Konsensempfehlungen liegt vor, wenn der Richtwert für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren erreicht wird. Als Richtwert wurden im Folgenden 25 MNh bei Männern bzw. 17 MNh bei Frauen gemäß Original-MDD bzw. 12,5 MNh bei Männern bzw. 8,5 MNh bei Frauen gemäß BSG-Modell verstanden. Das BSG-Urteil vom 30.10.2007 [6] bezog sich auf einen männlichen Kläger. Die Halbierung des Lebensdosis-Richtwerts bei Frauen wurde entsprechend der bisherigen Rechtsprechung (Urteil des Hessischen LSG vom 29.10.2013 [13], Az.: L 3 U 248/07 und Urteil des Sächsischen LSG vom 12.12.2013 [19], Az.: L 2 U 125/12) im Rahmen dieser Analyse analog vorgenommen. Es wurden nun für alle in die DWS einbezogenen Probanden alle möglichen 10-Jahres-Zeiträume dahingehend untersucht, ob in mindestens einem 10-Jahres-Zeitraum der Lebensdosis-Richtwert gemäß Original-MDD bzw. gemäß BSG-Modell erreicht oder überschritten wurde. Hierzu musste zunächst für jedes Kalenderjahr, in dem ein Proband berufstätig war, die Jahresdosis ermittelt werden. Es wurde für jedes Kalenderjahr vereinfachend von einer gleichbleibenden Belastung ausgegangen. Wenn in einem Kalenderjahr eine Berufsphase endete und eine neue Berufsphase begann, wurde im Sinne dieser Vereinfachung für das gesamte Kalenderjahr von der Belastungshöhe der neuen Berufsphase ausgegangen. Zunächst wurde überprüft, ob sich mit dieser Vereinfachung die Risikoschätzer im Endbericht der DWS-Richtwertestudie in etwa reproduzieren ließen. In einem nächsten Schritt wurden dann die Probanden mit Erfüllung des Richtwerts für die MDD- bzw. die BSG-Lebensdosis aufgeteilt in Probanden mit und ohne Erfüllung des Zusatzkriteriums „besonders intensive Belastung“, und für beide Probandengruppen wurden die Risikoschätzer berechnet.
Überprüfung des 3. Zusatzkriteriums „besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen“
Das 3. Zusatzkriterium setzt voraus, dass mindestens die Hälfte des MDD-Tagesdosis-Richtwerts (für Frauen 50 % von 3,5 kNh, für Männer 50 % von 5,5 kNh) durch hohe Belastungsspitzen (Bandscheibendruckkräfte bei Frauen ab 4,5 kN, bei Männern ab 6 kN) erreicht wird. Das BSG-Urteil beinhaltet den Verzicht auf einen Tagesdosis-Richtwert. Um dennoch die entsprechenden Analysen auch für das BSG-Modell durchführen zu können, wurden die Tagesdosisschwellen des in der DWS-Richtwertestudie am besten anpassenden Modells (0,5 kNh für Frauen und 2,0 kNh für Männer; [22, 23]) angesetzt. Eine Halbierung dieser Werte hätte unseres Erachtens wenig Sinn gemacht, da dann sehr geringe Tagesdosen betrachtet worden wären.
Zur Überprüfung der Höhe der Druckkraft, die als besonders gefährdende Belastungsspitze anzusehen ist, wurden die Schwellenwerte ausgehend von 5,0 kN bei Männern und 3,5 kN bei Frauen in 0,5-kN-Schritten bis auf 6,5 kN bei Männern bzw. 5,0 kN bei Frauen erhöht. Für jeden untersuchten Schwellenwert erfolgte eine Variation der Mindestanzahl an Arbeitsschichten, an denen das jeweils zu prüfende Kriterium erfüllt war. Diese Variation reichte von mindestens 60 Schichten in mindestens einem Berufsjahr über kumulativ mindestens 600 Schichten bis kumulativ mindestens 1200 Schichten. Damit wurden die nachfolgend aufgeführten Definitionen des Belastungsspitzen-Kriteriums analysiert.
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Berechnung der Risikoschätzer bei Erreichen oder Überschreitung …
1.
des MDD-Lebensdosis-Richtwerts von 25 MNh bei Männern bzw. 17 MNh bei Frauen bzw.
