So geht gute Notfallmedizin – so ginge es noch besser

Der Standard in der Notfallrettung hat ein hohes Niveau erreicht. Doch beim Vergleich mit ausländischen Systemen zeigt sich durchaus Optimierungspotenzial. Simulationstraining und mehr Berufserfahrung sind die Lösung. Fenstersturz Wie ein optimaler Rettungseinsatz aussehen kann, demonstrierte PD Dr. Manuel Struck (Universitätsklinikum Leipzig) anhand eines spektakulären Beispiels: Die 14-jährige Tochter war von ihrer Mutter aus disziplinarischen Gründen in ihrem Zimmer eingeschlossen worden. Beim Versuch sich aus dem Fenster des Hochhauses mit Bettlaken abzuseilen, stürzte das Mädchen in die Tiefe. Die Fallhöhe war erheblich, ließ sich retrospektiv aber nicht mehr exakt rekonstruieren. Der Sturz endete auf dem Asphalt. Aufgrund der zentralen Lage des Unfallorts war der Notarzt in Minutenfrist vor Ort. Fataler Ausgang trotz perfekter Rettungskette Mit der sofortigen Intubation und unter kontinuierlicher Herzdruckmassage stabilisierte Struck die Situation. Zusätzlich wurde, unter der Vorstellung eines Spannungspneus, noch vor Ort eine thorakale Nadelpunktion durchgeführt. Und auch im Schockraum der Universität Leipzig lief alles wie am Schnürchen. Bereits 30 Minuten nach dem Unfall lag die Patientin unter Fortführung der Herz-Druck-Massage im OP. Dort gelang es dann, den Spontankreislauf wieder herzustellen. Das anschließende CT zeigte, trotz der erheblichen Fallhöhe, keine relevanten Verletzungen. Es hätte also gut gehen können. Doch drei Tage später kam es zum befürchteten malignen Hirnödem, an dem das Mädchen schließlich verstarb. Dass sie überhaupt eine Chance hatte verdankte sie der, in Leipzig perfekt organisierten, Rettungskette. Fehler im Notfall Doch leider funktioniert das Rettungssystem nicht immer so gut, kommentierte Struck auf dem Deutschen Anästhesiecongress 2019. Er verwies auf eine rechtsmedizinische Studie, die Bedenkliches zeigt [1]. 2–9 % der Traumapatienten versterben offenbar durch vermeidbare Fehler. Die Inzidenz von Fehlintubationen liegt bei 7 %. 60 % der notfallmäßig platzierten Thoraxdrainagen weisen eine Fehllage auf [2]. Die retrospektive Analyse verweist außerdem auf 30 % der Fälle, in denen im Schockraum vermeidbare Fehler begangen werden. Spitzenreiter ist hier die ZVK-Fehllage, trotz fachlicher Expertise (Oberärzte). Ausbildungsdefizite und falsche Prioritäten Probleme, die PD Dr. Jürgen Knapp (Schweizer Bergwacht, Bern) auf strukturelle Probleme im deutschen Notarztsystem zurückführte. Er bemängelte vor allem, dass zu viele unerfahrene Notärzte tätig sind. Außerdem fehlt es nach seiner Meinung in Deutschland an einem systematischen Simulatortraining. In der Schweizer Bergwacht haben sich solche regelmäßigen Trockenübungen als essenziell erwiesen. Denn nur ein umfassendes Simulationstraining und erfahrene Ärzte sind, wie die Erfolge der Schweizer Bergwacht zeigen, der Garant für effektive Notfallversorgung. Aus der Sicht des Schweizer Notfallmediziners ist es ein unverzeihlicher Missstand, das deutsche Notärzte ihre erste Thoraxdrainage oftmals in einer Notfallsituation vor Ort legen. Statt auf die schnelle Erreichbarkeit einer Klinik zu setzen, sollte man in Deutschland mehr in die Qualität der Ausbildung investieren, rät der Schweizer Notarzt. Basierend auf: Hauptsitzung "Dreimal Notfallmedizin extrem"; Deutscher Anästhesiecongress, 09.-11.5.2019, Leipzig. Alle Inhalte vom DAC 2019 21.05.2019 | DAC 2019 | Kongressbericht | Nachrichten Ab wann intervenieren bei intraoperativer Hypotonie? 22.05.2019 | DAC 2019 | Kongressbericht | Nachrichten Juristische Fallstricke am Lebensende 22.05.2019 | DAC 2019 | Kongressbericht | Nachrichten So geht gute Notfallmedizin – so ginge es noch besser 22.05.2019 | DAC 2019 | Kongressbericht | Nachrichten Neue Leitlinie "Prolongiertes Weaning" – ein Ausblick 21.05.2019 | DAC 2019 | Kongressbericht | Nachrichten Cannabis als Medikament? 22.05.2019 | DAC 2019 | Kongressbericht | Nachrichten So macht die Mischinfusion, was sie soll 21.05.2019 | DAC 2019 | Kongressbericht | Nachrichten Neue Biomarker für die subklinische akute Niereninsuffizienz 20.05.2019 | DAC 2019 | Kongressbericht | Nachrichten Aktuelles aus der Schmerzmedizin 23.05.2019 | DAC 2019 | Kongressbericht | Nachrichten Ist uns „Sichtung“ überhaupt möglich?

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