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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 26.07.2023

Frakturen der Metatarsalia und Zehen im Kindesalter

Verfasst von: Philipp Schwerk, Guido Fitze und Stefan Rammelt
Verletzungen des Fußes machen insgesamt ca. 13 % aller Frakturen im Kindesalter aus, wobei die überwiegende Anzahl der traumatischen Verletzungen die Ossa metatarsalia und die Zehen betreffen. Ursächlich sind direkte und indirekte Kräfte, die auf den Kinderfuß einwirken. Metatarsale- und Zehenfrakturen zeigen generell ein geringes Komplikationsspektrum und sind meist, mit sehr gutem funktionellem Ergebnis, konservativ zu therapieren. Ausnahmen sind offene Verletzungen, schwere Quetschtraumata und Verletzungen der Wachstumsfugen v. a. an der Großzehe.

Einleitung

Verletzungen des Fußes machen insgesamt ca. 13 % aller Frakturen im Kindesalter aus, wobei die überwiegende Anzahl der traumatischen Verletzungen die Ossa metatarsalia und die Zehen betreffen. Ursächlich sind direkte und indirekte Kräfte, die auf den Kinderfuß einwirken. Metatarsale- und Zehenfrakturen zeigen generell ein geringes Komplikationsspektrum und sind meist, mit sehr gutem funktionellem Ergebnis, konservativ zu therapieren (Petnehazy et al. 2015; Rammelt et al. 2016). Ausnahmen sind offene Verletzungen, schwere Quetschtraumata und Verletzungen der Wachstumsfugen vor allem an der Großzehe (Rammelt et al. 2013).

Frakturen der Ossa metatarsalia

Allgemeines

Inzidenz

Neben Frakturen im Bereich der Phalangen spielen Metatarsalefrakturen die größte Rolle im Rahmen von Fußverletzungen im Kindesalter. Sie weisen eine Inzidenz von 4 % auf und machen ca. 61 % aller Fußfrakturen bei Kindern aus (Owen et al. 1995; Singer et al. 2008). Wie auch die Frakturen im Bereich der Phalangen kann der Großteil der Metatarsalefrakturen konservativ mittels Ruhigstellung therapiert werden. Am häufigsten sind der 1. und 5. Strahl (ca. 58 %) betroffen, wobei sich hier eine deutliche Altersabhängigkeit zeigt. Bei Kindern unter 5 Jahren ist der erste Strahl die häufigste Frakturlokalisation und wird dann, jenseits des 5. Lebensjahres, vom 5. Strahl abgelöst (Singer et al. 2008). Dabei stellt das Os metatarsale 5 bei Kindern, wie auch im Erwachsenenalter, die insgesamt dominierende Frakturlokalisation dar (Owen et al. 1995).
Des Weiteren zeigt sich ein deutlicher Altersunterschied bei den Unfallmechanismen. Vor dem 5. Lebensjahr überwiegen Sprünge aus unterschiedlicher Höhe, während jenseits des 5. Lebensjahres eher Unfälle auf Bodenniveau überwiegen (direkte Traumata, Distorsionstrauma, Überrolltrauma usw.).
Der Anteil an multiplen Metatarsalefrakturen liegt in der Literatur etwa zwischen 18 und 28 %, wobei Einzelfrakturen am häufigsten den 1. und 5. Strahl betreffen, während Frakturen des 2.–4. Strahls häufig mit Frakturen anderer Metatarsalia verbunden sind (Singer et al. 2008).

Besonderheiten

Als Besonderheit sei hier auf die Stressfrakturen hingewiesen. Stressfrakturen sind an allen Knochen des Kinderfußes beschrieben, wobei die Fraktur des Metatarsale II am häufigsten genannt werden. In der Regel betrifft die Stressfraktur sportlich aktive Adoleszente mit sehr hoher Trainingsintensität. Klinisch dominieren Schmerzen ohne Schwellung. Die Diagnosestellung ist durch initial häufig unauffällige röntgenologische Diagnostik erschwert (Ribbans et al. 2005). Bei Beschwerdepersistenz empfiehlt sich ein MRT durchzuführen.