2.
der BSG-Dosis (MDD-Lebensdosis-Richtwert unter Berücksichtigung des BSG-Urteils vom 30.07.2007 [6], Az.: B 2 U 4/06 R) von 12,5 MNh bei Männern und 8,5 MNh bei Frauen in jeweils einem Regressionsmodell getrennt jeweils für Personen, die die folgenden Kriterien erfüllen, und Personen, die die folgenden Kriterien nicht erfüllen (Referenz: 0 MNh):
Erreichen der Hälfte des MDD-Tagesdosis-Richtwerts (5,5 kNh/2 bei Männern oder 3,5 kNh/2 bei Frauen) bzw. beim BSG-Modell von 2 kNh bei Männern oder 0,5 kNh bei Frauen durch Belastungen mit Druckkräften, die bei Männern a1) 5,0kN, a2) 5,5kN, a3) 6,0kN, a4) 6,5kN bzw. bei Frauen a5) 3,5kN, a6) 4,0kN, a7) 4,5kN, a8) 5,0kN erreichen oder überschreiten mit jeweils einer der folgenden weiteren Bedingungen:
b1) Erfüllung des jeweiligen Kriteriums a1) bis a8) in mindestens 60 Schichten mindestens eines Berufsjahres (entsprechend dem Urteil des Hessischen LSG vom 22.11.2016 [14], Az.: L 3 U 76/13, Rand-Nr. 35);
b2) Erfüllung des jeweiligen Kriteriums a1) bis a8) in kumulativ 600 Schichten (entsprechend durchschnittlich in 60 Schichten über 10 Berufsjahre: Dies würde bei Erfüllung der 5,5/2 kNh entsprechend dem Original-MDD bei Männern einer Gesamtdosis von 1,65 MNh entsprechen, die ausschließlich durch Belastungsspitzen erreicht wurde; bei Frauen würde dies bei Erfüllung der 3,5/2 kNh entsprechend dem Original-MDD eine Gesamtdosis von 1,05 MNh bedeuten);
b3) Erfüllung des jeweiligen Kriteriums a1) bis a8) in kumulativ 1200 Schichten (entsprechend durchschnittlich in 120 Schichten über 10 Berufsjahre: Dies würde bei Erfüllung der 5,5/2 kNh gemäß Original-MDD bei Männern einer Gesamtdosis von 3,3 MNh entsprechen, die ausschließlich durch Belastungsspitzen erreicht wurde; bei Frauen würde dies bei Erfüllung der 3,5/2 kNh entsprechend dem Original-MDD eine Gesamtdosis von 2,1 MNh bedeuten).
Ergebnisse
Bei den Männern lässt sich auf der Grundlage der jahresweise berechneten Dosiswerte das erhöhte Risiko bei Erreichen einer Gesamtdosis nach dem Original-MDD im Vergleich zum Vorgehen in der DWS-Richtwertestudie gut reproduzieren (OR = 1,7; 95 % KI 1,0–2,7 vs. OR = 1,7; 95 % KI 1,1–2,8; Abb. 1, rechts, 1. Abschnitt). Dasselbe gilt für das BSG-Modell (OR = 3,4; 95 % KI 2,3–5,2 vs. OR = 3,2; 95 % KI 2,2–4,8; Abb. 1, links, 1. Abschnitt). Auch bei den Frauen lassen sich mit dem Jahreswerte-Ansatz die Ergebnisse der DWS-Richtwertestudie gut reproduzieren (Abb. 2, 1. Abschnitt).
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Ergebnisse zum 2. Zusatzkriterium „besonders intensive Belastung“
Ein höheres Risiko bei Erfüllung des 2. Zusatzkriteriums einer besonders intensiven Belastung lässt sich in unserer Datenanalyse für Männer (Abb. 1) weder auf der Grundlage des BSG-Modells noch auf der Grundlage des Original-MDD aufzeigen. Auch bei den Frauen (Abb. 2) findet sich bei guter Reproduzierbarkeit der Ergebnisse mit dem Jahreswerte-Ansatz kein höheres Risiko bei Erfüllung des 2. Zusatzkriteriums einer besonders intensiven Belastung als bei dessen fehlender Erfüllung.
