Die Lumbalpunktion ist der wichtigste labordiagnostische Zugang zu den Erkrankungen des Zentralnervensystems. Die dadurch gewonnene Flüssigkeit aus dem lumbalen oder subokzipitalen Liquorraum ist die Grundlage zur Beurteilung entzündlicher und degenerativer Erkrankungen des Zentralnervensystems.
Wegen des besonderen Charakters des Eingriffs bei der Gewinnung von Liquor bedarf es zu seiner Indikation einer besonders strengen Fragestellung, die teilweise mit einer therapeutischen (z. B. Entlastung bei hohem Liquordruck) oder anderen diagnostischen Maßnahme (z. B. Eingabe von Kontrastmittel) gekoppelt sein kann.
Präanalytik
Die Entscheidung über den Ort der Gewinnung von Liquor ist von anatomischen und medizinischen Kriterien abhängig. Der Ort der Entnahme ist in jedem Fall festzuhalten. Die Punktionsstelle wird desinfiziert und mit einem Lokalanästhetikum schmerzfrei gemacht.
Wahl der Punktionsnadel (Störgröße: artifizielle Blutkontamination):
Sprotte-Kanüle mit Introducer für Haut-Vor-Punktion und Kanüle mit konisch abgerundeter Spitze, Öffnung seitlich für atraumatische Punktion (Sprotte-Nadel)
Quincke-Kanüle mit schräger Öffnung (Durchmesser 0,7–1,2 mm) mit Traumatisierung von Durafasern; dadurch Leck mit epiduralem Liquorabfluss (postpunktionelles Liquorunterdrucksyndrom mit Reizpleozytose und Liquorproteinerhöhung [Störgrößen]) (Quincke-Schliff)
Die Punktion erfolgt vorwiegend mit atraumatischen Nadeln sagittal und nach oben gerichtet. Erste austretende Tropfen Liquor werden verworfen und die benötigte Menge in ein steriles Röhrchen tropfen lassen. Die notwendige Probenmenge beträgt 2 mL für mikrobiologische und 5–10 mL für zytologische und klinisch chemische Untersuchungen (3–5 mL von Kindern). Diese sind in 1–3 durchsichtige Röhrchen (skaliert und steril mit Schraubverschluss beschriftet) zu verteilen (Liquor-Drei-Gläser-Probe).
Zusätzliche Proben: 1–2 mL venöses Blut in Na-Fluorid-EDTA-Röhrchen, 5 mL venöses Blut zur Serumgewinnung, 5 mL Heparin-CSF/Blut für PCR-Diagnostik. (unterschiedliche Probenstabilität einzelner Kenngrößen s. dort).
Einflussgröße: ventrikellumbale Gradienten z. B. von CSF-Zellen (Liquorzellzählung; Liquordifferenzialzellbild), CSF-Proteinen (Liquorprotein, QAlbumin, Liquorimmunantwort, humoral, QIgG, QIgA, QIgM), CSF-Substraten (Liquorglukose); Gradientennivellierung durch sorgfältiges Mischen ausgesuchter Liquorportionen
Störgröße bei Zellzählung: Probenröhrchen mit Zusatz von z. B. EDTA, Na-Fluorid
Störgröße: Entzellung bei Zentrifugation >220 g und Zimmertemperatur mit Zellzerstörung (Leukozytenreste, Hämolyse) und/oder Festwinkelrotor (kein Zellsediment).
Störgröße: artifizielle Blutkontamination: mehr oder weniger stark ausgeprägt bei etwa der Hälfte aller CSF-Proben infolge intralumbaler Venenverletzung; Erkennung und Evaluation mittels Liquor-Drei-Gläser-Probe
Die Probe wird verschlossen umgehend ins Labor transportiert (bis zu einer Stunde ohne Kühlung). Bis zu 3 Stunden nach Ankunft ist eine Untersuchung möglich, wenn die Probe gekühlt wurde. Einfrieren ist nicht sinnvoll, da Bakterien und/oder Zellen zerstört werden können.
Literatur
Felgenhauer K, Beuche W (1999) Labordiagnostik neurologischer Erkrankungen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart
Guder WG, Narayanan S, Wisser H, Zawta B (2000) Proben zwischen Patient und Labor, 2. Aufl. GIT-Verlag, Darmstadt
Kleine TO (1980) Liquordiagnostik: Untersuchungen mit Schnelldiagnostica. Untersuchungen zur Adsorption von Proteinen in Glas- und Kunststoffröhrchen. J Clin Chem Clin Biochem 18:7–11PubMed
Oschmann P, Kunesch E, Zettl UK (2005) Liquorpunktion – Indikation, Techniken und Komplikationen. In: Zettl UK, Lehmitz R, Mix E (Hrsg) Klinische Liquordiagnostik, 2. Aufl. W. de Gruyter, Berlin/New York, S 21–38