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Thyreotropin

Verfasst von: W. Hubl
Thyreotropin
Synonym(e)
Thyreoidea-stimulierendes Hormon; thyreotropes Hormon; TSH
Englischer Begriff
thyroid stimulating hormone; thyrotropin
Definition
Das Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) stellt ein Proteohormon dar und wird im Hypophysenvorderlappen gebildet. Die wichtigste Funktion des TSH ist die Regulation der Synthese der Schilddrüsenhormone.
Struktur
Thyreotropin besteht aus einer unspezifischen α-Untereinheit, die mit anderen Proteohormonen (LH, FSH, HCG) identisch ist, und einer TSH-spezifischen β-Untereinheit.
Molmasse
Ca. 28 kDa.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Thyreotropin wird in den basophilen, thyreotropen Zellen des Hypophysenvorderlappens gebildet. Die Synthese wird durch TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon) einerseits und über den Feedbackmechanismus durch erniedrigte Schilddrüsenhormon-Konzentrationen andererseits stimuliert.
Halbwertszeit
50 Minuten.
Funktion – Pathophysiologie
Thyreotropin steuert die Schilddrüsenfunktion über die Bindung an die TSH-Rezeptoren der thyreoidalen Follikelzellen. Hierbei werden die Adenylatzyklase und die Phospholipase C aktiviert, die Funktion und Wachstum der Schilddrüse kontrollieren. Der TSH-Rezeptor wird durch ein einzelnes Gen kodiert, das über 60 Kilobasen lang ist. Mutationen dieses Gens verbunden mit einer klonalen Expansion scheinen für die chronische Stimulation verantwortlich zu zeichnen, die zu toxischen Follikeladenomen führen.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, Plasma, 1 Blutstropfen für das Neugeborenen-Screening.
Probenstabilität
Blut auf Filterpapier (Neugeborenenscreening): 20–25 °C 7 Tage; Serum, Plasma: 20–25 °C 1 Tag, 4–8 °C 7 Tage, −20 °C 6 Monate.
Präanalytik
Medikamenteneinflüsse: erhöht unter Thyreostatika, Metoclopramid, Psychopharmaka, erniedrigt unter Schilddrüsenhormone, Glukokortikoide, Dopamin, L-Dopa.
Analytik
Qualitätskriterien für einen TSH-Test (Leitlinien):
TSH-Test-Qualitätskriterien
 
Funktionelle Assay-Sensitivität
<0,1 mIU/L
Messung von WHO- oder Medical-Research-Council-(MRC-)Standards
+5 %
Sichere Trennung von euthyreoten und hyperthyreoten Patienten. Überlappung
<1 %
Kein Highdose-Hook-Effekt
≥300 mIU/L
Parallelität von Verdünnungskurven der Patientenseren zur Standardkurve
+10 %
Kreuzreaktionen mit anderen Proteohormonen
<0,01 %
Konventionelle Einheit
mU/L.
Internationale Einheit
mIU/L.
Referenzbereich – Erwachsene
 
Frauen (mIU/L)
Männer (mIU/L)
Median
1,101
1,101
Gesamtbereich
0,170–4,23
0,170–4,23
Schwangerschaft – 1. Drittel
0,4–2,5
 
