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Viszeral- und Allgemeinchirurgie
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Publiziert am: 21.01.2023

Innere/Seltene Hernien

Verfasst von: Claudia Simone Seefeldt und Markus M. Heiss
Innere Hernien entstehen durch Verlagerung von abdominalem Bruchinhalt durch eine innerhalb der Körperhöhle liegende Bruchpforte. Es kommt zu einem vollständig intraabdominal liegenden Bruchgeschehen ohne Protrusion durch die muskuloaponeurotischen Bauchwandschichten. Meist handelt es sich um erworbene falsche Hernien infolge iatrogener Bruchpfortenbildung durch intestinale Resektionen oder extraanatomische Rekonstruktionen, z. B. in Form der Petersen-Hernie nach Y-Roux-Rekonstruktion. Auf Grund der unspezifischen Symptomatik und schlechten klinischen Zugänglichkeit ist die Diagnose schwierig und erfolgt oft erst bei Inkarzeration. Kongenitale innere Hernien stellen vor allem intraoperative Zufallsbefunde dar. Die Reposition ist bei Inkarzeration erschwert durch die oft durch vaskuläre Strukturen begrenzten Bruchpforten. Auch seltene Hernien der ventralen bis lumbalen Bauchwand einschließlich des Beckenbodens können in Einzelfällen symptomatisch werden und bis zum Ileus führen.

Innere Hernien

Innere Hernien bezeichnen die Verlagerung von abdominalem Bruchinhalt durch eine Bruchlücke, die ebenfalls von intraabdominalen Strukturen gebildet wird. Es kommt zu einem vollständig innerhalb der Körperhöhle liegendem Bruchgeschehen ohne Protrusion durch die muskuloaponeurotischen Bauchwandschichten.
Oft handelt es sich hierbei um sog. falsche Hernien, da meist kein Bruchsack aus Peritoneum parietale vorliegt. Ätiologisch kann zwischen den seltenen angeborenen und den weitaus häufigeren erworbenen, oft iatrogen verursachten, inneren Hernien unterschieden werden.
Innere Hernien machen nur ca. 1 % aller Hernien aus und bleiben meist asymptomatisch. Jedoch sind bis zu 4 % aller mechanischen Darmverschlüsse auf innere Hernien zurückzuführen. Diese inkarzerierten inneren Brüche gehören mit einer hohen Letalität von bis zu 80 % zu den gefährlichsten Hernienformen (Schumpelick et al. 2015).
Innere Hernien sind in der Regel nicht sicht- oder tastbar. Aufgrund der unspezifischen Symptomatik mit abdominellen Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen, sowie oft fehlender alarmierender Laborwertveränderungen sind innere Hernien schwer zu diagnostizieren. Veränderte systemische Infektparameter, Elekrolytverschiebungen, Laktatdehydrogenase (LDH)- und Laktaterhöhung können bei Vorliegen bereits Hinweis für eine Darminfarzierung oder -perforation sein.
Die sonografische Darstellung ist deutlich schwieriger als bei äußeren Hernien. Beste Methode der Diagnostik ist die kontrastmittelgestützte Computertomografie, jedoch gestaltet sich das Erkennen des Krankheitsbildes auch hier schwierig. Neben möglichen Zeichen der Passagestörung und abnormaler Ansammlungen von Darmschlingen sollte auf das Vorliegen von Verwirbelungen des Mesenteriums (sog. „Whirlpool Sign“, „Swirl Sign“ oder „Hurricane Sign“, s. Abb. 1) geachtet werden. Zur bestmöglichen Bildinterpretation ist die Kenntnis über die Operationsanamnese unverzichtbar, die Befundung sollte interdisziplinär durch die radiologische und die chirurgische Abteilung erfolgen.
Da bei vielen inkarzerierten inneren Hernien die Gefahr der Darmgangrän besteht, assoziiert mit einer hohen Sterblichkeit, ist die zeitnahe Operationsindikationsstellung wichtig. Bei klinischem Bild des Ileus ist die operative Exploration, auch bei fehlender radiologischer Diagnosestellung, obligat.
Auch wenn sich in der Exploration des Abdomens keine Ursache für eine vorher bestehende Obstruktion findet, sollte an die Möglichkeit einer inneren Hernie gedacht werden. Insbesondere kleine, angeborene Bruchlücken sind schwer zu erkennen und es kann z. B. durch Zug im Rahmen der Bauchdeckeneröffnung oder durch Anlage des Pneumoperitoneums bereits eine Reposition des Bruches erfolgt sein. In diesem Fall kann das erneute Prüfen der präoperativ angefertigten computertomografischen Bildgebung, falls vorhanden, hilfreich sein.
Wie bei allen Hernien besteht die Therapie grundsätzlich aus der Reposition des Bruchinhaltes und dem situativ angepassten Bruchpfortenverschluss, z. B. mittels adaptierender Naht. Eine Resektion von Bruchsack, falls vorhanden, und Bruchinhalt kann notwendig sein. Insbesondere im Fall einer Inkarzeration kann es zu einer vitalen Schädigung des Bruchinhaltes, meist Dünndarm oder Omentum majus, kommen. Minimalinvasive Operationstechniken sollten aufgrund des geringeren Zugangstraumas und der meist schnelleren Rekonvaleszenz bevorzugt werden. Bei ausgeprägtem Ileusbild und erschwerter Reposition sollte nach Risiko-Nutzen-Abwägung und in Abhängigkeit der operativen Fähigkeiten des Operateurs die offene Operation bevorzugt werden.
Intraoperative Komplikationen sind vor allem Darmverletzungen, z. B. durch Fassen der vulnerablen, gestauten Dünndarmschlingen, und Blutungen. Intaktheit und Durchblutung inkarzerierter Darmabschnitte müssen sorgfältig beurteilt werden, um insbesondere die Entstehung einer Darmischämie auszuschließen. Postoperativ kann es, neben den allgemeinen chirurgischen Komplikationen nach Laparoskopie und Laparotomie, zum Auftreten einer mit schwerer Ileuskrankheit einhergehenden systemischen Inflammation sowie zur prolongierten Darmatonie kommen. Insbesondere bei nur unvollständig verschließbaren Bruchpforten ist ein frühes Hernienrezidiv möglich.