Entwicklung und Wachstum

Die Entwicklung des Fußskeletts erfolgt über direkte (desmale) Ossifikation und indirekte (chondrale) Ossifikation. Die Ossifikationszentren des Fußes sind teilweise bereits bei der Geburt vorhanden oder bilden sich meist innerhalb des 1. Lebensjahres (Abb. 1). Der radiologische Nachweis erfolgt häufig verzögert. Die Ossifikationszentren der Metatarsalia und Phalangen erscheinen etwa mit 5 Jahren. Das Fußskelett zeigt bezüglich des Wachstumsabschluss eine große interindividuelle Varianz. Das Längenwachstum des Fußes findet jedoch vergleichsweise schnell statt. Ein wesentlicher Anteil des Längenwachstums des Kinderfußes ist bereits zum 5. Lebensjahr abgeschlossen. (Blais et al. 1956). Zwischen dem 1. und 2. Lebensjahr hat der Fuß bereits 50 % seiner Gesamtlänge erreicht. Im Alter von 12 Jahren weist der Fuß 96 % (Mädchen) bzw. 88 % (Jungen) seiner Gesamtlänge auf. Dieses beschleunigte Wachstum und die daraus resultierende, frühzeitig erreichte endgültige Länge der Knochen muss bei der Einschätzung eines Wachstumsausgleiches bedacht werden.
Phalangen und Mittelfußknochen haben jeweils nur eine Epiphysenfuge. Os metatarsale 1 und die Phalangen I–V haben jeweils eine basale Fuge. Die Ossa metatrsalia II–V haben jeweils eine subkapitale Fuge (Abb. 1).

Spontankorrektur und Wachstumsstörungen

Zu den Spontankorrekturen findet sich in der Literatur keine höhergradige Evidenz. Für ihr Vorhandensein spricht das extrem seltene Auftreten posttraumatischer Fehlstellungen im Kindes- und Jugendalter. Nach v. Laer et al. (2012) finden spontane Korrekturen überwiegend in der Frontalebene statt. Achsabweichungen in der Sagittalebene zeigen laut diesem Standardwerk nur eine geringe Spontankorrektur, ohne dass auf spezifische Studien hierfür verwiesen wird. Insbesondere Plantarknicke können bei Überschreiten der Spontankorrektur im weiteren Verlauf eine mechanisch bedingte Metatarsalgie verursachen. Nach dem amerikanischen Standardwerk Green’s Skeletal Trauma in Children (Parikh und Denning 2020) findet auch in der Sagittalebene eine Spontankorrektur statt. Studien, die dies belegen, werden jedoch auch von diesen Autoren nicht angeführt. Rotationsfehler werden nur gering bzw. nicht in adäquater Zeitspanne korrigiert (v. Laer et al. 2012).
Ein reiner ad latus-Versatz bleibt in der Regel folgenlos. Nur bei massivem Achsenknick in der Horizontalebene besteht die Gefahr der Ausbildung eines posttraumatischen Hallux valgus bzw. Digitus quintus varus (Zwipp et al. 2014). Wachstumsstörungen sind eine extrem seltene Komplikation nach wiederum sehr seltenen dislozierten Epiphysenfrakturen (Parikh und Denning 2020).

Apophysen und akzessorische Knochen

Apophyse: An der Basis des Os metatarsale 5 sind akute Frakturen von der physiologisch vorkommenden Apophyse abzugrenzen (Abb. 2a). Der Knochenkern erscheint bei Mädchen im 10., bei Jungen im 12. Lebensjahr und persistiert für 2 Jahre. Die Apophyse kann im Rahmen einer juvenilen Traktionsapophysitis (M. Iselin) symptomatisch werden, welche in der Regel selbstlimitierend ist (Lehman et al. 1986).
Eine seltene Skelettvariation (Prävalenz < 1 %) an der Metatarsale 5-Basis ist ein separates Ossikel, welches nach seinem berühmten Erstbeschreiber Os Vesalianum genannt wird (Abb. 2b). Es kann durch ein Bagatelltrauma symptomatisch werden und wird nicht selten als Pseudarthrose der Tuberositas fehldiagnostiziert (Rammelt und Manke 2019). Eine mit ca. 10 % häufige, aber klinisch meist völlig stumme Skelettvariation ist das Os intermetatarseum zwischen der 1. und 2. Metatarsalebasis, welches erstmals von Wenzel Gruber (St. Petersburg) beschrieben wurde.

