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Enzyklopädie der Schlafmedizin
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Publiziert am: 22.02.2020

Nikotin

Verfasst von: Kai Spiegelhalder und Magdolna Hornyak
Nikotin ist das Hauptalkaloid des Tabaks, das aus den Blättern der Tabakpflanze aufbereitet wird. Nikotin wirkt sowohl beruhigend als auch anregend und besitzt ein starkes Abhängigkeitspotenzial. Nikotin wurde erstmals im Jahr 1928 isoliert und wird für die akute Wirkung des Zigarettenrauchens und die Entwicklung der Abhängigkeit verantwortlich gemacht. Es handelt sich hierbei um ein toxisches Alkaloid, das sich sowohl in Wasser und organischen Lösungsmitteln als auch in fetten Ölen löst.

Englischer Begriff

nicotine

Definition

Nikotin ist das Hauptalkaloid des Tabaks, das aus den Blättern der Tabakpflanze aufbereitet wird. Nikotin wirkt sowohl beruhigend als auch anregend und besitzt ein starkes Abhängigkeitspotenzial. Nikotin wurde erstmals im Jahr 1928 isoliert und wird für die akute Wirkung des Zigarettenrauchens und die Entwicklung der Abhängigkeit verantwortlich gemacht. Es handelt sich hierbei um ein toxisches Alkaloid, das sich sowohl in Wasser und organischen Lösungsmitteln als auch in fetten Ölen löst.
Derzeit konsumieren mehr als 30 % der Weltbevölkerung im Alter von über 15 Jahren Tabakprodukte, darunter pro Jahr etwa sechs Billionen Zigaretten. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (2009) rauchen in Deutschland schätzungsweise 26 % der erwachsenen Bevölkerung im Alter von über 15 Jahren (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. o.J.).
Das hohe Suchtpotenzial von Nikotin wird vor allem der Beeinflussung des Dopaminsystems zugeschrieben. Chronischer Tabakkonsum verändert das Schlafprofil („Polysomnographie und Hypnogramm“) und kann mit dem subjektiven Gefühl eines nicht erholsamen Schlafs einhergehen. Als Schlafstörungen treten überwiegend Durchschlafstörungen auf. Nikotinentzug führt meistens zu Verschlechterung des Ein- und Durchschlafens. Der anhaltend gestörte Schlaf bei aktuell abstinenten Rauchern wird als möglicher Risikofaktor für einen Rückfall diskutiert.

Grundlagen

Geschichtliches

Als ursprüngliche Heimat der Tabakpflanze gilt der amerikanische Doppelkontinent, wo die Indianer bereits vor Hunderten von Jahren die berauschende Wirkung dieser Pflanze kannten und zu kultischen Zwecken nutzten. Im 16. Jahrhundert brachten spanische Eroberer die Tabakpflanze zunächst nach Spanien, wo sie vor allem als Zierpflanze kultiviert wurde. Im Jahr 1570 führte Jean Nicot, der französische Gesandte in Portugal, die Tabakpflanze in Frankreich ein, die nun zu seinen Ehren Tabacum nicotiana benannt wurde. Im 17. Jahrhundert verbreitete sich das Tabakrauchen im Zuge des Dreißigjährigen Krieges über ganz Europa.

Wirkungsweise

Tabak enthält nach derzeitigen Erkenntnissen mehr als 4000 Inhaltsstoffe. Das Hauptalkaloid ist Nikotin, das in unterschiedlichen Mengen in den Blättern enthalten ist. Beim Rauchen werden etwa 30 % des in der Zigarette enthaltenen Nikotins freigesetzt, wovon bis zu 95 % beim intensiven Inhalieren resorbiert werden. 25 % des inhalierten Nikotins erreichen innerhalb von sieben bis acht Sekunden das Gehirn. Zu den zentralen Effekten gehört vor allem die Steigerung der psychomotorischen Leistungsfähigkeit sowie der Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistung. Tabakrauchen ist vor allem mit der Gefahr der raschen Gewöhnung und Toleranzbildung sowie langfristig schwerwiegenden gesundheitlichen Risiken verbunden, beispielsweise „ Atherosklerose und Obstruktive Schlafapnoe“ (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. o.J.). Siehe auch „Endotheliale Dysfunktion“.

