16.02.2021 | Typ-2-Diabetes | Leitthema
Erhöhte Darmpermeabilität: Pathomechanismus für metabolische Erkrankungen?
Erschienen in: Die Diabetologie | Ausgabe 4/2021
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Eine intakte Darmbarriere ist die Schnittstelle zwischen Umwelt‑, Verhaltens- und intrinsisch biologischen Faktoren und stellt einen wesentlichen Parameter der Integrität eines gesunden Organismus dar. Neben ihrer Rolle in einer Vielzahl physiologischer Prozesse kann die Darmmikrobiota zur Beeinträchtigung der Darmbarriere und Veränderung der intestinalen Permeabilität beitragen. Letztere wird sowohl über exogene Faktoren wie Ernährung, Alkohol, Medikamenteneinnahme und pathogene Bakterien als auch über körpereigene Mechanismen, die z. B. durch veränderte Immunabwehr oder gestörte Glukosetoleranz getriggert werden, reguliert. Aufgrund einer erhöhten Darmpermeabilität gelangen verstärkt Bakterien sowie deren Bestandteile in den Kreislauf, was systemisch zur Aggravation einer bestehenden Adipositas sowie einer zunehmenden Insulinresistenz bis hin zu kardiovaskulären Ereignissen beitragen kann. Außerdem kommt es auf der Ebene von Organen und Geweben durch die erhöhte bakterielle Exposition zu einem circulus vitiosus, in dem über eine Schädigung der lokalen Abwehr mit weiterer Erhöhung der Darmpermeabilität eine lokale inflammatorische Aktivierung entsteht, die einen systemischen proinflammatorischen, diabetogenen und atherogenen Status unterhält. Die Modulation der Darmpermeabilität durch Ernährung und andere Interventionen, einschließlich Manipulation des Darmmikrobioms durch Prä‑, Pro- oder Synbiotika, stellt ein potenzielles Präventions- und Behandlungsziel für kardiometabolische Erkrankungen dar, das aber derzeit in der klinischen Praxis noch kaum eine Rolle spielt. Voraussetzung für eine gezielte Therapie, die Veränderungen des Mikrobioms bewirken soll, ist ein besseres Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Mikrobiota und kardiometabolischen Erkrankungen.
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