Wie man Zerebralvenenthrombosen auf die Spur kommt

Mit der SARS-CoV-2-Vakzine von AstraZeneca sind zerebrale Venenthrombosen auf einmal ins öffentliche Blickfeld geraten. Für Neurologen sind solche Notfälle nichts Neues, dennoch ist die Diagnose dieser seltenen Ereignisse schwierig. Die Inzidenz von Thrombosen der intrakranialen Venen und duralen Sinus liegt laut aktuellen Daten aus der medizinischen Literatur bei 0,3–1,5 je 100.000 Personenjahre. Bis zu 1% aller Schlaganfälle gehen auf solche Thrombosen zurück. Die Vielfalt von Symptomen, unter denen sich Zerebralvenenthrombosen äußern können, macht es schwierig, sie von anderen neurologischen Störungen zu unterscheiden. Dabei tut Eile not, denn Verzögerungen der Diagnose erhöhen das Risiko fataler Folgen. Etwa 20% der Patienten bleiben dauerhaft eingeschränkt, die Mortalität – oft bedingt durch transtentoriale Herniation – liegt bei etwa 5%. Über Diagnose und Versorgung von Patienten mit Zerebralvenenthrombose berichten der Notfallmediziner Anthony Spadaro vom University of Pennsylvania Health System in Philadelphia und Kollegen im Fachjournal American Journal of Emergency Medicine. „Die Diagnose von Zerebralvenenthrombosen ist eine Herausforderung“, schreiben sie. Wichtig sei es, die Risikofaktoren und die Art und Weise zu kennen, in der sich die Patienten präsentieren. Typischerweise handelt es sich bei den von Thrombosen der Zerebralvenen Betroffenen um Frauen unter 50 Jahren. Orale Kontrazeptiva, erbliche Thrombophilie, frühere thromboembolische Ereignisse, maligne Tumoren, kürzlich durchgemachte Infektionen und neurochirurgische Eingriffe zählen zu den wesentlichen Risikofaktoren. Zu den häufigsten Symptomen gehören Kopfschmerzen, gefolgt von fokalen neurologischen Defiziten, Krampfanfällen und verändertem mentalem Status. CT ohne Kontrast ist in der Regel negativ Die Bildgebung hilft bei der Diagnostik weiter, doch ist Vorsicht geboten: Die Computertomografie des Schädels ohne Kontrastmittel fällt in der Regel negativ aus oder zeigt nur unspezifische Befunde. Bei entsprechendem Verdacht ist daher eine computertomografische Venografie oder eine Magnetresonanz-Venografie angezeigt. Die Behandlung besteht unter anderem in der Gabe von Antikoagulativa. Von systemischer Thrombolyse raten europäische Leitlinien ab; das Blutungsrisiko liegt hier bei 11,5%, die Sterblichkeit bei 7,7%. Aggressiv vorzugehen ist zudem gegen Krampfanfälle und erhöhten intrazerebralen Druck. Eine therapeutische Lumbalpunktion kann erwogen werden, auch wenn es keine randomisierten Studien gibt, die einen Nutzen belegen würden. Doch immerhin scheint die Sicherheit der Maßnahme laut der Daten gewährleistet zu sein, wobei allerdings die Risiken zu bedenken sind, die mit Blick auf die Punktion von der Antikoagulation ausgehen können. Der Einsatz von Acetazolamid zur Drucksenkung ist durch die Studienlage und die Leitlinien nicht gedeckt. In ausgewählten Fällen sollten Neurochirurgen und interventionelle Radiologen konsultiert werden. Empfehlung der Redaktion SARS-CoV-2 Neurologie und COVID-19: Gesammelte Beiträge Berichte zu neurologischen Symptomen bei COVID-19 häufen sich. Hintergründe und Fallberichte zu SARS-CoV-2 in der Neurologie und Empfehlungen für die Praxis, finden Sie in dieser Sammlung. Zu den Berichten über zerebrale Sinus- und Venenthrombosen nach Impfungen mit der SARS-CoV-2-Vakzine von AstraZeneca hat die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) inzwischen Stellung genommen. Zwar zählten Kopfschmerzen und andere neurologische Beschwerden zu den Leitsymptomen, so die DGN. Da es allerdings als Impfreaktion bei vielen Personen zu vorübergehenden Kopfschmerzen kommen könne, sei es nicht notwendig, jeden, der nach der Impfung über Kopfweh klage, einer weiterführenden Diagnostik zuzuführen. Diese sollte laut DGN vielmehr Personen vorbehalten bleiben, „die in den ersten zwei bis drei Wochen nach der Impfung über einen Zeitraum von mehreren Tagen neuartige und ungewöhnlich starke Kopfschmerzen bemerken, welche auf die üblichen, frei verkäuflichen Analgetika nicht oder nur unzureichend ansprechen“. In solchen Fällen, besonders aber, wenn sich zusätzliche neurologische Symptome wie halbseitige Lähmungen oder Gefühlsstörungen, Sprachstörungen oder epileptische Anfälle entwickelten, sei umgehend weitere Diagnostik erforderlich. In die Abklärung sollten auch Gerinnungsparameter, Blutbild und Thrombozytenzahl einbezogen werden.

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