Abhängigkeit

Nikotin hat eine mit anderen Rauschmitteln wie Amphetaminen, Kokain oder Morphin vergleichbare suchterzeugende Wirkung, die sowohl zu körperlicher als auch psychischer Abhängigkeit führt. Die hohe Suchtgefahr erklärt sich durch die unmittelbar einsetzende Wirkung des Nikotins, das bereits wenige Sekunden nach der Inhalation angenehme psychotrope Effekte entfaltet, die durch klassische Konditionierungsprozesse im Verlauf des Konsums an bestimmte Situationen, Tätigkeiten oder Schlüsselreize gekoppelt werden. Beim Ausbleiben der Nikotinzufuhr kommt es aufgrund der Gewöhnung an die Substanz zu Entzugserscheinungen, wie beispielsweise verminderte Frustrationstoleranz, Reizbarkeit, Aggressivität, Angst, depressive Stimmung, Konzentrationsstörungen, Unruhe, Schlafstörungen und Appetitsteigerung, die durch eine erneute Nikotinaufnahme unterdrückt werden und somit eine Fortsetzung des Konsums begünstigen.

Effekte auf den Schlaf

Bei der Ratte führt die akute Verabreichung von Nikotin zu einer dosisabhängigen Abnahme des REM-Schlafs und des langsamwelligen Schlafs sowie einer Zunahme der Wachperioden (Salin-Pascual et al. 1999). Die subakute Gabe führte zu einer Vermehrung des REM-Schlafs und die chronische Gabe zur Reduktion des REM-Schlafs und der Gesamtschlafzeit (Salin-Pascual et al. 1999). Ähnliche Effekte wurden bei Menschen beobachtet (für eine Übersicht siehe Jähne et al. 2009). Zudem berichteten Raucher häufiger über Ein- und Durchschlafstörungen und Tagesmüdigkeit als Nichtraucher. Der anhaltend gestörte Schlaf bei aktuell abstinenten Rauchern wird als möglicher Risikofaktor für einen Rückfall diskutiert. Nikotinentzug ist mit einer Zunahme von Arousals, Schlafstadienwechseln sowie der Anzahl der Aufwachepisoden verbunden (Prosise et al. 1994). Im „Multiplen Schlaflatenztest“ ist die Latenz zum Auftreten von Schlafstadium 1 zudem verkürzt (Prosise et al. 1994). Bei Patienten mit einer Depression scheinen Nikotinpflaster antidepressiv zu wirken (Salin-Pascual et al. 1996). Eine therapeutische Anwendung von Nikotin kann aufgrund der Nebenwirkungen jedoch nicht empfohlen werden.
Literatur
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (o.J.) http://​www.​dhs.​de/​suchtstoffe-verhalten/​tabak.​html
Jähne A, Loessl B, Barkai Z et al (2009) Effects of nicotine on sleep during consumption, withdrawal and replacement therapy. Sleep Med Rev 13:363–377CrossRef
Prosise GL, Bonnet MH, Berry RB, Dickel MJ (1994) Effects of abstinence from smoking on sleep and daytime sleepiness. Chest 105:1136–1141CrossRef
Salin-Pascual RJ, Rosas M, Jimenez-Genchi A et al (1996) Antidepressant effect of transdermal nicotine patches in nonsmoking patients with major depression. J Clin Psychiatry 57:387–389PubMed
Salin-Pascual RJ, Moro-Lopez ML, Gonzalez-Sanchez H, Blanco-Centurion C (1999) Changes in sleep after acute and repeated administration of nicotine in the rat. Psychopharmacology (Berl) 145:133–138CrossRef