Erworbene innere Hernien

Operationen und Interventionen, seltener entzündliche oder traumatische Veränderungen, können zu vielfältiger Bruchpfortenbildung innerhalb des Bauchraums führen. Mögliche Mechanismen sind beispielsweise eine anatomische Lückenbildung im Bereich des Mesenteriums oder Mesokolons, sowie jede Form der extraanatomischen Rekonstruktion, die eine Taschen- oder Spaltraumbildung verursacht.
Es kommt zu einer Hernierung von meist Dünndarm oder Omentum majus durch eine operativ geschaffene Bruchpforte. Fast nie gibt es einen peritonealen Bruchsack, sodass es sich in der Regel um sog. falsche Hernien handelt. Mögliche Pathomechanismen sind unter anderem:
  • Eine transmesenteriale Hernie nach Dünndarmteilresektion ohne Adaption der mesenterialen Schenkels
  • Die Ausbildung einer transmesokolischen Hernie infolge einer Buchpfortenbildung im Mescolon transversum nach retrokolisch geführtem Hochzug einer Dünndarmschlinge z. B. zur Rekonstruktion nach Hemipankreatikoduodenektomie oder Gastrektomie (s. Abb. 2)
  • Eine retrokolische Hernierung hinter den mobilisierten Kolonabschnitt nach Anlage einer Descendorektostomie, Transversorektostomie oder anderen Form der Kolokolostomie
  • Eine Hernierung hinter extranatomischen Rekonstruktionen (z. B. nach Billroth II oder Roux-en-Y)
  • Eine transomentale Hernierung durch Defekte in Omentum majus oder minus
  • Eine Hernierung durch Defekte im Ligamentum falciforme (z. B. nach Trokaranlage im Oberbauch)
Die weltweit steigende Anzahl gastrointestinal anastomosierender Eingriffe führt zu einem vermehrten Auftreten von iatrogenen inneren Hernien. So treten mit einer Inzidenz von 0,5–9 % nach einer bariatrischen Magenbypassoperation innere Hernien auf (Meyer et al. 2009).
Insbesondere Y-Roux-Rekonstruktionen mit retrokolischem Durchzug der alimentären Dünndarmschlinge stellen ein Risiko für eine Dünndarmhernierung mit konsekutivem Ileus dar, da es sowohl zu einer Hernierung hinter die Y-Roux-Rekonstruktion als auch in die geschaffene transmesokolische Bruchpforte kommen kann (s. Abb. 2).
Nach jedem Eingriff, insbesondere nach Anlage gastrointestinaler Anastomosen, sollte das Vorliegen neugeschaffener Bruchpforten geprüft und diese möglichst mittels adaptierender Naht (sog. Schlitznaht) verschlossen werden.

