21.09.2018 | Apoplex | editorial
PFO-Verschluss beim kryptogenen Schlaganfall
Erschienen in: InFo Neurologie + Psychiatrie | Ausgabe 9/2018
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In den letzten zwölf Monaten gab es eine Reihe von Studien, die den Einsatz von kardiologischen Interventionen zur Schlaganfallprävention untersuchten. Dazu gehören der Verschluss eines offenen Foramen ovale (PFO) bei kryptogenem Schlaganfall und der Vorhof-Ohrverschluss bei Patienten mit Vorhofflimmern. Die deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN), die deutsche Schlaganfallgesellschaft (DSG) und die deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) haben Leitlinien zum PFO-Verschluss beim kryptogenen Schlaganfall veröffentlicht [1]. Sie beruhen auf den Ergebnissen von vier randomisierten Studien, die in den letzten 15 Monaten erschienen sind. Diese Studien zeigen überzeugend, dass bei Patienten mit kryptogenem Schlaganfall im Alter unter 60 Jahren und großen PFO- oder hohen Shuntvolumen ein interventioneller PFO-Verschluss wirksamer ist, um erneute Schlaganfälle zu verhindern, als eine antithrombotische Therapie mit Thrombozytenfunktionshemmern oder Antikoagulanzien. Die Leitlinien sind evidenzbasiert und müssen daher eine Reihe von weiterhin bestehenden Problemen beim PFO-Verschluss ausklammern:-
Der Nutzen des PFO-Verschlusses ist nur bei Patienten mit kryptogenem Schlaganfall im Alter unter 60 Jahren gezeigt. Eine erhöhtes Schlaganfallrisiko besteht allerdings auch bei über 60-Jährigen mit kryptogenem Schlaganfall und PFO [2], wobei hier aber viele andere Schlaganfallmechanismen wie beispielsweise eine Arteriosklerose hinzukommen. Daher ist weiterhin unklar, ob über 60-jährige Patienten mit einem PFO von einem Verschluss profitieren würden.
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Die großen Studien haben Patienten mit kryptogenem Schlaganfall eingeschlossen. Dieses Konzept ist in der Zwischenzeit verlassen worden und durch den Begriff embolischer Schlaganfall ungeklärter Ursache (ESUS) ersetzt worden [3]. Für die praktische Umsetzung der Leitlinie sollten daher die Kriterien für einen ESUS erfüllt sein, das heißt den Nachweis einer zerebralen Ischämie in der Bildgebung und Ausschluss lakunärer Infarkte, den Ausschluss anderer kardialer Emboliequellen, den Ausschluss einer zerebralem Makro- oder Mikroangiopathie und den Ausschluss seltener Schlaganfallursachen.
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Bisher gibt es keine operationelle Definition ab welcher Größe eines PFO, bei welchem Shuntvolumen und bei welchem funktionellen Ausmaß eines Vorhofseptumaneurysma die Patienten vom PFO-Verschluss profitieren.
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Derzeit wird empfohlen, dass Patienten nach einem PFO-Verschluss für drei bis sechs Monate mit einer dualen Plättchenhemmung behandelt werden. Anschließend soll eine Monotherapie mit Acetylsalicylsäure oder Clopidogrel erfolgen. Hier ist unklar, wie lange eine Thrombozytenaggregationshemmung erfolgen sollte. Sehr wahrscheinlich müssen Patienten, die neben dem PFO die Manifestation einer Arteriosklerose wie eine periphere arterielle Verschlusskrankheit oder eine stabile koronare Herzkrankheit aufweisen, lebenslang mit Thrombozytenfunktionshemmern behandelt werden.
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Der wichtigste Aspekt ist eine enge Zusammenarbeit zwischen interventionellen Kardiologen und Schlaganfallneurologen. Es sollte unbedingt vermieden werden, dass Patienten vom Hausarzt oder einem niedergelassenen Kardiologen zum PFO-Verschluss geschickt werden, ohne dass ein Schlaganfallneurologe die Indikation überprüft.
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Errechnet man für die 1.829 Patienten mit PFO-Verschluss und 1.611 Kontrollen aus allen relevanten randomisierten Studien (CLOSURE I, PC Trial, RESPECT/RESPECT extended, Gore REDUCE, CLOSE, DEFENSE-PRO) die Number-Needed-to-Treat (NNT), dann müssen bei einer absoluten Risikoreduktion von 2,45 % immerhin 41 Patienten behandelt werden, um einen ischämischen Rezidivinfarkt in knapp vier Jahren zu verhindern. Die NNT ist hoch, vor allem wenn man berücksichtigt, dass die meisten Rezidivschlaganfälle in den randomisierten Studien einen geringen Behinderungsgrad hatten. Hier stehen Kosten-Nutzen-Analysen aus, die solche Patienten identifizieren, die besonders von einem PFO-Verschluss profitieren. Bei einer optimalen Patientenselektion dürfte die NNT deutlich geringer sein. Ein weiterer Grund für ein strikt interdisziplinäres Vorgehen.