Klassifikation

An den Mittelfußknochen treten in der Regel Schaftfrakturen auf. Epiphysenfrakturen bzw. Gelenkfrakturen sind deutlich seltener. Häufig handelt es sich um subcapitale Frakturen mit geringer Dislokation.
Ursache einer Fraktur der Ossa metatarsalia ist in der Regel ein direktes Trauma. Serienfrakturen sind nicht selten durch ein Überrolltrama verursacht.

Diagnostik

Neben der klinischen Untersuchung mit Dokumentation der Weichteilverhältnisse und der peripheren Durchblutung, Motorik und Sensibilität ist die bildgebende Diagnostik der wichtigste Baustein zur Diagnosefindung. Geschlossene Frakturen imponieren mit Schmerz und Schwellung, deutlichem Druck- und Bewegungsschmerz und Hämatom. Bei Stressfrakturen fehlt häufig die Schwellung.
In der Regel ist eine klassische Röntgendiagnostik in 2 Ebenen ausreichend. Stressfrakturen sind röntgenologisch primär häufig nicht zu diagnostizieren. Hier bringt erst eine erneute Bildgebung im Verlauf mit Nachweis von sekundären Frakturzeichen (umschriebene Ostolysen, Kallus, Markraumsklerosierung) den Hinweis auf eine Fraktur.
In seltenen Fällen kann, zum Beispiel bei Vorliegen eines unklaren röntgenologischen Befunds (V. a. pathologische Fraktur, Pseudarthrose oder Ermüdungsfraktur), eine CT oder MRT Untersuchung für spezielle Fragestellungen, indiziert sein.

Therapie

Konservative Therapie

Isolierte Metatatarsalefrakturen sind insbesondere an den drei Zentralstrahlen durch den Zug der Ligg. transversa sowie der Mm. interossei meist nur gering bis gar nicht disloziert, sodass die überwiegende Anzahl der Metatarsalefrakturen im Kindesalter keiner operativen Therapie bedarf. Dies gilt insbesondere für undislozierte Schaftfrakturen und die meist stabilen Basisfrakturen des Os metatarsale 1 bei Kindern unter dem 5. Lebensjahr.
Die Ruhigstellungszeit für konservativ therapierte Frakturen beträgt je nach Frakturlokalisation und Alter 3–4 Wochen, wobei meist die Anlage eines Castschuhs ausreicht. (Robertson et al. 2012; Rammelt et al. 2013). Bei kleinen Kindern unter dem 5. Lebensjahr zeigt sich jedoch in der Praxis, dass ein Castschuh aufgrund der mangelnden Compliance und der besonderen Form des Fußes bereits nach kurzer Zeit abgestreift wird bzw. sich durch fehlende Stabilität vom Fuß löst. Hier hat sich die Anlage einer das Sprunggelenk übergreifenden Longuette als hilfreich erwiesen, welche nach Rückgang der initialen Weichteilschwellung zirkuliert werden kann, bzw. es kann ein Unteraschenkelgehgips angelegt werden, wenn ein Castschuh nicht in Frage kommt. Bei stabilen Frakturen, wie Grünholz- oder Stressfrakturen, genügt eine schmerzadaptierte Vollbelastung.
Die Mehrzahl der basisnahen Metatarsale 5-Frakturen können bei fehlender oder geringer Dislokation (bis 2 mm) konservativ therapiert werden, wobei hier die Anlage einer OSG übergreifenden pro- und supinationshemmenden Orthese zur Zugminderung des M. peroneus brevis indiziert ist (Mahan et al. 2015).
Auch Serienfrakturen im Bereich der Metatarsalia (Schaft und subcapital) mit Dislokation von weniger als Schaftbreite in der Horizontalebene können konservativ therapiert werden (Mahan et al. 2016).
Grenzen der konservativen Therapie und somit Indikation zur operativen Therapie:
  • Offene Frakturen
  • über 2 mm dislozierte, intraartikuläre Frakturen
  • Dislokationen bei Frakturen im Schaft- oder Halsbereich über 20° (insbesondere in der Sagittalebebe und bei Kindern ab dem 12. Lebensjahr (Rammelt et al. 2013)).
  • Bei instabilen Schaftfrakturen des 1. Stahls als Hauptlastenträger des Fußes sollte die Indikation zur operativen Retention individuell gestellt werden.