Innere Hernie nach Magenbypassoperation

Der laparoskopisch durchgeführte proximale Roux-en-Y Magenbypass ist vielerorts als Goldstandard der Adipositas- und metabolischen Chirurgie akzeptiert (Dietrich 2019), die Anzahl der durchgeführten Eingriffe ist in den letzten Jahren rasant gestiegen. Als prädisponierend für die hierbei besonders häufige Entstehung innerer Hernien gelten 3 Faktoren:
  • Die minimalinvasive Operationsdurchführung, welche die Ausbildung intraabdominaler Adhäsionen reduziert und so die Darmmobilität erhält
  • Die Rekonstruktion mittels langstreckig extraanatomisch verlaufendem alimentärem und biliodigestivem Schenkel
  • Die rasche postoperative Gewichtsabnahme, durch welche sich vorab kleine Mesenteriallücken deutlich vergrößern können
Am häufigsten kommt es zur Hernierung von Dünndarm in den sog. „Petersen-Space“, welcher bei antekolischer Lage des alimentären Dünndarmschenkels zwischen diesem und dem Mesocolon transversum entsteht (s. Abb. 2). Die Petersen-Hernie kann auch bei dem insbesondere im Ausland beliebten Omega-Magenbypass auftreten sowie nach jeder Rekonstruktion mittels antekolisch geführter Gastrojejunostomie, z. B. nach onkologischer subtotaler Gastrektomie.
Der deutsche Chirurg Dr. Walther Petersen beschrieb bereits im Jahr 1900 innere Hernien nach Anlage von Gastrojejunostomien. Nach ihm ist der Petersen-Space zwischen alimentärer Schlinge und Mesokolon benannt, die Hernierung in diesen Raum wird korrelierend als Petersen-Hernie bezeichnet.
Auch eine Hernierung hinter die fußpunktbildende Enterenterostomie, in den sog. „Brolin-Space“ (s. Abb. 2), stellt eine häufige Lokalisation innerer Hernien nach bariatrischen Eingriffen dar.
Eine innere Hernie kann unmittelbar postoperativ als auch noch Jahre nach dem initialen Eingriff auftreten. Die Kenntnis über die typischen Lokalisationen innerer Hernien ist unabdingbar, wenn sich ein bariatrisch voroperierter Patient mit klinischen Symptomen der gastrointestinalen Obstruktion vorstellt. Meist bestehen diffuse krampfartige abdominelle Schmerzen und Meteorismus bis hin zum akuten Ileusbild, wobei viele Patienten aufgrund der veränderten Anatomie nicht erbrechen können, jedoch teils eindrücklich eine Trinkunfähigkeit beschreiben. Auch bei rezidivierend auftretenden abdominellen Schmerzen sollte eine symptomatische innere Hernie differenzialdiagnostisch erwogen werden.
Wie bei den meisten inneren Hernien bestehen unspezifische laborchemische Veränderungen. Erhöhte Cholestaseparameter und Pankreasenzymwerte können Hinweis für eine Obstruktion des biliodigestiven Schenkels sein und als Choledocholithiasis oder Pankreatitis anderer Ätiologie fehlinterpretiert werden.
Die Diagnostik erfolgt bei akutem Ileusbild mittels kontrastmittelgestützter Computertomografie oder operativer Exploration. Klinisch wie auch sonografisch ist eine Unterscheidung zwischen innerer Hernie, Bridenileus oder bei sehr adipöser Bauchdecke versteckt vorliegender Narbenhernie kaum möglich. Bei subakutem Beschwerdebild kann die Endoskopie zum Ausschluss etwaiger Differenzialdiagnosen (Gastritis, Anastomoseninsuffizienz bzw. -ulkus, Stenosebildung anderer Ätiologie) erfolgen. Im Fall der akuten Hernierung oder Inkarzeration ist die umgehende Operation indiziert. Diese sollte vor allem bei bariatrischen Patienten möglichst laparoskopisch durchgeführt werden und ein vollständiges Durchmustern des gesamten Dünndarms unter vorsichtiger Verwendung atraumatischer Fasszangen beinhalten.
Die Exploration von aboral bietet sich bei ileusbedingt eingeschränkter Übersicht der oberen Darmabschnitte an. Sowohl die gesamte Strecke zwischen Bauhin-Klappe und Gastrojejunostomie, als auch der biliodigestive Schenkel von Enteroenterostomie bis zum Treitz-Band müssen exploriert werden.
Bisher besteht kein Konsens über die Notwendigkeit und das Ausmaß eines prophylaktischen Verschlusses der langstreckigen möglichen Bruchpforten nach bariatrischem Eingriff bzw. Anlage einer gastroenteralen Rekonstruktion aus anderer Indikation.

