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Klinische Angiologie
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Publiziert am: 21.05.2022

Dialyseshunt: Management von Komplikationen

Verfasst von: Susanne Regus
Aufgrund der regelmäßig notwendigen Punktion eines Hämodialyseshunts ist dieser anfällig für Komplikationen. Der akute Verschluss ist die häufigste Komplikation und erfordert stets unverzügliches operatives oder interventionelles Handeln. Beim umgekehrten Fall, nämlich der High-Flow Situation mit resultierender kardialer Volumenbelastung oder peripherer Minderperfusion (hemodialysis access induced distal ischemia; HAIDI) handelt es sich zwar um keinen Notfall, dennoch sind meist elektive operative Shuntrevisionen indiziert. Beim Shuntinfekt handelt es sich um eine sehr seltene, aber aufgrund der oft begleitenden Immunsuppression schwerwiegenden sowie potenziell lebensbedrohlichen Komplikation, die meist die Aufgabe des infizierten Gefäßzuganges notwendig macht.
Ein Meilenstein in der Geschichte der Hämodialyse-Zugangswege wurde im Jahre 1966 mit der Erstbeschreibung der chirurgisch angelegten arteriovenösen Fistel (Ciminoshunt) auf Höhe des Handgelenks gesetzt. Brescia, Cimino und Appel beschrieben den ersten internen autologen Shunt, welcher sich aufgrund vieler Vorteile als Hämodialysezugang der Wahl durchgesetzt hat (Brescia et al. 1966)
Es handelt sich hierbei allerdings um die einzige Gefäß-Rekonstruktion, welche postoperativ regelmäßig punktiert und damit äußerst strapaziert sowie anfällig für Komplikationen ist.
Hieraus ergeben sich die drei häufigsten Komplikationen:
1.
Der akute Shuntverschluss Der akute Verschluss stellt mit Abstand die häufigste Komplikation dar. Er ereignet sich pro Shunt im Schnitt ca. 0,1–0,5 mal (native Fistel) bzw. 0,5–2 mal (Prothesenshunt) im Jahr und erfordert stets akutes Handeln (Quencer und Oklu 2017)
 
2.
Der High-Flow-Shunt
Das Gegenteil, nämlich ein zu großes Shuntvolumen, kann zu einer peripheren Minderperfusion (Steal-Syndrom) oder einer chronischen Rechtsherzbelastung führen. Diese Situation ist vergleichsweise selten und betrifft etwa 0,25–1,8 % der Shuntpatienten (Padberg Jr. et al. 2008)
 
3.
Der Shuntinfekt
Eine Infektion des Shunts kann bei den oft multimorbiden und immunsupprimierten Patienten schwere systemische Folgen haben und zur Aufgabe des Gefäßzugangs (beim Kunststoffshunt regelhaft) führen. Dies ist die seltenste der drei Komplikation, aber mit Abstand die ernst zu nehmendste. Immerhin sind Infektionen nach kardiovaskulären Ereignissen die zweithäufigste Todesursache bei Hämodialysepatienten (Eleftheriadis et al. 2011)
 

