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Laktatdehydrogenase

Verfasst von: K. J. Lackner und D. Peetz
Laktatdehydrogenase
Synonym(e)
LDH
Englischer Begriff
lactate dehydrogenase
Definition
Laktatdehydrogenase (LDH) ist ein in allen Körperzellen vorkommendes Enzym, das die reversible Reduktion von Pyruvat zu Laktat katalysiert.
Struktur
LDH ist ein zytoplasmatisches, tetrameres Enzym. Aus 2 verschiedenen Untereinheiten, H-Typ („Herz“; auf Chromosom 12) und M-Typ („Muskulatur“; auf Chromosom 3), werden insgesamt 5 verschiedene, gewebstypische Isoenzyme gebildet.
Molmasse
Ca. 34 kDa je Untereinheit.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
In Herzmuskulatur, Erythrozyten und den Nieren werden die Isoenzyme LDH-1 (HHHH) und LDH-2 (HHHM) synthetisiert, in Granulozyten und der Lunge LDH-3 (HHMM) sowie in Leber, Skelettmuskulatur, Milz und Lunge LDH-4 (HMMM) und LDH-5 (MMMM). Prinzipiell werden in Geweben mit hohem Sauerstoffbedarf vornehmlich Isoenzyme mit einem hohen H-Untereinheitenanteil, in Geweben mit hoher glykolytischer Aktivität Isoenzyme mit einem hohen M-Untereinheitenanteil gebildet.
Halbwertszeit
110 Stunden (bedingt durch LDH-1-Isoenzym; LDH-5: 10 Stunden).
Funktion – Pathophysiologie
LDH ist ein zytoplasmatisches Enzym und kommt ubiquitär vor. LDH katalysiert die reversible Reduktion von Pyruvat zu Laktat. Die LDH-Konzentration ist in Abhängigkeit vom Gewebe intrazellulär ca. 500-fach höher als im Blut. In Abhängigkeit vom geschädigten Organ kommt es zu einer unterschiedlich starken Freisetzung der verschiedenen Isoenzyme, die die Höhe des LDH-Anstiegs und wegen der unterschiedlichen Halbwertszeiten die Dauer der LDH-Erhöhung bestimmen.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Probenstabilität
Serum: 20–25 °C 7 Tage; 4–8 °C vermeiden, da LDH-4 und -5 kältelabil sind; −20 °C 6 Wochen.
Präanalytik
Herstellung von Thrombozyten-armem Plasma (Zentrifugation bei 3000 g), da Thrombozyten eine hohe LDH-Konzentration enthalten. Serum innerhalb von 2 Stunden vom Blutkuchen trennen. Hypotones Reagenz führt bei Thrombozytenkontamination zu falsch hohen Messwerten, während mit normotonem Reagenz Thrombozyten durch optische Interferenz stören können. In-vitro-Hämolyse führt aufgrund des hohen LDH-Gehalts der Erythrozyten zu falsch hohen Messwerten.
Analytik
Kinetischer Einschritt-Test mit Vorwärtsreaktion (Umwandlung von Laktat zu Pyruvat) bei 37 °C (IFCC-Methode):
Die NADH2-Bildungsgeschwindigkeit ist direkt proportional zur LDH-Aktivität und wird durch Extinktionszunahme bei 340 nm gemessen (optischer Test nach Warburg, Enzymaktivität).
Konventionelle Einheit
U/L.
Internationale Einheit
μkat/L.
Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit
U/L × 0,0167 = μkat/L.
Referenzbereich – Erwachsene
<250 U/L (IFCC, 37 °C, consensus value).
Referenzbereich – Kinder
Neugeborene (4–20 Tage): 225–600 U/L (IFCC, 37 °C); Kinder (2–15 Jahre): 120–300 U/L (IFCC, 37 °C).
Indikation
  • Diagnose einer hämolytischen Anämie
  • Diagnose einer megaloblastären Anämie
  • Prognoseparameter beim Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphom
  • Diagnose und Verlaufsbeurteilung des ovariellen Dysgerminoms
Interpretation
Bei der akuten hämolytischen Anämie werden LDH-Anstiege auf das 1,2- bis 13,7-Fache der oberen Referenzbereichsgrenze (ORG) beobachtet, die Sensitivität beträgt nahezu 100 %. Bei der chronischen hämolytischen Anämie können LDH-Anstiege dagegen fehlen. Patienten mit megaloblastärer Anämie weisen LDH-Aktivitäten zwischen dem 1,9- bis 29,2-Fachen der ORG mit einer Sensitivität von ca. 90 % auf.
Patienten mit Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphom und LDH-Werten über der ORG weisen eine signifikant schlechtere Überlebensrate auf als Patienten mit einer LDH im Normbereich.
Beim ovariellen Dysgerminom weisen nahezu 100 % der Patientinnen erhöhte LDH-Werte auf. Gegenüber einem Kontrollkollektiv von Patientinnen mit gutartigen Ovartumoren liegt die diagnostische Sensitivität der LDH bei >90 %, die Spezifität bei ca. 60 %.
Eine häufige Ursache für artefizielle LDH-Aktivitätserhöhungen ist eine In-vitro-Hämolyse mit Austritt erythrozytärer LDH, z. B. durch hohe Scherkräfte bei der Blutentnahme oder durch unsachgemäße Lagerung und Transportbedingungen der Probe.
Diagnostische Wertigkeit
Aufgrund ihrer ubiquitären Verteilung ist die LDH bei einer Vielzahl von Erkrankungen erhöht. Größtenteils stehen jedoch sensitivere und vor allem spezifischere Untersuchungsmethoden zur Verfügung. Relevant zur Diagnose, Verlaufsbeobachtung und/oder prognostischen Einschätzung trägt die LDH-Bestimmung jedoch nur bei den oben genannten Erkrankungen bei.
Die Bestimmung von LDH und LDH-1/2 (α-Hydroxybutyratdehydrogenase, HBDH) wird gelegentlich noch für die Spätdiagnose eines akuten Myokardinfarktes (>36–48 Stunden nach Symptombeginn) erwähnt und ist dafür bedingt geeignet. Praktisch wird sie für diese Indikation nicht mehr verwendet, da mit den herzspezifischen Troponinen (s. Troponin) sensitivere und spezifischere Marker verfügbar sind.
Literatur
Huijgen HJ, Sanders GT, Koster RW et al (1997) The clinical value of lactate dehydrogenase in serum: a quantitative review. Eur J Clin Chem Clin Biochem 35:569–579PubMed
Thomas L (Hrsg) (2012) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik, 8. Aufl. TH-Books, Frankfurt am Main