Operative Therapie

Technik
Sowohl dislozierte Schaftfrakturen als auch dislozierte, distale Halsfrakturen lassen sich sehr gut mittels deszendierend oder seltener aszendierend eingebrachter intramedullärer Schienung versorgen. Hierbei dient der vorgebogene K-Draht oder Prevotnagel nicht nur der Retention, sondern zusätzlich als Repositionshilfe, sodass überwiegend ein geschlossenes Vorgehen möglich ist (Abb. 3).
Der primäre Weichteilschaden steht bei entsprechendem Unfallmechanismus (Überrolltrauma) oder komplexen Mehrfachfrakturen im Vordergrund und ist entscheidend für die Prognose der Verletzung (Abb. 4).
Standardtherapie: Intramedulläre Schienung
Die Standardtherapie für die operative Therapie von Schaftfrakturen bzw. distalen Halsfrakturen stellt die intramedulläre Schienung dar. Andere Therapieverfahren wie Plattenosteosynthesen, Schraubenosteosynthesen, K-Drahtspickungen oder Kombinationsverfahren sind bei diesen Frakturen Ausnahmeindikationen. Diese Verfahren finden ausschließlich bei Mehrfragment- oder Trümmerfrakturen und intraartikulären Frakturen eine Anwendung.
Aufklärung
  • geschlossene Reposition ggf. offen
  • Infektion, Wundheilungsstörung, Verletzung von Nerven, Gefäßen, Sehnen
  • Reoperation
  • Kompartment-Syndrom des Fußes
  • Wachstumsstörung (extrem selten)
  • Materialentfernung als Zweiteingriff im Verlauf
  • Beschwerden im Bereich der Nagelaustrittsstelle
Planung
Die Dicke der K-Drähte bzw. Prevotnägel richtet sich nach der Anatomie des Patienten. In der Regel ist ein maximaler Durchmesser von 1,5 mm ausreichend.
Anästhesie/Lagerung
Der Eingriff erfolgt in Vollnarkose, alternativ in Regionalanästhesie. Rückenlagerung, Unterlage eines kleinen, strahlendurchlässigen Kissens unter den zu operierenden Fuß.
Zugang/OP-Technik
Die intramedulläre Schienung erfolgt in aller Regel antegrad (deszendierend) (Hettchen et al. 2016; Beck et al. 2019). Bei den sehr seltenen Basisfrakturen kann im Einzelfall zur zusätzlichen Transfixierung des korrespondierenden Tarsometatarsal-Gelenks eine retrograde (aszendierende) Schienung notwendig werden. Gleiches gilt für Metatarsale-Kopffrakturen mit sehr kleinem Kopffragment, welches eine Transfixierung im Metatarsophalangeal-Gelenk unter Erfassung der plantaren Zehengrundgliedbasis erforderlich macht (Zwipp und Rammelt 2014).
Die Eröffnung des Knochens erfolgt nach kleiner Stichinzision über der Basis der Metatarsalia etwas lateralseitig und nach stumpfer Präparation auf den Knochen mittels Pfriem. Der etwas lateralseitige Zugang ist aufgrund der ansonsten mangelnden Weichteildeckung über dem Nagelaustritt im Bereich des Vorfußes empfehlenswert. Der an der Spitze vorgebogene K-Draht bzw. Prevotnagel kann daraufhin mittels Jacobsfutter in den Knochen eingeführt und nach Feinreposition über den Frakturspalt bis in das Köpfchen vorgeschoben werden. Pro Knochen wird ein intramedullärer Draht/Nagel eingebracht.
Das Material wird nach röntgenologischer Kontrolle der richtigen Position und bei Vorliegen einer adäquaten Frakturstellung unter Hautniveau gekürzt. Der Hautverschluss erfolgt mittels nicht resorbierbarer Einzelknopfnaht.
Fehler/Gefahren
Bei Unmöglichkeit der geschlossenen Reposition bzw. Einbringung des Markdrahtes in das distale Fragment sollte eine offene Reposition über einen kleinen Zusatzschnitt direkt an der Frakturstelle erfolgen.
Eine distale Perforation des Knochens und eine damit verbundene intraartikuläre Lage des Materials muss vermieden werden.
Bei sehr kleinen Kopffragmenten kann alternativ eine retrograde K-Drahtspickung erfolgen, da der antegrad eingebrachte Draht in solchen Fällen meist keine sichere Stabilisierung erlaubt und eine Perforation der Gelenkfläche droht. Der Draht sollte die Basis der Zehengrundphalanx miterfassen.