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Ergebnisse zum 3. Zusatzkriterium „besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen“
Bei den Männern findet sich in den meisten auf dem BSG-Modell basierenden Auswertungen (Abb. 3, linke Spalten) bei Erfüllung des Kriteriums der hohen Belastungsspitzen ein gleich hohes oder tendenziell niedrigeres Risiko als bei dessen fehlender Erfüllung. Lediglich bei Definition der Belastungsspitze als Druckkraft von mindestens 6,0 kN (oder mindestens 6,5 kN) und bei Erfüllung des Belastungsspitzen-Kriteriums in mindestens 600 Schichten liegt der Risikoschätzer mit 3,4 etwas über dem Risikoschätzer von 3,1 bei fehlender Erfüllung des Belastungsspitzen-Kriteriums. Bei den auf dem Original-MDD basierenden Auswertungen (Abb. 1, rechte Spalten) findet sich für Männer lediglich bei einer Definition der Belastungsspitze als Druckkraft von mindestens 6,5 kN ein etwas höherer Risikoschätzer bei Erfüllung des Belastungsspitzen-Kriteriums. Dies gilt sowohl bei Erfüllung des Kriteriums in mindestens 60 Schichten mindestens eines Berufsjahres als auch bei Erfüllung des Kriteriums in mindestens 1200 Schichten kumulativ.
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Bei den Frauen findet sich in den meisten auf dem BSG-Modell basierenden Auswertungen (Abb. 4, linke Spalten) bei Definition einer Belastungsspitze als Druckkraft von mindestens 4,5 kN (oder mindestens 5,0 kN) und bei Erfüllung des Belastungsspitzen-Kriteriums in mindestens 600 Schichten (oder mindestens 1200 Schichten) ein deutlich höherer Risikoschätzer als bei fehlender Erfüllung des Belastungsspitzen-Kriteriums (3,0 vs. 2,3 bei einem Schwellenwert von 4,5 kN in mindestens 600 Schichten und 2,9 vs. 2,1 bei einem Schwellenwert von 4,5 kN in mindestens 1200 Schichten). Bei einem Schwellenwert von 5,0 kN zeigen sich bereits bei Erfüllung des Belastungsspitzen-Kriteriums in mindestens 60 Schichten mindestens eines Berufsjahres deutlich erhöhte Risikoschätzer (3,2 vs. 2,1). Bei den auf dem Original-MDD basierenden Auswertungen finden sich bei Definition der Belastungsspitze als Druckkraft von mindestens 4,5 kN ebenfalls höhere Risikoschätzer bei Erfüllung als bei fehlender Erfüllung des Belastungsspitzen-Kriteriums, allerdings sind hier die Felderbelegungen sehr niedrig.
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Diskussion
Diese Sonderauswertung der Deutschen Wirbelsäulenstudie hatte das Ziel, die beiden Zusatzkriterien zur häufigsten Fallkonstellation (Konstellation B2 gemäß Konsenskriterien; [1, 2]) der Berufskrankheiten Nr. 2108 und 2110 („Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule“) empirisch zu überprüfen. Wissenschaftlich stützen lässt sich ein Zusatzkriterium grundsätzlich dann, wenn sich bei dessen Erfüllung höhere Risiken für bandscheibenbedingte Erkrankungen finden als bei dessen fehlender Erfüllung.
Diskussion des 2. Zusatzkriteriums „besonders intensive Belastung“
Auf der Grundlage der im BSG-Urteil vom 30.10.2007 [6] festgelegten Modifikationen des Mainz-Dortmunder Dosismodells (MDD) bei Männern – Absenkung der Druckkraftschwelle von 3,2 kN auf 2,7 kN, Verzicht auf einen Tagesdosis-Richtwert, Halbierung der Lebensdosis auf 12,5 MNh – findet sich bei Erfüllung der vorgenannten Voraussetzungen ein bandscheibenbezogenes Erkrankungsrisiko von 3,2 (95 % KI 2,2–4,8). Bei Erfüllung des Zusatzkriteriums „besonders intensive Belastung“ steigt dieses Risiko nicht an, bei dessen fehlender Erfüllung sinkt es nicht ab. Das spricht dagegen, bei Vorliegen der B2-Konstellation eine „besonders intensive Belastung“ als Positivkriterium für das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Berufskrankheit anzusehen.