Angeborene innere Hernien

Jeder anatomische Spaltraum kann potenziell Bruchpforte einer inneren Hernie werden. Besonders der Wechsel zwischen intra- und retroperitonealer Lage eines Organs führt zur peritonealen Taschenbildung, sodass hier die klinisch relevantesten kongenitalen inneren Hernien auftreten.
Auch die primäre Hiatushernie sowie die verschiedenen Zwerchfellhernien (z. B. Bochdalek-Hernie am Trigonum lumbocostale) können zu den angeborenen inneren Hernien gezählt werden, auch wenn ihre Bruchpforte streng genommen nicht durch eine intraabdominale Struktur gebildet wird. Die Hiatushernie wird jedoch aufgrund ihrer hohen klinischen Relevanz in der Regel als eigene Krankheitsentität aufgeführt.

Paraduodenale Hernien

Die häufigste Bruchpforte kongenitaler inneren Hernien ist die Fossa mesentericoparietalis an der Flexura duodenojejunalis, unmittelbar am Treitz-Band (Treitz-Hernie). Mehrheitlich sind Männer der 2. Lebenshälfte betroffen. Verschiedene Bruchkonfigurationen sind möglich: Meist handelt es sich um eine linksparaduodenale Hernierung mit Dünndarmvorfall hinter das Mesocolon descendens (Hernia mesentericoparietalis sinistra, Treitz-Brösicke-Hernie, s. Abb. 3 und Abb. 4). In diesem Fall verlaufen V. mesenterica inferior und A. colica sinistra in der ventralen Bruchpforte, auf ihre Schonung muss bei der Bruchpräparation und beim Bruchpfortenverschluss sorgsam geachtet werden.
Auch eine rechtsparaduodenale Konfiguration ist möglich, hierbei verläuft die Hernie bei regelrechter Lage der duodenojejunalen Flexur hinter dem Mesocolon ascendens (Hernia mesentericoparietalis dextra, Treitz-Neumann-Hernie). Die A. mesenterica superior und V. mesenterica inferior begrenzen die Bruchpforte von ventral. Durch Malrotation des Darmes kann es zu verschiedensten anatomischen Varianten des duodenojejunalen Übergangs kommen, bis hin zur vollständig retromesokolischen Dünndarmlage.

Hernia foramen Winslowii

Durch das Foramen epiploicum Winslowii kann es zur Hernierung in die Bursa omentalis kommen. Auch hier muss bei der Bruchpfortenpräparation besonders vorsichtig vorgegangen werden um die Strukturen des Ligamentum hepatoduodenale nicht zu verletzen. Das Eröffnen der Bursa omentalis mittels Inzision des Ligamentum gastrocolicum kann die Reposition erleichtern.

Parazökale Hernien

Es kommt zum Darmvorfall in einen vertieften Recessus ileocaecalis inferior, seltener Recessus ileocoecalis superior oder retrocaecalis.

Hernia intersigmoidea

Der durch den s-förmigen Darmverlauf gebildete Recessus intersigmoideus befindet sich dorsal und kaudal des Colon sigmoideum. Eine starke Fältelung des Mesosigmas führt zur Bruchpfortenentstehung.

Seltene Hernien

An jeder anatomischen Schwachstelle der Bauchwand ist eine Hernienentstehung möglich, sodass eine Vielzahl von Hernien der ventralen und lateralen Bauchwand, des Lumbalbereichs sowie des Beckenbodens bekannt sind. Diese stellen seltene klinische Diagnosen dar, können jedoch in Einzelfällen symptomatisch werden und bis zum Ileus führen.

