Erschienen in:
22.02.2019 | Angst | Originalien
Effekte einer risikoadaptierten Kurzintervention zur Prävention der Chronifizierung bei akuten Rückenschmerzen
Eine clusterrandomisierte Studie in Hausarztpraxen
verfasst von:
Prof. Dr. med. Jean‑François Chenot, MPH, Prof. Dr. rer. biol. hum. Michael Pfingsten, Dr. med. Ulf Marnitz, Prof. Dr. Klaus Pfeifer, Prof. Dr. phil. Thomas Kohlmann, Dr. Gabriele Lindena, Prof. Dr. phil. Dr. rer. med. Carsten Oliver Schmidt
Erschienen in:
Der Schmerz
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Ausgabe 3/2019
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Zusammenfassung
Hintergrund
Ein Teil der Patienten mit akuten Rückenschmerzen chronifiziert. Wichtige Risikofaktoren dafür, die als „yellow flags“ zusammengefasst werden, sind Angst-Vermeidungs-Überzeugungen, depressive Verstimmung, Katastrophisierung und Arbeitsplatzprobleme.
Fragestellung
Das Ziel der Studie bestand darin, zu untersuchen, ob ein Screening auf Chronifizierungsrisiken in Hausarztpraxen kombiniert mit einer risikoadaptierten Gruppenintervention eine Chronifizierung von Rückenschmerzen im Vergleich zur Routineversorgung vermeiden kann.
Methoden
An der clusterrandomisierten, kontrollierten Studie in 35 Hausarztpraxen nahmen 354 Patienten mit akuten Rückenschmerzen teil. Nach Screening auf körperliche oder psychosoziale Risikofaktoren für Chronifizierung durch einen Kurzfragebogen mit 9 Items wurden Patienten im Interventionsarm das „Rückenbuch“ oder standardisierte Gruppeninterventionen als Schulung (4–8 h) angeboten. Die Inhalte der Schulung bestanden in der Vermittlung von Wissen über Rückenschmerzen inkl. psychosozialer Faktoren sowie von Strategien zum Aufbau körperlicher Aktivität. Der primäre Endpunkt war die mit Fragebögen erfasste subjektive Funktionskapazität nach 6 und 12 Monaten. Sekundäre Endpunkte waren der Schweregrad der Rückenschmerzen, Angst-Vermeidungs-Überzeugungen, Depressivität, die Selbsteinschätzung des Gesundheitszustands und die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen.
Ergebnisse
Die Kurzinterventionen hatten keine klinisch relevanten Effekte auf die primären und die sekundären Endpunkte, obwohl die Verläufe in der Interventionsgruppe konsistent leicht positiver waren. Die Adhärenz an die angebotene Intervention war mäßig. Eine Subgruppenanalyse adhärenter versus nichtadhärenter Patienten zeigte konsistent und klinisch relevant günstigere Verläufe bei den adhärenten Patienten.
Schlussfolgerungen
Gegenüber der Routineversorgung führte eine risikoadaptierte Kurzintervention zur Prävention der Chronifizierung bei Patienten mit akuten Rückenschmerzen in Hausarztpraxen nicht zu klinisch relevant besseren Verläufen. Eine Subgruppenanalyse zwischen adhärenten und nichtadhärenten Patienten legt allerdings nahe, dass es dennoch möglich ist, patientenrelevante Endpunkte positiv zu beeinflussen.