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Wenn die im BSG-Urteil vom 30.10.2007 [6] festgelegten Modifikationen des Mainz-Dortmunder Dosismodells (MDD) bei Männern analog auf Frauen bezogen werden – Verzicht auf einen Tagesdosis-Richtwert, Halbierung der Lebensdosis auf 8,5 MNh bei Beibehaltung der Druckkraftschwelle von 2,5 kN –, dann findet sich bei Erfüllung der vorgenannten Voraussetzungen ein bandscheibenbezogenes Erkrankungsrisiko von 2,7 (95 % KI 1,9–4,0). Bei Erfüllung des Zusatzkriteriums „besonders intensive Belastung“ steigt dieses Risiko auch bei Frauen nicht nennenswert an, bei dessen fehlender Erfüllung sinkt es nicht ab. Das spricht auch bei Frauen dagegen, bei Vorliegen der B2-Konstellation eine „besonders intensive Belastung“ als Positivkriterium für das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Berufskrankheit anzusehen.
Als Nebenbefund kann das deutlich über dem Verdopplungsrisiko liegende Erkrankungsrisiko für bandscheibenbedingte Erkrankungen (Zusammenfassung beider Fallgruppen) bei Frauen bei Erreichen oder Überschreiten der „BSG-Lebensdosis“ als Beleg für die Angemessenheit der vorgenommenen Übertragung des BSG-Modells auf Frauen gewertet werden. Einschränkend ist hierzu anzumerken, dass beim BSG-Modell für Frauen ein statistisch signifikant erhöhtes bandscheibenbezogenes Erkrankungsrisiko von 2,1 (95 % KI 1,6–2,9) auch bereits im mittleren Expositionsintervall der Lebensdosis (> 0 bis < 8,5 MNh) gefunden wurde. Bei der Anwendung des Lebensdosis-Richtwerts gemäß Original-MDD bei Frauen wurde ein statistisch signifikant erhöhtes bandscheibenbezogenes Erkrankungsrisiko von 2,1 (95 % KI 1,4–3,1) nur im mittleren Expositionsintervall der Lebensdosis (> 0 bis < 17 MNh) gefunden. Im höchsten Expositionsintervall (> 17 MNh) war lediglich ein statistisch nicht signifikant auf 1,6 (95 % KI 0,9–2,8) erhöhtes bandscheibenbezogenes Erkrankungsrisiko festzustellen. Dies deutet darauf hin, dass der Richtwert zur Beurteilung der Lebensdosis des MDD-Modells für Frauen zu hoch angesetzt ist.
Diskussion des 3. Zusatzkriteriums „besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen“
Als „best estimate“ eines Belastungsspitzen-Kriteriums lässt sich bei Männern das Erreichen einer Tagesdosis von mindestens 2,0 kNh gemäß BSG-Modell ausschließlich durch Bandscheibendruckkräfte von mindestens 6,0 kN an kumulativ mindestens 600 Arbeitsschichten formulieren. Denn bei schrittweiser Erhöhung der Druckkraftschwelle und (für jede Druckkraftschwelle gesondert) der Zahl der relevanten Arbeitsschichten findet sich erstmalig bei der vorgenannten Konstellation ein Risikoschätzer, der bei Erfüllung des Belastungsspitzen-Kriteriums nennenswert oberhalb des Risikoschätzers bei dessen fehlender Erfüllung liegt: Das Exzessrisiko von 2,4 bei Erfüllung des Belastungsspitzen-Kriteriums liegt etwa 14 % über dem Exzessrisiko von 2,1 bei dessen fehlender Erfüllung. Einschränkend ist darauf hinzuweisen, dass sich die 95 %-Konfidenzintervalle bei Erfüllung und fehlender Erfüllung des Belastungsspitzen-Kriteriums deutlich überschneiden. Insofern könnte sich das Absinken des Risikoschätzers bei 1200 Arbeitsschichten mit einem Zufallsfehler erklären. Allerdings ist auch auf das Problem des multiplen Testens hinzuweisen – auch der höhere Risikoschätzer bei mindestens 600 relevanten Arbeitsschichten bei Erfüllung des Belastungsspitzen-Kriteriums könnte zufällig bedingt sein. Das Original-MDD sollte aufgrund der erheblich geringeren Risikoschätzer nicht zur Grundlage einer Definition des Belastungsspitzen-Kriteriums herangezogen werden.
