Prüfungssimulation
Fallschilderung
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Vitalparameter: Blutdruck 116/48 mm Hg, Puls 100/min, SpO2 98 % unter Raumluft, Temperatur 37,6 °C, Atemfrequenz 19–30/min
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68-jährige Patientin in nur leicht reduziertem Allgemeinzustand und schlankem Ernährungszustand
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Integument: im Bereich der Arme und Beine wenige kleine Hämatome. Im Bereich der Beine nur sehr wenige Petechien
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Enoral: reizlos, im Bereich der Rachenhinterwand lediglich 1–2 Petechien
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Röntgenuntersuchung des Thorax: kardiopulmonal kompensiert, kein Infiltrat
Prüfungsfragen
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Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose?
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Welche weiteren Untersuchungen würden Sie zur Diagnosesicherung verordnen?
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Welche klinischen Symptome treten bei Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) auf?
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Welche klinischen Notfallsituationen können bei AML auftreten?
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Nach welchen Klassifikationen werden die AML eingeteilt?
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Nach welcher Klassifikation und zu welchem Zweck erfolgt eine Risikostratifizierung?
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Beschreiben Sie den Ablauf der Erstlinientherapie bei AML.
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Welche weiteren Therapiemöglichkeiten stehen zur Verfügung?
Antworten
Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose?
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Leukozyten 60,3 G/l (Referenzbereich 3,0–10,5 G/l)
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87 % Blasten (unreife Vorläuferzellen) im peripheren Blut
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Hämoglobin 67 g/l (Referenzbereich 121–154 g/l)
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Thrombozyten 36 G/l (Referenzbereich 150–450 G/l)
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Laktat-Dehydrogenase 672 IU/l (Referenzbereich < 250 IU/l)
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Progrediente Dyspnoe
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Hämatome und Petechien
Welche weiteren Untersuchungen würden Sie zur Diagnosesicherung verordnen?
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Zytomorphologische Untersuchung des Knochenmarks
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Immunphänotypisierung mittels Durchflusszytometrie aus peripherem Blut und/oder Knochenmark
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Zytogenetische Untersuchung vorzugsweise aus Knochenmark
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Molekulare Diagnostik aus dem Knochenmark und/oder peripheren Blut
Diagnostische Methode | Interpretation |
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Visuelle Differenzierung – peripherer Blutausstrich | Blastenanteil, Dysplasien |
Zytomorphologische Untersuchung von Knochenmarkaspiraten | Blastenanteil, Dysplasien, Ausreifung; FAB-Klassifikation bei akuter myeloischer Leukämie |
Durchflusszytometrie (= multiparametrische Durchflusszytometrie) | Linienzugehörigkeit der akuten Leukämie; Reifegrad einer akuten lymphatischen Leukämie |
Histopathologie und Immunhistochemie | Blastenanteil und Linienzugehörigkeit der akuten Leukämie, Zellularität |
Zytogenetische Untersuchung (vorzugsweise Knochenmark) | Genetischer Subtyp akuter Leukämien; genetisches Risikoprofil |
Molekulardiagnostik (Knochenmark und/oder peripheres Blut) mit PCR-basierten Methoden und/oder Next Generation Sequencing | Genetischer Subtyp akuter Leukämien; genetisches Risikoprofil |
Welche klinischen Symptome treten bei Patienten mit akuter myeloischer Leukämie auf?
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Zytopenien
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Gerinnungsstörungen, ggf. als disseminierte intravasale Gerinnung (DIC). Die Kontrolle des kompletten Gerinnungsstatus ist deshalb obligatorisch.
Welche klinischen Notfallsituationen können bei akuter myeloischer Leukämie auftreten?
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Hyperleukozytose und Leukostase
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Die Hyperleukozytose beschreibt eine leukämiebedingte ausgeprägte Leukozytose mit Werten > 100 G/l.
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Als Leukostase wird ein sekundäres Hyperviskositätssyndrom aufgrund einer Hyperleukozytose bezeichnet. Sie wird hauptsächlich im Rahmen monozytär differenzierter Subtypen der AML beobachtet.