Der Akute Shuntverschluss

I.
Ätiologie und Lokalisation (siehe Abb. 1)
  • Arterielles Zustromproblem
 
Ein Großteil der terminal niereninsuffizienten Patienten hat ein entsprechendes kardiovaskuläres Risikoprofil und leidet damit einhergehend an einer Atherosklerose. Folglich können Stenosen der Schulter- und Armarterien im Sinne einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit ein Zustromproblem darstellen und somit einen akuten Shuntverschluss verursachen.
Aber auch das Risiko einer Anastomosenstenose tritt häufiger bei verkalkten Gefäßen auf, zum einen aufgrund der technischen Herausforderungen für den Chirurgen, zum anderen wegen der verstärkten Intimahyperplasie im Zeitverlauf als typische Komplikation der Grunderkrankung Atherosklerose.
  • Anastomosenstenosen
Der Sofort- sowie Frühverschluss innerhalb von 14 Tagen nach operativer Anlage sind beide meist auf technische Probleme oder anatomische Ursachen zurückzuführen (Beaulieu et al. 2019).
Die Sofortverschlussrate nach Anlage eines Ciminoshunt liegt bei bis zu 30 %. Gründe hierfür sind zum einen die anatomisch bedingt kleineren Gefäße mit geringeren Flußraten und schwierigerer Anastomosierung unter Anwendung mikrochirurgischer Techniken. Hierdurch lässt sich das höhere Risiko von Anastomosenstenosen bei der Anlage von Unterarm- im Vergleich zu Oberarmshunts erklären (Regus et al. 2017).
  • Stenosen und Aneurysmen im Shuntverlauf
Die Punktionsstrecke eines Hämodialyseshunts ist am intensivsten beansprucht und daher liegt hier die häufigste Ursache von Verschlüssen.
Dies kann an einem anatomisch unzureichend und dünnlumig ausgebildetem Venensystem oder an Venenklappen liegen.
Häufiger werden Probleme im Bereich der Punktionsstrecke allerdings durch die regelmäßige Punktion verursacht. Von den drei gängigen Punktionstechniken (Areal-, Knopfloch- und Strickleiterpunktion) scheint die Strickleiterpunktion weniger Komplikationen wie die Ausbildung von Stenosen oder Aneurysmen der Punktionsstrecke zu verursachen (Wong et al. 2014). Aneurysmen können allerdings auch durch Stenosen verursacht sein, sind diesen dann aufgrund von resultierenden Turbulenzen in aller Regel nachgeschaltet. Eine weitere Ursache von Stenosen im Bereich der Punktionsstrecke sind die Intimahyperplasie an den prothetovenösen Anastomosen beim Kunststoffshunt oder nach der Anlage eines Interponats beim Revisionseingriff.
  • Zentrale Stenosen
Hier sind zum einen Stenosen im Mündungsbereich der V. cephalica als auch der V. basilica ins tiefe Venensystem zu nennen. Diese liegen meist außerhalb der Punktionsstrecke, sind aber sowohl chirurgisch als auch interventionell noch gut zugänglich. In den meisten Fälle wird die interventionelle Therapie bevorzugt (siehe Abb. 2a–c).
Anders verhält es sich mit Stenosen der tiefen Venen, welche insbesondere bei Zustand nach Anlage eines zentralen Venenkatheters auftreten können. Diese Stenosen werden in aller Regel interventionell behandelt, da chirurgisch nur mittels Thorakotomie und damit nicht unerheblichem Zugangstrauma versorgbar.
II.
Symptome
 
Der akute Shuntverschluss ist charakterisiert durch das Fehlen des typischen Schwirrens, was in aller Regel eindeutig im Dialysezentrum diagnostiziert werden kann. Viele Patienten erkennen den Shuntverschluss auch selbst und wenden sich direkt an den Hausarzt oder den betreuenden Shuntchirurgen, um eine zügige Rekanalisation bzw. Revision zu veranlassen. Punktionsprobleme können einen Shuntverschluss vortäuschen, wenn die Nadeln nicht korrekt platziert werden können, was allerdings extrem selten vorkommt.
III.
Diagnostik
 
Wie bereits oben erwähnt, ist die Diagnostik des akuten Shuntverschlusses in aller Regel alleine durch die klinische Untersuchung möglich. Die Sonografie beim akuten Shuntverschluss ist vernachlässigbar, insbesondere da beim kompletten Verschluss dieser zwar sonografisch dargestellt, die zugrunde liegende Ursache allerdings erst nach Wiedereröffnung der Strombahn lokalisiert werden kann.
Ebenso sind Flussvolumenmessungen beim akuten Verschluss kein Diagnostikum, diese können aber postoperativ als Verlaufskontrolle empfohlen oder bei der Dysfunktion angewendet werden, um einen Verschluss durch rechtzeitige Behandlung von Stenosen zu verhindern.
IV.
Therapie
Wie bei jedem anderen Gefäßverschluss, existieren auch beim Shuntverschluss drei Pfeiler an Therapieoptionen:
1.
die konservative
 
