Erschienen in:
01.12.2011 | Originalarbeit
Ambivalenz in der psychiatrischen Organisation
Ungewissheit „managen“
verfasst von:
Dr. med. Markus Binswanger
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
|
Ausgabe 4/2011
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Zusammenfassung
In der psychiatrischen Patientenbehandlung erfährt der Bleuler’sche Ambivalenzbegriff seit hundert Jahren in Diagnostik und Therapie vielfältige Verwendung, allerdings meistens in einem auf psychopathologische Phänomene reduzierten Ansatz. In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, ob erweiterte Ambivalenzkonzepte nützlich sein können, aktuelle Herausforderungen und Problemstellungen der institutionellen Psychiatrie zu analysieren und in neues Licht zu setzen. Anhand der Untersuchung der Tätigkeitsfelder von Einzeltherapeuten sowie interdisziplinär zusammengesetzten therapeutischen Teams wird ein breiter Fächer von psychiatriespezifischen Ambivalenzerfahrungen einzelner Berufsgruppen aufgezeigt. Besonderes Augenmerk wird einer ambivalenzorientierten Perspektive des Klinikmanagements vor dem Hintergrund von Ungewissheit und Unübersichtlichkeit gewidmet. In solch unterschiedlichem Kontext eröffnen moderne Ambivalenzkonzepte einerseits neue psychodynamische Verstehensansätze komplexer klinischer Spannungsfelder und erweitern dadurch prinzipiell die Möglichkeiten multimodaler Therapie. Andererseits erweisen sich im Umgang mit unübersichtlichen Führungs- und Planungsaufgaben Sensibilität und Toleranz für Ambivalenzphänomene und -konflikte als ungewohnte, aber umso wertvollere Ressourcen zur Problemlösung.