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Die Frühmortalität innerhalb der ersten Woche liegt bei 20–40 %. Eine direkte Korrelation zwischen Zellzahl und Mortalitätsrate ist nicht festzustellen, doch haben Patienten mit respiratorischen oder neurologischen Symptomen eine besonders ungünstige Prognose.Diese Patienten bedürfen einer sofortigen internistischen Intervention (oftmals sind intensivmedizinische Maßnahmen notwendig): forcierte Hydratation, Tumorlyseprophylaxe bzw. -therapie, mitunter Nierenersatzverfahren. Zytoreduktive Maßnahmen mittels Chemotherapie und ggf. Leukapherese sind ebenso essenziell.
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Akute Promyelozytenleukämie (APL)
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Die APL ist ein seltenerer Subtyp der AML.
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Die APL zeichnet sich durch eine reziproke Translokation zwischen den Chromosomen 15 und 17 aus. Dies führt zur Fusion der Gene PML (promyelozytische Leukämie) und RARA (Retinsäurerezeptor α).
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Gefürchtet bei APL sind schwere Blutungen aufgrund von Gerinnungsstörungen (DIC, Fibrinolyse), oftmals mit vitaler Gefährdung und dem Risiko der Frühmortalität.
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Sobald die Diagnose einer APL vermutet wird, sollte eine Therapie mit All-trans-Retinsäure (ATRA), evtl. kombiniert mit Arsentrioxid, gestartet werden – noch vor der weiteren Diagnosesicherung durch genetische Verfahren. Diese Therapie vermag die Gerinnungsstörungen, die häufig mit APL in Verbindung gebracht werden, zu verhindern oder zu begrenzen.
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Bei der Behandlung von Patienten mit APL muss auf die Entstehung eines sog. ATRA-Differenzierungssyndroms geachtet werden (unerklärliches Fieber, Gewichtszunahme, Dyspnoe mit Lungeninfiltraten, Pleura- und Perikarderguss, Hypotonie und Nierenversagen). Die Pathogenese des ATRA-Differenzierungssyndroms ist nur unvollständig bekannt, scheint aber mit der großen Menge ausreifender myeloischer Zellen und deren Produktion von inflammatorischen Zytokinen verbunden zu sein. Somit gilt eine hohe Tumorlast (angezeigt durch hohe periphere Leukozyten) als Risikofaktor. Oft werden Kortikosteroide zur Behandlung des Differenzierungssyndroms eingesetzt.
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Nach welchen Klassifikationen werden die akuten myeloischen Leukämien eingeteilt?
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Die aus den 1970er-Jahren stammende FAB-Klassifikation (Tab. 2) ist ein System zur zytomorphologischen Einteilung von AML, akuten lymphatischen Leukämien (ALL) und myelodysplastischen Syndromen (MDS).
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Während die damaligen Klassifikationen für die ALL und das MDS im diagnostischen Alltag inzwischen weniger Anwendung finden, werden die AML-Fälle nach wie vor gemäß FAB-Klassifikation eingeteilt [1].
M0
| Minimal differenzierte AML |
M1
| Akute Myeloblastenleukämie |
M2
| Akute Myeloblastenleukämie mit Ausreifung |
M3
| APL |
M3v
| Variante der APL |
M4
| Akute myelomonozytäre Leukämie |
M4Eo
| Akute myelomonozytäre Leukämie mit Eosinophilie |
M5
| M5a: akute Monoblastenleukämie M5b: akute Monozytenleukämie |
M6
| Erythroleukämie |
M7
| Akute Megakaryoblastenleukämie |
AML mit rekurrenten genetischen Anomalien
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– AML mit t(8;21)(q22;q22.1); RUNX1-RUNX1T1 |
– AML mit inv(16)(p13.1q22) oder t(16;16)(p13.1;q22); CBF-MYH11 |
– Akute Promyelozytenleukämie mit PML-RARA |
– AML mit t(9;11)(p21.3;q23.3); MLLT3-KMT2A |
AML mit myelodysplasieassoziierten Veränderungen
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Therapieassoziierte myeloische Neoplasie
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AML, nicht anderweitig klassifiziert („not otherwise specified“ [NOS])
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– FAB-Klassifikation |
– Akute Basophilenleukämie |
– Akute Panmyelose mit Myelofibrose |
Myeloisches Sarkom
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Myeloische Down-Syndrom-assoziierte Proliferation
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Nach welcher Klassifikation und zu welchem Zweck erfolgt eine Risikostratifizierung?
