Erschienen in:
24.02.2017 | Kompartmentsyndrom | Leitthema
Wie entsteht ein akutes Kompartmentsyndrom ohne Trauma?
verfasst von:
Prof. Dr. K. Steuer, V. Steuer
Erschienen in:
Trauma und Berufskrankheit
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Ausgabe 1/2017
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Zusammenfassung
Hintergrund
Das Auftreten eines akuten Oberschenkelkompartmentsyndroms – vermeintlich ohne ein ursächliches Trauma – war Grundlage für eine Analyse der Pathogenese des Kompartmentsyndroms.
Material und Methode
Es wird der Erkrankungsfall eines Spitzensportlers vorgestellt. Als Ergebnis einer Literaturrecherche wird deutlich, das sowohl für das Kompartmentsyndrom als auch die Rhabdomyolyse ein fast identisches pathophysiologisches Geschehen zu erkennen ist.
Ergebnis
Unphysiologische Gewebedrücke im Bereich einer betroffenen Muskulatur können über eine Störung der Energiebereitstellung lokale Durchblutungsstörungen auslösen. Auf zellulärer Ebene resultiert bei einer ungünstigen Konstellation ein Zerfall von Muskelzellen. Eine kaskadenhafte Freisetzung von Zellinhaltstoffen ist zwangsläufige Folge. Die von den lysierten Muskelzellen freigegebenen Muskelinhaltsstoffe bedingen ihrerseits einen weiteren massiven Anstieg des lokalen Gewebedrucks, womit ein fataler und schwer zu durchbrechender Kreislauf geschlossen und aufrechterhalten wird.
Schlussfolgerung
Die dezidierte Kenntnis dieser in einen Circulus vitiosus mündenden pathophysiologischen Abläufe soll die Betreuung des betroffenen Patienten vereinfachen. Bei muskulären Beschwerden sollte die Möglichkeit der Entwicklung eines Kompartmentsyndroms und/oder einer Rhabdomyolyse in Betracht gezogen werden. Wenn man den publizierten Pathophysiologiemodellen für diese Erkrankungen folgt, sollte man die Frage diskutieren, ob die gängigen Therapieverfahren für Muskelverletzungen z. B. nach dem RICE-Schema sinnvoll oder aber eher gefährlich sind. Der Therapeut sollte im Bedarfsfall extrem kurzfristig eine operative bzw. intensivmedizinische Versorgung gewährleisten können, um desaströse klinische Verläufe zu verhindern.