Einleitung
Die Lungenfunktionsdiagnostik dient in erster Linie dem Nachweis oder Ausschluss von obstruktiven und restriktiven Ventilationsstörungen als pulmonalen Ursachen einer Dyspnoe. (Video 1)
Spirometrie
Die Spirometrie als klassische, einfache Basisdiagnostik erfasst die vom Patienten mobilisierbaren Lungenvolumina wie Vitalkapazität (VK: das gesamte in einem Atemzug ventilierbare Atemvolumen) und Einsekundenkapazität (FEV1: das Volumen, welches im Rahmen eines Ausatemmanövers innerhalb einer Sekunde maximal exspiriert werden kann). Während die VK bei Atemstörungen aller Art vermindert sein kann, weist eine Reduktion des stärker atemflussabhängigen FEV1 auf eine obstruktive Ventilationsstörung hin, insbesondere bei im Vergleich zur VK überproportionalem Abfall der gemessenen Werte. Daher ist der aus dem Verhältnis des FEV1 zur VK gebildete Tiffeneau- Quotient der beste spirometrische Parameter für den Nachweis einer Obstruktion: Liegt er unter 70–80 %, kann von einer obstruktiven Ventilationsstörung gesprochen werden. Allerdings ist die Spirometrie in hohem Maß mitarbeitsabhängig.
Praktisches Vorgehen
Der Proband erhält eine Nasenklemme, umschließt mit den Lippen das Mundstück und führt aufrecht sitzend Atemmanöver aus. Die Atemvolumina werden gemessen und sowohl absolut als auch in Prozent der von Alter, Geschlecht und Körpergröße abhängigen Norm angegeben.
Ergänzend zur Aufzeichnung der Volumina wird auch der
Atemfluss während des Atemmanövers dokumentiert. Hierbei ergeben sich während der Ausatmung charakteristische Kurven, z. B. bei Patienten mit Instabilität der Atemwege beim
Lungenemphysem, bei denen es während der Exspiration kurz nach Erreichen des maximalen Atemflusses zu einem weitgehenden Kollaps der kleinen Atemwege kommt, erkennbar an einem frühexspiratorischen Knick.
Bodyplethysmografie
Die Messung der vom Patienten nicht mobilisierbaren Lungenvolumina, wie des Residualvolumens (RV), ist mithilfe der Bodyplethysmografie möglich. Auf diese Weise kann einerseits ein Lungenemphysem erfasst werden, das im Rahmen einer obstruktiven Atemwegserkrankung, aber auch unabhängig hiervon auftreten kann. Andererseits ist auch eine exaktere Diagnostik restriktiver Störungen möglich, die sich zunächst durch eine Reduktion des RV und der totalen Lungenkapazität (TLC: VK + RV) bemerkbar machen. Darüber hinaus wird hier auch der Atemwegsruhewiderstand gemessen.
Praktisches Vorgehen
Der Proband sitzt in der geschlossenen Kammer, die einzige Verbindung nach außen stellt das Mundstück dar, durch das mithilfe der Messung des Atemflusses die Atemwegswiderstände ermittelt werden. Das nach Exspiration verbleibende intrathorakale Gasvolumen als Surrogat des RV wird anhand der durch die Atemexkursionen bedingten Kammerdruckschwankungen gemessen. Im Gegensatz zur Spirometrie ist die Bodyplethysmografie in der Lage, auch komplexere und kombinierte Atemstörungen aufzuklären. Sie ist weitgehend mitarbeitsunabhängig.
Reversibilitätstest
Eine häufige Fragestellung in der Praxis betrifft die
Reversibilität obstruktiver Atemstörungen. Sie dient insbesondere der Abgrenzung von
Asthma bronchiale – reversibel und
COPD – irreversibel. Allerdings ist heute bekannt, dass auch einige COPD-Patienten eine Teilreversibilität der Atemwegsobstruktion aufweisen, während es umgekehrt Patienten mit chronischem Asthma und „fixierter“ Obstruktion gibt. insofern ist dieser Test, wie alle Lungenfunktionstests, nur im Zusammenhang mit klinischen Parametern und der übrigen Diagnostik zu interpretieren.
Praktisches Vorgehen
Für den Reversibilitätstest wird meist ein kurz wirkender Betaagonist wie Salbutamol inhaliert und dann werden nach einer Wartezeit das FEV1 sowie die Resistance ein zweites Mal gemessen. Der arbiträr festgelegte Grenzwert einer Zunahme des FEV1 von mindestens 15 % charakterisiert eine „reversible“ Atemwegsobstruktion.
Diffusionskapazität
Die Lungenfunktionsdiagnostik kann auch einen Beitrag zur Klärung von
Gasaustauschstörungen liefern. Der Verdacht auf solche Störungen ergibt sich zunächst bei einer nicht anderweitig erklärbaren
Hypoxämie, die im Rahmen der ohnehin zu jeder vollständigen Lungenfunktion gehörenden
Blutgasanalyse auffällt. Die Messung der Diffusionskapazität dient dem Nachweis einer Gasaustauschstörung.Hierzu wird Kohlenmonoxid in niedriger Konzentration verwendet, das sich wegen seiner hohen
Affinität zum
Hämoglobin besonders gut für diesen Test eignet.
Praktisches Vorgehen
Der Proband atmet das Gasgemisch aus einem Beutel ein und hält die Luft für mindestens 8 Sekunden an, bis sich ein Gleichgewicht eingestellt hat. Zu diesem Zeitpunkt sollte die gesamte Menge des diffusiblen CO den Alveolarraum verlassen haben, aus der Differenz der Gaskonzentration kann die CO-Aufnahme in ml/min/kpa berechnet werden.
Die Diffusionskapazität ist ein sehr feiner Parameter für Diffusionsstörungen aller Art, sei es bei verlängerter Diffusionsstrecke entlang der alveolokapillären Membran im Rahmen interstitieller Erkrankungen, bei Erkrankungen des kleinen Kreislaufs wie pulmonaler Hypertonie oder bei Verminderung der alveolären Gasaustauschfläche infolge eines Lungenemphysems.
Weitere Tests
Für weiter gehende Fragestellungen, z. B. bei Störungen der Atemmuskulatur, stehen zusätzliche Tests wie die Messung der Atemmuskelfunktion mittels P 0.1 oder die sonografische Erfassung der Zwerchfellbeweglichkeit zur Verfügung. Wichtig ist darüber hinaus, dass viele Atemstörungen in frühen Stadien durch die Lungenfunktionsdiagnostik unter Ruhebedingungen nicht erfasst werden. In solchen Fällen hilft eine Belastungsuntersuchung, am besten in Form der Spiroergometrie, häufig weiter.
Typische Befundkonstellationen
Abschließend zeigt die Tab.
1 typische Befundkonstellationen, die eine erste Orientierung in der Interpretation der Lungenfunktionsdiagnostik bieten können.
Tab. 1
Typische Lungenfunktionsbefunde
VK | (−)/↓ | (−)/↓ | ↓ | ↓ | (−) |
FEV1 | ↓ | ↓ | (−)/↓ | (−)/↓ | (−) |
FEV1/VK | ↓ | ↓ | (−) | (−) | (−) |
RV | (−)/↑ | ↑ | ↓ | ↓ | (−) |
Diff.-kap. | (−) | ↓ | (−)/↓ | ↓ | ↓ |
Video/Audio
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