Welche Rolle haben werdende Väter im Kreißsaal?

Werdende Väter spielen im Kreißsaal die zweite Geige. Im Vordergrund müssen die Wünsche der Frau stehen. Für die langfristige Vater-Kind-Beziehung hat es durchaus Vorteile, wenn der „Papa“ die Geburt miterlebt. Die Zeiten, in denen der werdende Vater vor dem Kreißsaal einsam seine Runden zog und auf das erlösende Wort der Hebamme wartete, sind längst vorbei. Seit den 1980er Jahren ist der Anteil der Männer, die während der Geburt ihre Partnerin begleiten, deutlich gestiegen und liegt aktuell zwischen 80 und 90%. „Selbst bei Paaren, die sich in der Schwangerschaft getrennt haben, ist der Partner häufig bei der Geburt dabei“, so Prof. Dr. Michael Abou-Dakn, Chefarzt Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, St. Joseph Krankenhaus, Berlin Tempelhof: „Es ist Normalität, dass der Vater dabei ist. Beweggründe sind die Unterstützung der Partnerin, der Aufbau einer Vater-Kind-Beziehung aber auch Vaterstolz und Kontrolle. Und für viele Väter besonders wichtig: die Durchtrennung der Nabelschnur. Kein Einfluss auf Geburtsverlauf Aber ist der Papa in spe für den Geburtsverlauf tatsächlich wichtig? Blickt man auf evidenzbasierte Effekte dann eher nicht. „Es gibt keinen nachweisbaren Einfluss auf den Geburtsverlauf, die Komplikationsrate oder das geburtshilfliche Outcome durch die Anwesenheit des Partners oder von Angehörigen“, so Abou-Dakn. Die Zufriedenheit mit dem Geburtsverlauf ist stark von der Autonomie der Frau beeinflusst. Väter oder andere Angehörige sollten daher darauf vorbereitet werden, unabhängig von eigenen Wünschen und Ängsten den Wunsch der Frau zu unterstützen. Ob die Teilnahme des Partners an der Geburt Einfluss auf die weitere Paarbeziehung oder Sexualität hat, lässt sich mangels Langzeitdaten nicht sagen. Sicher aber ist, dass das Geburtserlebnis vom Vater umso positiver beurteilt wird, je älter er ist. Noch die Enkelkinder profitieren Auf die kurz- und langfristige Bindung zum Kind hat die Teilnahme an der Geburt bei Männern, die dabei sind wollen – „und das ist nicht immer der Fall“, schränkte Abou-Dakn ein – allerdings einen durchaus positiven Effekt. Das frühe Engagement der Väter bleibt über Jahre bestehen, selbst bei den Enkelkindern ist das Engagement besser. Das Bindungshormon Oxytocin wird auch bei den frisch gebackenen Vätern, ähnlich wie bei den Müttern, bei Berührung und Blickkontakt mit dem Säugling ausgeschüttet. Der Testosteronspiegel fällt ab. Väter, so Abou-Dakn, müssen nicht zwingend bei der Geburt ihres Kindes dabei sein. Wenn sie sich aber dafür entscheiden, sollten sie vorbereitet sein, etwa in speziellen Männervorbereitungskursen. Männer postpartum nicht vergessen Auch nach der Geburt sollten die Männer nicht vergessen werden. Gerade in den ersten Wochen nach der Geburt sind sie interessiert und empfänglich für gesundheitliche Aspekte, wie etwa den künftigen Verzicht auf das Rauchen. Die frisch gebackenen Väter sollten deshalb postopartum aktiv in die Betreuung von Mutter und Kind einbezogen werden. Nicht zu vergessen: Auch bei Männern gibt es eine Wochenbettdepression. Basierend auf: Wissenschaftliche Sitzung: „Psychosomatik der Schwangerschaft und Geburt: Sinn und Unsinn der Geburtsbegleitung durch Angehörige und Partner“, 62. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Berlin, 31.10 bis 3.11.2018 Empfehlung der Redaktion Kongress DGGG 2018 Alle Berichte von dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) 2018 finden Sie in diesem Dossier. Ein Highlight in diesem Jahr war das Thema "Psychosomatik in der Geburtshilfe". Dabei wurden neben der Rolle werdender Väter im Kreißsaal und Konzepten zur Nachbesprechung der Geburt auch die Ängste und Traumatisierungen der Geburtshelfer selbst in den Mittelpunkt gerückt.

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