Besonderheiten der Metatarsale 5-Basis

Frakturen des Os metatarsale 5 sind die häufigsten Metatarsalefrakturen im Kindesalter, wobei die überwiegende Anzahl die Basis des Knochens betreffen (Owen et al. 1995). Bezüglich der Basisfrakturen lassen sich drei unterschiedliche Frakturtypen unterscheiden (Herrera-Soto et al. 2007).
1.
Avulsionsfraktur der Apophyse
 
2.
Intraartikuläre Basisfraktur (Aitken 2/3)
 
3.
Fraktur im metadiaphysären Übergang („Jones“-Fraktur)
 

Avulsionsfrakturen

Avulsionsfrakturen sind die häufigsten Verletzungen des 5. Strahls. Verantwortlich für diese Ausrissfraktur im Rahmen von Supinationstraumen ist weniger der Zug der inserierenden Sehne des M. peroneus brevis, als vielmehr der vermehrte Zug des kräftigen lateralen Zügels der Plantaraponeurose (Herrera-Soto et al. 2007; Beck und Mittlmeier 2008).
Aufgrund der unterschiedlichen Morphologie der Apophyse ist eine sichere Frakturidentifikation bei Avulsionsfrakturen in der Röntgendiagnostik nicht immer einfach. Eine ausgeprägte Dislokation der Apophyse und eine quer zur Apophyse verlaufende Unterbrechung gelten als Indikator für eine Fraktur. Eine separate Gelenkfacette zum Os cuboideum sowie ein schräger Verlauf der Synchondrose zur Tuberositas sind eher charakteristisch für das Os Vesalianum (siehe Abb. 2b).
Bei Schmerzen, auch in Verbindung mit Schwellung und Rötung, muss in diesem Bereich differenzialdiagnostisch an eine Traktionsapophysitis (Morbus Iselin) gedacht werden (Lehman et al. 1986). Diese durch Überlastung ausgelöste Apophysitis heilt spontan aus, ggf. unter kurzzeitiger Ruhigstellung (ca. 3 Wochen) in einer Schiene (Lehman et al. 1986; Rammelt et al. 2016).
Ein schmerzhaftes Os Vesalianum wird reseziert. Im eigenen Vorgehen wird die funktionell wichtige Peroneus brevis-Sehne in die Basis des Os metatarsale 5 mit einem Nahtanker stabil refixiert (Rammelt und Manke 2019).
Die Mehrzahl der Avulsionsfrakturen kann auch bei geringer Dislokation konservativ mittels schmerzadaptierter Entlastung in einer Gipslonguette oder pro-/supinationshemmenden Orthese für 1–2 Wochen und anschließendem Belastungsaufbau therapiert werden, sofern die Röntgenkontrolle nach einer Woche keine sekundäre Dislokation gezeigt hat. Eine Sportbefreiung wird für 6 Wochen ausgestellt. Grob dislozierte Frakturen mit Gelenkverwerfung oder Fragmentdehiszenz von mehr als 2 mm mit resultiertender Weichteilirritation werden operativ mittels Schraubenosteosynthese oder alternativ mit einer Zuggurtungsosteosynthese versorgt.

Intraartikuläre Basisfrakturen

Nicht und gering dislozierte Basisfrakturen können ebenfalls konservativ therapiert werden. Eine kurzfristige Stellungskontrolle nach einer Woche ist jedoch zwingend erforderlich, um eine mögliche sekundäre Gelenkinkongruenz erkennen und darauf reagieren zu können. Bei primär oder sekundär über 2 mm dislozierten Frakturen ist aufgrund der Gelenkverwerfung eine operative Therapie indiziert (Abb. 5).