Die vorgenannten, auf dem BSG-Modell basierenden Ergebnisse bei der Variation der Belastungsspitzenschwelle lassen sich bei den Männern als Bestätigung der in den Konsensempfehlungen aufgeführten Auffassung einer Belastungsspitze als einer Bandscheibendruckkraft von mindestens 6,0 kN werten. Allerdings wurde diese Druckkraft von mindestens 6,0 kN seinerzeit als Experteneinschätzung ohne empirische Absicherung, jedoch unter Berücksichtigung empfohlener maximaler LWS-Druckkräfte für die ergonomische Arbeitsgestaltung festgelegt [16].
Bei Frauen lässt sich als „best estimate“ eines Belastungsspitzen-Kriteriums das Erreichen einer Tagesdosis von mindestens 0,5 kNh gemäß BSG-Modell durch Bandscheibendruckkräfte von mindestens 4,5 kN an kumulativ mindestens 600 Arbeitsschichten formulieren. Denn bei schrittweiser Erhöhung der Druckkraftschwelle und (für jede Druckkraftschwelle gesondert) der Zahl der Arbeitsschichten findet sich bei dieser Konstellation erstmals ein Risikoschätzer, der bei Erfüllung des Belastungsspitzen-Kriteriums sehr deutlich oberhalb des Risikoschätzers bei dessen fehlender Erfüllung liegt: Das Exzessrisiko von 2,0 bei Erfüllung des Belastungsspitzen-Kriteriums liegt etwa 54 % über dem Exzessrisiko von 1,3 bei dessen fehlender Erfüllung. Einschränkend ist auch bei der Analyse der Frauen darauf hinzuweisen, dass sich die 95 %-Konfidenzintervalle bei Erfüllung und fehlender Erfüllung des Belastungsspitzen-Kriteriums deutlich überschneiden. Beim Original-MDD ergeben sich bei den Frauen bei sehr geringen Felderbelegungen vergleichsweise niedrige, statistisch überwiegend nicht signifikante Risikoschätzer. Daher sollte das Original-MDD auch bei den Frauen nicht zur Grundlage einer Definition des Belastungsspitzen-Kriteriums herangezogen werden.
Auch bei den Frauen lassen sich die Ergebnisse dieser Sonderauswertung der Deutschen Wirbelsäulenstudie als Bestätigung der in den Konsensempfehlungen aufgeführten Auffassung einer Belastungsspitze als einer Druckkraft von mindestens 4,5 kN werten. Auch die Druckkraft von mindestens 4,5 kN wurde seinerzeit als Experteneinschätzung ohne eine empirische Absicherung, jedoch unter Berücksichtigung empfohlener maximaler LWS-Druckkräfte für die ergonomische Arbeitsgestaltung festgelegt [16].
Fazit
Zusammenfassend sprechen die Ergebnisse der vorliegenden Sonderauswertung der Deutschen Wirbelsäulenstudie dagegen, bei Vorliegen der B2-Konstellation der Berufskrankheiten Nr. 2108 und 2110 (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule) eine „besonders intensive Belastung“ als Positivkriterium für das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Berufskrankheit anzusehen.
Demgegenüber sind die Ergebnisse der vorliegenden Auswertung mit der bereits in den Konsensempfehlungen vorgenommenen Bejahung von Belastungsspitzen ab einer Druckkraft von 6,0 kN bei Männern und 4,5 kN bei Frauen vereinbar. Als „best estimate“ kann von der Erfüllung des Zusatzkriteriums „Belastungsspitzen“ dann ausgegangen werden, wenn in mindestens 600 Schichten des gesamten Berufslebens Tagesdosen von mindestens 2,0 kNh bei Männern bzw. mindestens 0,5 kNh bei Frauen ausschließlich durch die genannten Belastungsspitzen erreicht werden.
Danksagung
Die Autoren danken Herrn Dr. Christoph Schiefer (Institut für Arbeitsschutz der DGUV) für die programmiertechnische Aufbereitung der Expositionsdaten der Deutschen Wirbelsäulenstudie für die vorliegende Sonderauswertung.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
A. Seidler, R. Ellegast, D. Ditchen, M. Jäger und U. Bolm-Audorff geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Überprüfung der für die Begutachtung der BK-Ziffern 2108 und 2110 relevanten Zusatzkriterien „besonders intensive Belastung“ und „besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastungsspitzen“ Sonderauswertung der Deutschen Wirbelsäulenstudie
verfasst von
Prof. Dr. med. Andreas Seidler, MPH Rolf Ellegast Dirk Ditchen Matthias Jäger Ulrich Bolm-Audorff
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