Erschienen in:
01.10.2020 | Demenz | Editorial
Die Suche nach neuen Wohn- und Versorgungsformen für auf Pflege angewiesene Personen und Menschen mit Demenz
verfasst von:
Prof. Dr. habil. Thomas Klie, Prof. Dr. Frank Oswald
Erschienen in:
Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie
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Ausgabe 6/2020
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Auszug
Bei diesem Themenschwerpunkt werden aktuelle empirische Befunde zu ambulant betreuten Wohngemeinschaften zusammengeführt. Ambulant betreute Wohngemeinschaften leisten in regional höchst unterschiedlicher Art und Weise einen Beitrag zur Versorgungsinfrastruktur sowie zur Vielfalt von Lebenswelten im Alter und stehen dabei für eine wohnortnahe Versorgung. Von einer einheitlichen Definition und gleichmäßigen Verteilung sowie Verfügbarkeit von Wohngemeinschaften im Bundesgebiet kann allerdings keine Rede sein. Das unterstreichen die Beiträge von Stiefler et al. und Heislbetz et al. Worin sich ambulant betreute Wohngemeinschaften von wohngruppenorientierten Versorgungskonzepten in der stationären Pflege unterscheiden, beleuchtet der Beitrag von Steiner. Ambulant betreute Wohngemeinschaften stehen nicht nur für kleinräumige Versorgungseinheiten, sondern auch für neue Formen des Zusammenwirkens von Professionellen, An- und Zugehörigen sowie Ehrenamtlichen. Als solche genießen sie heimrechtliche Privilegierungen und können die Bewohner*innen zusätzliche Leistungen der Pflegeversicherung für ein Wohngruppenmanagement in Anspruch nehmen. Ob und inwieweit dadurch eine besondere Qualität der Versorgung gewährleistet wird, ist Gegenstand des Beitrages von Heislbetz et al. Die psychische Belastung von Mitarbeitenden in der stationären Pflege, insbesondere in der Versorgung von Menschen mit Demenz, ist zu einem zentralen Thema der Personalarbeit in der Langzeitpflege avanciert. Der Beitrag von Leopold et al. verweist darauf, dass unter bestimmten Bedingungen ambulant betreute Wohngemeinschaften ein deutlich niedrigeres Belastungsniveau für die Mitarbeiter*innen mit sich bringt und insofern als ein vergleichsweise attraktiver Arbeitsplatz in der Langzeitpflege erscheint. Obwohl nur 1,7 % der Bevölkerung die Chance haben, als Pflegebedürftige in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft versorgt zu werden, haben sich in der Bevölkerung die Versorgungspräferenzen im Falle von Pflegebedürftigkeit und Demenz deutlich verändert. Der Beitrag von Haumann zeigt auf, dass ambulant betreute Wohngemeinschaften häufig präferierte Versorgungsformen darstellen, die, obwohl kaum verbreitet, ähnlich wie Hospize mit Sympathiewerten in der Bevölkerung verbunden sind. Der Hybridität von ambulant betreuten Wohngemeinschaften in ihrem Betrieb entspricht eine komplexe Rechtslage, die in dem Beitrag von Klie vorgestellt wird. Sie ist im föderalen System der Bundesrepublik höchst different und wirkt sich auf der einen Seite behindernd aus, verlangt nach flankierenden Governance-Strukturen, um ambulant betreute Wohngemeinschaften mit einer Infrastrukturrelevanz auszustatten. Sie dienen allerdings auch der Sicherung fachlicher Qualität. Für die gerontologische und Versorgungsforschung stellen ambulant betreute Wohngruppen und Wohngemeinschaften interessante Innovationswerkstätten dar, die aus unterschiedlichen disziplinären und mit unterschiedlichen methodischen Perspektiven auch weiterhin der Beforschung verdienen. …