Jones-Fraktur

Die akuten Frakturen im meta-diaphysären Übergang wurden 1902 von Sir Robert Jones aus Liverpool anhand von 4 Fällen (inklusive seines eigenen) erstmals beschrieben. Den Jones-Frakturen wird im Erwachsenenalter ein erhöhtes Komplikationspotenzial bezüglich einer prolongierten Heilung zugeschrieben. Verantwortlich für dieses Phänomen wird die besondere Blutversorgung im Bereich des meta-diaphysären Übergangs gemacht (Smith et al. 1992). Die klassische Jones-Fraktur betrifft ein sogenanntes „Wasserscheidenareal“ (ca. 2–4 cm proximal der proximalen Spitze des Os metatarsale 5), sodass bei dieser Fraktur eine verminderte Durchblutung zu einer verzögerten Heilung führen kann (Lawrence und Botte 1993; Herrera-Soto et al. 2007; Mahan et al. 2015).
Dieses Phänomen scheint jedoch erst im Adolezentenalter, jenseits des 15. Lebensjahres, aufzutreten. Vor dem 15 Lebensjahr können Frakturen in diesem Bereich bei fehlender Dislokation generell konservativ therapiert werden. Ab dem Adolezentenalter ist mit längeren Heilungszeiten (ca. 10 Wochen) zu rechnen, was für Leistungssportler und -tänzer eine inakzeptabel lange Zeit sein kann, sodass individuell mit den Patienten und ihren Eltern über eine operative Strategie gesprochen werden sollte. Diese besteht in der Regel aus einer intramedullären Schraubenosteosynthese, welche bei den typischerweise nicht dislozierten Jones-Frakturen vorzugsweise perkutan ausgeführt wird (Zwipp und Rammelt 2014; Parikh und Denning 2020).

Stressfrakturen

Die Ossa metatarsalia sind Hauptmanifestationsort für Stressfrakturen (Abb. 6), welche insgesamt im Kindesalter jedoch extrem selten sind. Lokale Besonderheiten (Sportschulen/Tanzakademien) können eine regionale Häufung erklären. Wie auch im Erwachsenenalter können Stressfrakturen erhebliche diagnostische Probleme bereiten, da eine initiale Röntgendiagnostik sowie auch eine Verlaufsbildgebung häufig unauffällige Befunde zeigen.
Bei Patienten mit anhaltenden Beschwerden (rezidivierende Vorstellungen) ohne röntgenologisches Korrelat oder bei anamnestischen Hinweisen wie zum Beispiel Änderungen bzgl. der Trainingsfrequenz oder Trainingsform bei Sportlern oder bei veränderten Beanspruchungen im Alltag von Adoleszenten (Praktikum/Ausbildung) sollte eine MRT Untersuchung durchgeführt werden. Durch dieses strahlenfreie Verfahren lassen sich Stressfrakturen durch das lokale Knochenmarksoedem meist gut diagnostizieren.
Die Therapie bei diagnostizierter Stressfraktur ist grundsätzlich konservativ und bestehen in einer Ausschaltung des auslösenden Agens, also z. B. Tanz- oder Sportkarenz für 4–6 Wochen. Vorteile einer operativen Therapie bezüglich eines schnelleren Belastungsaufbaus bei Leistungssportlern sind bisher nicht belegt (Beck und Mittlmeier 2008).

Nachbehandlung

Die Nachbehandlung operativ therapierter Metatarsale-Frakturen umfasst in der Regel eine 3- bis 4-wöchige Ruhigstellung im Castschuh bzw. in einer Longuette mit Entlastung bzw. Sohlenkontakt und Mobilisation an Unterarmgehstützen. Die Empfehlungen in der Literatur sind hierzu nicht einheitlich und zum Teil vage (Parikh und Delling 2020). Nach Abnahme des Casts erfolgt eine Konsolidierungskontrolle. Daraufhin wird dem Patienten ein schmerzadaptierter Belastungsaufbau empfohlen. Eine physiotherapeutische Therapie ist in der Regel nicht notwendig.
Die Implantatentfernung bei operativ versorgten Kindern sollte im Rahmen einer ambulanten Operation nach sicherer knöcherner Konsolidierung, frühestens nach 6 Wochen erfolgen. Eine Teilnahme am Schulsport ist meist nach Erreichen der Vollbelastung und Implantatentfernung möglich.