Hernia Spiegheli

Die Spieghel-Hernie ist eine ventrale Bauchwandhernie an der Linea semilunaris. Fast immer ist sie auf Höhe der Linea arcuata (Locus minoris resistentiae) lokalisiert (s Abb. 5).
Bruchinhalt ist meist präperitoneales Fett, in diesem Fall handelt es sich um eine falsche Hernie. Nur bei Vorwölbung eines peritonealen Bruchsacks über die Begrenzung der Transversalisfaszie hinaus liegt eine Hernia vera vor. Oft liegt der Bruchsack interparietal, z. B. unterhalb der intakten Internusfaszie oder innerhalb der Rektusscheide.
Klinisches Leitsymptom ist der ziehende lokale Schmerz in der Nähe des McBurney-Punktes, bei schlanker Bauchdecke kann die Vorwölbung sicht- und tastbar sein. Betroffen sind vor allem alte Patienten, Frauen etwas häufiger als Männer. Mit dem linearen Schallkopf lässt sich die Spieghel-Hernie durch Verfolgen der Linea semilunaris darstellen. Differenzialdiagnostisch müssen vor allem Narbenhernien, intraabdominale Schmerzursachen und Lipome erwägt werden.
Aufgrund der hohen Inkarzerationsgefahr bei kleinem Fasziendefekt sollte die zeitnahe Operation auch bei Zufallsbefund einer asymptomatischen Spieghel-Hernie erfolgen (relative Operationsindikation). Im Fall der Darminkarzeration ist die operative Versorgung obligat.
Bei stabilen Faszienrändern ist der Bruchlückenverschluss durch Direktnaht möglich. Eine Netzimplantation sollte jedoch, wie bei der Narbenhernienreparation, insbesondere bei Risikofaktoren (Übergewicht, Rauchen, erhöhter intraabdominaler Druck durch z. B. Lungenerkrankung, schweres Heben), Bindegewebsschwäche oder größeren Bruchlücken vorgenommen werden. Diese kann endoskopisch in TEP (total extraperitoneale Patchplastik)-, TAPP (transabdominale präperitoneale Patchplastik)- oder IPOM (intraperitoneales Onlay-Mesh)-Technik erfolgen. Vornehmlich bei Darminkarzeration kann jedoch die Herniotomie in offener Technik notwendig sein, hier kann die Netzimplantation z. B. in Sublay- oder offener IPOM-Technik erfolgen.
Auch nach einer eventuellen Dünndarmsegmentresektion ist eine Netzimplantation prinzipiell möglich, eine gründliche Lavage ist vorab empfohlen. Bei stuhlkontaminierter Bauchhöhle, z. B. im seltenen Fall einer Dickdarminkarzeration, ist die Implantation nichtresorbierbarer Netzmaterialen nicht empfohlen.

Hernia lumbalis

Eine Hernia lumbalis kann an der muskulären Schwachstelle des oberen oder unteren Lendendreiecks lokalisiert sein (s. Abb. 6). Liegt die Bruchpforte im Trigonum lumbale superius (Trigonum Grynfelti), unterhalb der 12. Rippe, lateral der Mm. erector spinae und medial des M. obliquus internus abdominis, wird sie auch als Grynfelt-Hernie bezeichnet. Die deutlich häufigere, oft auch beidseitig vorkommende Petit-Hernie befindet sich im Trigonum lumbale inferius (Trigonum Petiti), oberhalb des Beckenkamms zwischen dem M. latissimus dorsi und dem M. obliquus externus abdominis.
Deutlich häufiger als primäre lumbale Hernien ist jedoch eine lumbal lokalisierte Narbenhernie postoperativer oder traumatischer Genese. Die Patienten klagen über bewegungsabhängige lumbale Schmerzen, oft besteht eine sichtbare lumbale Vorwölbung. Differenzialdiagnostisch müssen neben Lumbalgien und Myogelosen auch Lipome und Abszesse in Betracht gezogen werden. Die Diagnose erfolgt mittels Sonografie oder anderer Bildgebung. Sowohl eine laparoskopische als auch offene Bruchversorgung ist möglich. Meist empfiehlt sich die laparoskopische intraperitoneale Netzimplantation.

Supravesikale Hernien

Die Fossa supravesikalis erstreckt sich zwischen den Plicae umbilicales mediales und ist Ort der Bruchpfortenbildung einer supravesikalen Hernie. Ein Hernienverlauf ist sowohl trans- oder pararektal Richtung Bauchdecke als auch in Form einer inneren Hernie in den Recessus prae- oder retrovesicalis möglich.
Kommt es zur Vorwölbung lateral der Rektusmuskulatur, so ist eine Verwechslung mit einer direkten Hernia inguinalis möglich, welche jedoch lateral des Ligamentum umbilicale mediale und somit der obliterierten Umbilikalgefäße verläuft.
Die Symptome können vielfältig sein, denen einer Leistenhernie ähneln oder in Miktionsveränderungen bestehen. Die Inkarzerationsgefahr ist durch die straffe Begrenzung durch die Ligamenta umbilicalia medialia sowie Teilung durch das Ligamentum umbilicale medianum groß.
Je nach Hernienkonfiguration bieten sich verschiedene Operationstechniken an. Bei äußerer Hernie kann die Reparatur in Anlehnung an die Versorgung der direkten Leistenhernie in offener oder laparoskopischer Technik, mit oder ohne Netzaugmentation, erfolgen. Die innere supravesikale Hernie bedarf eines transabdominalen Operationszuganges, hier kann eine Direktnahtversorgung oder präperitoneale Netzimplantation in möglichst laparoskopischer Technik erfolgen.

