Gehirn erholt sich nach Erschütterung langsamer als angenommen

Verminderter zerebraler Blutfluss nach Gehirnerschütterungen kann offenbar über eine klinische Genesung hinaus anhalten. Das wiesen jetzt US-Radiologen bei Sportlern nach. Wenn beim Sport Köpfe zusammen knallen, etwa beim American Football oder auch beim europäischen Fußball, werden messbare Folgen wie Benommenheit, Gedächtnis- und Körperbalancestörungen sowie ihr Verschwinden innerhalb einiger Tage in der Regel klinisch diagnostiziert und beurteilt. Aber es gab immer wieder Hinweise, dass es persistierende Veränderungen im Gehirn geben könnte. Teams um Professor Michael McCrea, Direktor des Brain Injury Research und dem Radiologen Dr. Yang Wang, beide vom Medical College of Wisconsin untersuchen in der Studie GE-NFL Head Health Challenge I, ob, und wenn ja, wie sich der Blutfluss bei betroffenen Sportlern verändert. In die Studie aufgenommen sind mehr als 2000 Football-Spieler (American Football). Beim internationalen Röntgenkongress RSNA 2015 stellte McCrea Daten von 27 Sportlern vor, die nach einer milden Gehirnerschütterung (Schädel-Hirn-Trauma, SHT) im MRT mittels pCASL (pseudo continues advanced arterial spin labeling) untersucht worden waren. Als Kontrollgruppe fungierten 27 Sportler ohne akutes SHT. Das mittlere Alter der Teilnehmer war 17,8 Jahre (+-1,5 Jahre). Die 27 betroffenen Sportler erhielten innerhalb von 24 Stunden nach dem SHT sowie acht Tage nach dem Ereignis jeweils eine ASL-MRT; die Sportler der Kontrollgruppe zu den gleichen Zeitpunkten. Jeweils am Tag der MRT wurden die klinischen Symptome mittels Sport Concussion Assessment Tool 3 (SCAT3) und Standardized Assessment of Concussion (SAC) beurteilt. Dieses Scores waren vor Start der Sportsaison bei allen Probanden routinemäßig erhoben worden. Unterschiede zwischen Klinik und MRT Ergebnisse: In der Kontrollgruppe wurden keine Änderungen im zerebralen Blutfluss nachgewiesen. Anders in der Gruppe der Sportler mit SHT: Nach acht Tagen hatte der zerebrale Blutfluss in mehreren Hirnregionen signifikant abgenommen im Vergleich zur Ausgangsuntersuchung direkt nach dem SHT (p<0.01). Die Scores SCAT3 und SAC waren zu Beginn, also 24 Stunden nach SHT, verändert im Sinne einer deutlichen Einschränkung (unter anderem Gedächtnis, Körperbalance) im Vergleich zum Ausgangsbefund vor der Saison (SCAT p<0.0001, SAC p<0.01). Nach acht Tagen jedoch entsprachen beide Scores wieder den Werten der Routineuntersuchung vor Spielzeitbeginn und denen der Kontrollgruppe. Studien laufen noch Das heißt, obwohl die Probanden mit SHT klinisch komplett wieder hergestellt waren, ließen sich mittels MRT deutliche physiologische Veränderungen nachweisen, die acht Tage nach Trauma sogar noch zugenommen haben, wie McCrea sagte. Wann der Blutfluss wieder komplett normal ist, konnte McCrea noch nicht sagen - diese und weitere Studien laufen noch; Ergebnisse werden bis Ende 2016 erwartet. Außerdem sollen noch weitere Daten erfasst und verglichen werden, etwa wie viele SHT die Probanden vor dem Studien-Ereignis hatten. Welche Empfehlungen kann man zum jetzigen Zeitpunkt also Sportlern nach SHT geben? Auf keinen Fall sollten Sportler nach SHT direkt wieder am Spiel teilnehmen, wie das in der Vergangenheit zumindest bei Profisportlern in den USA der Fall war. Nicht-Profis spielen in der Regel erst nach fünf Tagen wieder. Eine Pause von zum Beispiel 15 Tagen mache aber laut McCrea durchaus Sinn, wenn man die nachgewiesenen Hirnveränderungen betrachte. Gesucht wird auch etwa nach Blutmarkern und genetischen Dispositionen, die mit der nachgewiesenen Hirnveränderung korrelieren, um neben den Scores für die klinischen Symptome auch einfach bestimmbare Marker für Patienten mit SHT zu bekommen.

Springer Medizin

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