Kommentar
Das Mesenterium wird seit den 1970er Jahren als Organ mit spezifischem Krankheitswert bei Morbus Crohn diskutiert. 1997 berichtet eine Gruppe aus Bologna nach initialen Beobachtungen an Hasen auch von 20 Crohn-Patienten mit reduzierter chirurgischer Rezidivrate nach ileokolischer Resektion und zusätzlicher Mesenterium-Omentumplastik [
1]. Eine Gruppe aus Frankreich zeigt 2007 in eindrücklicher Art die spezifischen Eigenheiten des „creeping fats“ und Mesenteriums bei Morbus Crohn auf [
4]. In den folgenden Jahren wurde nicht nur die antimesenterielle Anastomose zur bevorzugten Techniken in der Crohn-Chirurgie, auch konnte abseits der großen Veränderungen in der medikamentösen Therapie neuerlich eine Assoziation von chirurgischem Rezidiv und bildgebend auffälligem und verbliebenem mesenteriellem Fettgewebe berichtet werden [
3].
In der hier publizierten retrospektiven Studie wird der mögliche Vorteil durch Mitnahme des ileokolischen Mesenteriums bei Morbus-Crohn-Patienten aufgezeigt. Hierzu wurden operierte Patienten vor 2010 (Kohorte A) mit den Patienten nach 2010 (Kohorte B) verglichen, da die operative Technik in dem Zentrum geändert wurde. Die Auswahl und Erfahrung mit einer neueren medikamentösen Therapie war vor 2010 im Vergleich zu den Jahren danach limitiert, so verwundert es nicht, dass die Kohorte B zum Zeitpunkt der ileokolischen Resektion häufiger mit Biologika vorbehandelt waren. Insofern wurde eventuell die Operationsindikation auch zuvor anders eingeschätzt, jedenfalls war immer ein interdisziplinäres Team dafür zuständig.
Die Patienten zeigen in der multivariaten Analyse als Risikofaktoren zum chirurgischen Rezidiv einmal mehr das Rauchen und den Phenotyp nach Vienna-Klassifikation – auffällig hier: mehr (auch ehemalige) Raucher fanden sich in der Kohorte A, welche deutlich mehr Reoperationen hatte.
Kritisch muss auch gesehen werden, ob Reoperationen im perioperativen Verlauf von Crohn-Patienten tatsächlich von einer Komplikation abseits der Grunderkrankung unterschieden werden können, wie hier in der Einleitung angegeben.
Die mukosalen und mesenteriellen Veränderungen passieren laut der histologischen Befundung in dieser Studie in sehr naher Nachbarschaft und spielen sich in einer Art Transitionszone ab. Bei den Patienten nach 2010 wurde laut Studie – bei kürzerer Resektionlänge – im gesunden Anteil, der auch frei von Fettgewebsveränderungen war, reseziert. Obwohl man in der Kohorte vor 2010 sozusagen darmsparend und makroskopisch am „freien Rand“ des pathologisch wirkenden Darms reseziert hat, ist die Resektionslänge bei Patienten vor 2010 durchschnittlich etwas großzügiger ausgefallen.
Die Studie lässt nicht zuletzt wegen der geringen Patientenzahl offen, ob die niedrigere Rezidivrate hier speziell für Patienten mit ileokolischem Befall und ungeachtet der Art der mesenteriellen Beteiligung (z. B. wie viele mesenterielle Abszesse gab es bildgebend in der Kohorte A) gelten kann. Jedenfalls kann diese Studie die Hypothese einer postoperativ vorteilhaften und geringeren lokalen immunologischen Reaktion im Operationsgebiet bei Morbus-Crohn-Patienten durch die Mitnahme des Mesenteriums und damit von Lymphgewebe [
2] neuerlich unterstützten. Es bleibt aber unklar, ob dies für alle Patienten und Erkrankungsstadien mit Morbus Crohn behauptet werden könnte.
Aktuell laufen einige Studien rund um die mesenterischen Zustände und Zusammenhänge mit der Chirurgie von Morbus Crohn und lassen auf mehr Klarheit in den nächsten Jahren hoffen.
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