Seltene Hernien des Beckenbodens

Auch im Beckenboden bestehen multiple, zur Hernierung prädispositionierende Schwachstellen (s. Abb. 7). Aufgrund der versteckten, meist weder sicht- noch tastbaren Protrusion erfolgt die Diagnostik in der Regel mittels computer- oder kernspintomografischer Bildgebung. Die Inkarzerationsgefahr ist groß, sodass die endoskopische Hernienreparation mit Netzimplantation empfohlen wird.

Hernia obturatoria

Die Hernia obturatoria folgt dem N. obturatorius und den obturatorischen Gefäßen dorsal des M. pectineus durch den Canalis obturatorius, Bruchpforte ist das Foramen obturatum (s. Abb. 8 und 9). Sehr selten kommt es zu einer sichtbaren Vorwölbung in femoralhernienähnlicher, jedoch weiter oberschenkelinnenseitig gelegener Position. Manchmal kann die Obturatorhernie jedoch transvaginal tastbar sein.
Es handelt sich in der Regel um eine erworbene Hernie infolge der Erschlaffung des Beckenbodens. Meist sind schlanke, alte Frauen betroffen, diese klagen bei Irritation des N. obturatorius über Schmerzen und Parästhesien an der Oberschenkelinnenseite (Howship-Romberg-Zeichen). Eine Anspannung des M. pectineus mittels Streckung, Abduktion und Innenrotation provoziert den lokalen Schmerz.
Genau wie bei der Schenkelhernie besteht ein sehr hohes Inkarzerationsrisiko, sodass mit Diagnosestellung die Operationsindikation besteht. Die laparoskopische Netzimplantation in TAPP-Technik bietet sich insbesondere an, wenn eine Beurteilung der Darmvitalität indiziert ist, also im Fall der Inkarzeration. Andernfalls ist auch eine TEP-Versorgung oder offene Operationstechnik möglich.

Hernia ischiadica

Die Foramina ischiadica sind die Bruchpforten der unterhalb des M. gluteus maximus gelegenen, dementsprechend meist ebenfalls weder sicht- noch tastbaren Hernia ischiadica. Unterschieden werden 3 Formen: Die dem M. piriformis durch das Foramen ischiadicus majus folgende Hernia suprapiriformis und Hernia infrapiriformis sowie die durch das Foramen ischiadica minus prolabierende Hernia spinotuberosa (s. Abb. 10).
Es kann zu Ischialgien durch Druck auf den N. ischiadicus kommen, ebenso können lokale Schmerzen oder Inkarzerationssymptome auftreten. Aufgrund der fehlenden direkten Zugänglichkeit der Bruchlücke bietet sich meist die laparoskopische oder offen-transabdominale Hernienreparation an. Bei der Hernienpräparation, insbesondere bei Netzimplantation, sollte auf eine Schonung der unmittelbar benachbarten komplexen nervalen und vaskulären Strukturen des Beckenbodens geachtet werden.

Hernia perinea

Die Hernia perinea entstehen durch Bruchpfortenbildung in der Fossa ischiorectalis. Ursache ist ebenfalls meist die muskuläre Beckenbodeninsuffizienz. Die Hernie zieht vom Douglas-Raum bzw. der Excavatio rectovesicalis Richtung Damm (Hernia perinealis) oder große Labien (Hernia pudenda). Auch perineale Narbenhernien sind möglich, infolge von unter anderem Geburtsverletzungen, Rektumoperationen oder nach Prostatektomie.
Die transabdominale, bevorzugt laparoskopische, Operation bietet sich aufgrund des weitaus weniger traumatischen Operationszugangs an. Bei großen Bruchlücken, insbesondere bei postoperativen Defekten, z. B. nach Rektumexstirpation, kann eine aufwendige Lappenplastik notwendig werden.
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