Erschienen in:
01.02.2007 | Leitthema
Einführung in die Bisphosphonate
Geschichte und Wirkungsmechanismen
verfasst von:
Prof. H. Fleisch
Erschienen in:
Die Orthopädie
|
Ausgabe 2/2007
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Zusammenfassung
Die Entwicklung der Bisphosphonate basierte auf unseren Untersuchungen in den 1960er Jahren zum Mechanismus der Verkalkung. Es erwies sich, dass biologische Flüssigkeiten Hemmkörper der Verkalkung enthielten, die wir dann als anorganisches Pyrophosphat identifizierten.
Pyrophosphat, das schon seit langem (wie auch längere Polyphosphate) als Wasserenthärter gebraucht wurde, um die Kalziumkarbonatbildung zu hemmen, hatte die Eigenschaft auch die Kalziumphosphatkristallbildung und -auflösung zu hemmen. Falls parenteral (aber nicht wenn oral) verabreicht, hemmten sie auch experimentell erzeugte Verkalkungen in vivo beim Tier. Die fehlende Wirkung bei oraler Applikation und auf die Knochenzerstörung wurde auf ihre enzymatische Spaltung im Körper zurückgeführt. Somit suchten wir nach Analogen, die ähnliche Eigenschaften besaßen, aber biologisch nicht abgebaut würden. Die Bisphosphonate, die statt einer P-O-P- eine P-C-P-Gruppe aufweisen, erfüllten diese Kriterien. Auch sie wurden industriell u. a. als Wasserenthärter gebraucht und sind seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt. Sie binden sich wie Pyrophosphat an Kalziumphosphatkristallen und hemmen sowohl die Kalziumphosphatbindung und -zerstörung. In vivo hemmen sie die Mineralisation wie auch die Knochenzerstörung.
Während die 1. Wirkung durch einen physikalisch-chemischen Mechanismus erklärt ist, ist die 2. zellulär bedingt – sie besteht in der Hemmung der Bildung, Lebensdauer und Aktivität der Osteoklasten. Der molekulare Mechanismus hängt von der Struktur der Bisphosphonate ab. Die strukturell einfacheren (ohne Stickstoff) inkorporieren die P-C-P-Verbindung in ATP-enthaltende Moleküle und werden für die Osteoklasten toxisch. Die aktiveren, Stickstoff enthaltenden Bisphosphonate hemmen den Mevalonat-Stoffwechsel in Folge einer spezifischen Hemmung von Farnesylpyrophosphatsynthase. Dies führt zur Verminderung von Geranylgeranylpyrophosphat, das für den Osteoklasten lebenswichtig ist.