Zehenfrakturen

Ursache für Frakturen der Phalangen sind nahezu ausschließlich direkt einwirkende Kräfte. Als klassischer Unfallmechanismus sei hier beispielhaft der direkte Tritt gegen einen Bettpfosten mit der 5. Zehe genannt (Myerson 1991). Die Therapie undislozierter Frakturen ist prinzipiell konservativ mit Anlage eines Pflasterzügelverbands für 3 Wochen (Abb. 7).
Auch dislozierte Frakturen der 2.–5. Zehe können nahezu immer konservativ mittels geschlossenem Längszug und Pflasterzügelverband (Buddy-taping) an die benachbarte unverletzte Zehe therapiert werden (Abb. 8, Rammelt 2020). Zur weiteren Nachbehandlung sollten Schuhe mit fester Sohle getragen werden. Die Zeit bis zur Konsolidierung wird im Allgemeinen mit 3 Wochen angegeben.
Frakturen in Kombination mit Hautlazerationen, blutigen Einrissen am Nagelfalz oder Eponychium sind als offene Frakturen zu betrachten und die Wunde mit entsprechenden sterilen Kautelen zu versorgen sowie mit einmaliger Gabe eines Breiband-Antibiotikums zu behandeln, um die Entwicklung einer Osteomyelitis zu vermeiden (Noonan et al. 1994; Kay und Tang 2001; Kensinger et al. 2001; Rammelt et al. 2013; Ribbans et al. 2005).
In seltenen Fällen kann bei komplexen Frakturen mit Gelenkverwerfung bzw. erheblichem Weichteilschaden eine operative Therapie von Frakturen der Phalangen indiziert sein. Besonders schwerwiegend sind aufgrund der Traumaenergie und der Kontamination mit Erdreich Verletzungen mit (vor allem selbstfahrenden) Rasenmähern, welche über 50 % in z. T. multiplen Zehenamputationen, jedoch auch weiter proximalen Amputationen und auch Amputationen an der oberen Extremität resultieren (Garay et al. 2017). Bei der operativen Versorgung steht der Weichteilschaden im Vordergrund. Nach gründlichem Débridement und Lavage wird die Vitalität und Erhaltungswürdigkeit der Zehen eingeschätzt. Avitale und stark nekrotische Areale bzw. Phalangen werden reseziert oder amputiert. Im Zweifelsfall wird bis zur Demarkierung bzw. Erholung der Zehen zugewartet, jedoch muss bei einer Superinfektion sofort revidiert werden. Die Osteosynthese erfolgt schonend und minimal-invasiv mit axial retrograd eingebrachten Kirschnerdrähten (s. Abb. 4).
Schaftfrakturen der Großzehe sind vergleichsweise selten. Undislozierte, stabile Frakturen der Großzehe können symptomatisch mit einem Gipsschuh und Entlastung an Unterarmgehstützen therapiert werden. Bei dislozierten Frakturen ist, je nach Alter, eine achsgerechte Reposition indiziert. Eine ggf. notwendige Retention kann in der Regel mittels K-Drahtosteosynthese erzielt werden (Abb. 9).
Intraartikuläre Frakturen im Sinne einer Salter-Harris 3- und 4 Fraktur werden insgesamt selten beschrieben, haben jedoch aufgrund der herausragenden Rolle der Großzehe bei der physiologischen Abrollbewegung des Fußes eine große Bedeutung. Allgemein wird die Indikation zur operativen Therapie bei einer Dislokation > 2 mm bzw. bei mehr als 1/3 der Gelenkfläche gestellt. Die anatomiegerechte Reposition der Fraktur kann offen oder geschlossen erfolgen, wobei die Reposition und Retention aufgrund der geringen Fragmentgröße häufig anspruchsvoll ist (Abb. 10). Die Retention kann mittels K-Draht, Schraubdraht oder Schraubenosteosynthese erfolgen (Kay und Tang 2001; Ribbans et al. 2005; Kramer et al. 2014). Unabhängig vom Osteosyntheseverfahren wird in der Literatur jedoch auf eine scheinbar hohe Rate an verzögerter und ausbleibender Heilung bzw. die Entwicklung einer avaskulären Knochennekrose hingewiesen (Kramer et al. 2014).
Cave
Differenzialdiagnostisch muss das Vorliegen einer geteilten Epiphysenfuge in Betracht gezogen werden, welche eine physiologische Variante darstellt, sodass bei Inkongruenz zwischen klinischem und radiologischem Befund durchaus eine erweiterte Diagnostik mittels MRT erfolgen sollte (Abb. 11).
Eine weitere anatomische Variante der Epiphysenfuge, welche gelegentlich als direkte Traumafolge fehlgedeutet wird, ist die Zapfenepiphyse (Abb. 12).
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