Erschienen in:
08.12.2016 | Palliativmedizin | Editorial
„Komm, o Tod, du Schlafes Bruder“
Das Lebensende als Thema in Medizin und Gesellschaft
verfasst von:
Prof. Dr. Lukas Radbruch, Dr. Anke-Christine Saß
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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Ausgabe 1/2017
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Auszug
„Ich will den Kreuzstab gerne tragen“ (BWV 57) ist eine der beliebtesten Kantaten Johann Sebastian Bachs. Er hat sie für den 19. Sonntag nach Trinitatis komponiert. Heute wird sie oft aufgeführt, nicht nur im späten Herbst. Der Schlusschoral „Komm, o Tod, du Schlafes Bruder“ ist vielen durch seine schöne Melodie bekannt. Den anrührenden Text dazu schrieb Johann Franck im Jahr 1653. Sowohl im Text als auch in der Musik dieser Kantate wechseln sich langsame und betrübte Teile mit heiteren ab, wie die fröhlich-beschwingte Arie „Endlich, endlich wird mein Joch wieder von mir weichen müssen“, die in der Mitte der Kantate erklingt. Das Lebensende war zu Bachs Zeiten präsenter als heute, die Gedanken der Menschen dazu waren von ihrer Religion geprägt. In unserer Zeit mit einer langen Lebenserwartung und sehr guten medizinische Versorgung gibt es für diejenigen, die nicht in einem medizinischen oder pflegerischen Beruf tätig sind, oft nur wenige Phasen im Leben, die einen intensiven Kontakt mit dem Lebensende bringen. Das eigene Lebensende liegt für die meisten Erwachsenen noch in weiter Ferne. Viele Menschen sind froh über diesen Abstand, weil sie sich dem Thema nicht (gut) gewachsen fühlen. Andere haben durch Zufälle oder durch bewusste Entscheidung einen beruflichen Weg eingeschlagen, der tagtägliche Begegnungen mit Menschen in der letzten Lebensphase beinhaltet. Sie arbeiten als Palliativmedizinerinnen und -mediziner, Psychologinnen und Psychologen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter oder als Pflegende in der Betreuung Schwerstkranker und Sterbender. Zudem sind viele Ehrenamtliche in der Begleitung von Menschen am Lebensende tätig, zum Beispiel in Hospizen. …