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Eine Expertengruppe des European LeukemiaNet (ELN) hat zur besseren Vergleichbarkeit klinischer Studiendaten eine Risikostratifizierung für Patienten mit AML erarbeitet (Tab. 4), die auf zyto- und molekulargenetischen Charakteristika beruht. Diese unterscheidet drei Risikogruppen: günstig, intermediär, ungünstig [3].
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Weiter müssen patientenspezifische Faktoren wie Alter, Komorbiditäten und vorangegangene Radio- oder Chemotherapien sowie die Leukozytenzahl bei Diagnose und Manifestation der AML (medullär/extramedullär) berücksichtigt werden.
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Die Risikostratifizierung ist für die Wahl der Therapie relevant.
Risikogruppe | Genetische Veränderung |
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Günstig
| t(8;21)(q22;q22); RUNX1-RUNX1T1 |
inv(16)(p13.1q22) oder t(16;16)(p13.1;q22); CBFB-MYH11 | |
NPM1-Mutation ohne FLT3-ITD (normaler Karyotyp) | |
CEBPA-Mutation (normaler Karyotyp) | |
Intermediär‑I
| NPM1-Mutation und FLT3-ITD (normaler Karyotyp) |
NPM1-Wildtyp und FLT3-ITD (normaler Karyotyp) | |
NPM1-Wildtyp ohne FLT3-ITD (normaler Karyotyp) | |
Intermediär-II
| t(9;11)(p22;q23); MLLT3-MLL |
Zytogenetische Veränderungen, die nicht als günstig oder ungünstig eingeteilt werden | |
Ungünstig
| inv(3)(q21q26.2) oder t(3;3)(q21;q26.2); RPN1-EVI1 |
t(6;9)(p23;q34); DEK-NUP214 | |
t(v;11)(v;q23); MLL (KMT2A) rearrangiert | |
−5 oder del(5q);−7; abnl(17p); komplexer Karyotyp |
Beschreiben Sie den Ablauf der Erstlinientherapie bei akuter myeloischer Leukämie
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Die Therapie akuter Leukämien erfolgt in mehreren Phasen. Begonnen wird bei AML-Patienten, bei denen ein kurativer Ansatz verfolgt wird bzw. verfolgt werden kann, mit einer intensiven Induktionschemotherapie. Die meisten Induktionsschemata sehen 2 Induktionszyklen vor. Es werden Anthrazykline und Cytarabin kombiniert. Häufig wird das sogenannte 7 + 3-Schema eingesetzt.
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Ziel der Induktionstherapie ist die komplette Remission, also die vollständige Erholung des Blutbilds und eine Minimierung der leukämischen Zellen im Knochenmark.
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Im Anschluss an die Induktionstherapie erfolgt die Konsolidierungstherapie. Diese variiert je nach Risikoeinteilung der Erkrankung. Patienten mit günstigerem Risikoprofil werden mit einer erneuten intensiven Chemotherapie oder autologen Stammzelltransplantation behandelt, Patienten mit ungünstigem Risikoprofil sind Kandidaten für eine allogene Stammzelltransplantation.
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Bei Patienten, die aufgrund eines eingeschränkten Allgemeinzustands oder umfangreicher Komorbiditäten nicht für eine intensive Therapie infrage kommen, werden palliative Therapieregime eingesetzt, oftmals mit hypomethylierenden Substanzen (Azacitidin oder Decitabin). Diese Regime können temporär die Krankheit stabilisieren und das Überleben zumindest verbessern [5].
Welche weiteren Therapiemöglichkeiten stehen zur Verfügung?
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FLT3 ist eine Rezeptortyrosinkinase. Die FLT3-ITD-Mutation ist eine der am häufigsten nachweisbaren Mutationen bei AML. Diese Mutation führt zur verstärkten Aktivierung der betreffenden Rezeptortyrosinkinase und verstärkten Zellproliferation. Sie ist prognostisch ungünstig.
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FLT3 kann durch Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) gehemmt werden. Die entsprechende Wirkstoffgruppe bezeichnet man als FLT3-Inhibitoren. Zu den Substanzen dieser Gruppe gehören u. a. Midostaurin und Gilteritinib. Man spricht auch von „targeted therapies“.
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Weitere Beispiele für neue „targeted therapies“ bei AML sind IDH1- oder IDH2-Inhibitoren für Patienten mit den entsprechenden Mutationen.