Schwangerschaft – 2. Drittel
0,4–3,0
 
Schwangerschaft – 3. Drittel
0,4–3,5
 
Referenzbereich – Kinder
Neugeborene und Kleinkinder:
Alter
TSH (mIU/L)
Ratio: TSH Kind/Erwachsene
Neugeboren (Nabelschnurblut)
1,3–20
4,49
Geburt
1,3–19
4,28
3. Lebenstag
1,1–17
3,66
10 Wochen
0,6–10
2,13
14 Monate
0,4–7,0
1,4
Kinder (KIGGS-Studie):
Alter
TSH (mIU/L)
Jungen
TSH (mIU/L)
Mädchen
4 Jahre
1,2–5,1
1,1–4,3
5 Jahre
1,1–5,1
1,1–4,5
6 Jahre
1,1–5,0
1,1–4,7
7 Jahre
1,1–5,0
1,1–4,8
8 Jahre
1,1–4,9
1,1–4,8
9 Jahre
1,1–4,8
1,1–4,8
10 Jahre
1,1–4,7
1,0–4,7
11 Jahre
1,0–4,6
1,0–4,6
12 Jahre
1,0–4,5
0,9–4,3
13 Jahre
1,0–4,3
0,9–4,1
14 Jahre
0,9–4,2
0,8–3,9
15 Jahre
0,9–4,0
0,8–3,8
16 Jahre
0,9–3,8
0,7–3,6
17 Jahre
0,8–3,6
0,7–3,6
Indikation
Interpretation
  • TSH normal: primäre Schilddrüsenfunktionsstörung ausgeschlossen
  • TSH erniedrigt: manifeste primäre Hyperthyreose, subklinische Hyperthyreose bei normalen Schilddrüsenhormonwerten
  • TSH erhöht: manifeste primäre Hypothyreose, subklinische Hypothyreose bei normalen Schilddrüsenhormonwerten
  • TSH erhöht >50 mIU/L: Neugeborenenscreening: angeborene Hypothyreose
Diagnostische Wertigkeit
Die TSH-Bestimmung stellt den empfindlichsten Parameter sowohl zum Nachweis als auch zum Ausschluss einer Schilddrüsenfunktionsstörung dar.
Normale TSH-Konzentrationen schließen eine primäre Schilddrüsenfunktionsstörung aus. Zur früheren Diagnostik einer subklinischen Hypothyreose insbesondere in Iodmangelgebieten schlägt die National Academy of Clinical Biochemistry eine Absenkung der oberen TSH-Referenzwertgrenze auf 2,5 mIU/L vor. Andere Untersuchungen empfehlen einen Grenzwert im Bereich von 2,5–3,0 mIU/L. Zur Vermeidung einer Übertherapie sollten jedoch weitere Studien abgewartet werden, die einen eventuell positiven klinischen Effekt einer Therapie ab 2,5 mIU/L ausreichend belegen. In der Schwangerschaft gilt diese niedrigere TSH-Grenzwertgrenze von 2,5–3,5 mIU/L aufgrund des höheren Bedarfs an Schilddrüsenhormonen als gesichert (s. Tabelle unter „Referenzbereich – Erwachsene“).
Im Rahmen des Neugeborenenscreenings werden angeborene Hypothyreosen bei TSH-Konzentrationen von 50–100 mIU/L mit einer diagnostischen Sensitivität von 97 % und über 100 mIU/L von 100 % erfasst. Die diagnostische Spezifität liegt bei TSH-Konzentrationen unter 50 mIU/L bei 100 %.
Literatur
Brabant G, Luster M, Schmid KW et al (2015) Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen. In: Lehnert H (Hrsg) Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel. Thieme-Verlag, Stuttgart, S 98–105
Garber JR, Cobin RH, Gharib H et al (2012) Clinical practice guidelines for hypothyroidism in adults: cosponsored by the American Association of Clinical Endocrinologists and the American Thyroid Association. Thyroid 22:1200–1235CrossRefPubMed
Kratzsch J, Fiedler GM, Leichtle A et al (2005) New reference intervals for thyrotropin and thyroid hormones based on National Academy of Clinical Biochemistry criteria and regular ultrasonography of the thyroid. Clin Chem 51(8):1480–1486CrossRefPubMed
Publikationsliste zur Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) (2009) Bevölkerungsbezogene Verteilungswerte ausgewählter Laborparameter aus der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS). Robert Koch-Institut/TSH, Berlin, S 54–57
Thomas L (Hrsg) (2012) Schilddrüsenfunktion. In: Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. TH-Books Verlagsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main, 8. Aufl., 1718–1752