2.
die interventionelle und
 
3.
die offen-operative Therapie
 
 
Die konservative Therapie ist im Vergleich zu anderen kompensierten Gefäßverschlüssen, wie zum Beispiel bei der chronischen pAVK, beim akuten Shuntverschluss keine Therapieoption. Lediglich alternative Dialyseverfahren über einen akut implantierten Vorhof-Katheter können eine verzögerte Shuntrekanalisation oder eine Aufgabe des verschlossenen Shunts rechtfertigen.
Die interventionelle Rekanalisation ist eine zunehmend angewendete Maßnahme und in vielen Kliniken mittlerweile das Vorgehen der Wahl.
Vor mehr als 30 Jahren wurde erstmals über die Lysetherapie verschlossener Hämodialyseshunts berichtet (Schilling et al. 1987). In dieser Anfangsphase wurde Urokinase verwendet und nach erfolgreicher Lysetherapie eine angiografische Darstellung, allerdings ohne Angioplastie von sich demaskierenden Stenosen, durchgeführt. Mit einer Erfolgsrate von weniger als 50 % und einer hohen Frühverschlussrate innerhalb von 7 Tagen waren die Ergebnisse allerdings nicht zufriedenstellend und die chirurgische Shuntrevision weiterhin der sogenannte „Goldstandard“. Dennoch waren Vorteile wie die geringere Invasivität oder die Durchführbarkeit unter ambulanten Bedingungen Grund genug, diese Methode intensiver zu erforschen und weiterzuentwickeln. So wurden in den kommenden Jahren unterschiedliche Applikationstechniken des Thrombolytikums, wie die einfache Needle-directed Lyse and wait technique oder die Pulse spray technique vermehrt angewendet und die Ergebnisse untersucht (Vikrama et al. 2015). Außerdem wies recombinanter Tissue Plasminogen Activator weniger Nebenwirkungen als Urokinase bei besserer Wirksamkeit auf und wird deshalb heutzutage nahezu ausschließlich verwendet. Aufgrund der nicht zufriedenstellenden Ergebnisse ohne Beseitigung der zugrunde liegenden Engstellen wird heutzutage die Angioplastie von sich demaskierenden Stenosen standardmäßig empfohlen (Cynamon et al. 1997)
Bei der Hybridtherapie werden offen-operative und endovaskulär-interventionelle Verfahren kombiniert. Meist wird erst die Thrombektomie durchgeführt, anschließend nach erneuter Freigabe des Blutstromes eine Shuntographie mit jodhaltigem Kontrastmittel oder eine intraoperative Ultraschalluntersuchung durchgeführt. Sich hierbei demaskierende Stenosen proximal und distal der OP-Wunde können anschließend ballonangioplastiert werden. Dies erspart dem Patienten eine Erweiterung des chirurgischen Zugangsweges und damit im Idealfall weitestgehende Erhaltung der Punktionsstrecke. Damit kann dem Patienten im Idealfall die vorübergehende Anlage eines Vorhofkatheters bei nicht ausreichender Punktionsstrecke erspart werden.
Bei der operativen Therapie kommen mehrere Techniken zum Einsatz, wobei die Thrombektomie der Hauptbestandteil ist. Teilweise lässt sich schon alleine hierdurch wieder ein funktionsfähiger Shunt herstellen, zum Beispiel wenn eine erhöhte Thrombogenität die Ursache ist. In den meisten Fällen liegt allerdings eine mechanische Ursache dem Shuntverschluss zugrunde, weshalb als Qualitätskontrolle und zum Ausschluss einer dem Verschluss zugrunde liegenden Stenosierung allerdings intraoperativ auf jeden Fall eine angiografische Darstellung empfohlen wird. Sich demaskierende Stenosen proximal oder distal der OP-Wunde können dann entweder durch zusätzliche Hautschnitte oder mittels interventioneller Maßnahmen angegangen werden, wodurch die Offenheitsrate deutlich erhöht wird.
Bei anastomosennahen Stenosen empfiehlt sich die Proximalisierung der AV-Anastomose.
Stenosen im Verlauf der Punktionsstrecke werden mittels Patchplastik oder Anlage eines Interponats (autolog oder alloplastisch) rekonstruiert.
Aneurysmen werden gerafft und nachgeschaltete Stenosen autolog mit Teilen der Aneurysmawand versorgt.
In manchen Fällen muss allerdings auch eine Shunt-Neuanlage und Aufgabe des aufgebrachten Hämodialyseshunts erfolgen. Hierbei ist es wichtig, dass anschließend während der Reifezeit bzw. Nichtpunktierbarkeit des neuangelegten Shunts eine vorübergehende Hämodialyse über einen zentralen Venenkatheter sichergestellt werden sollte. In ausgewählten Fällen, in denen dies nicht möglich ist, kann alternativ eine nach bereits 72 Stunden punktierbare Prothese implantiert werden.

Periphere Minderperfusion und Volumenbelastung

Weit seltener als der Shuntverschluss ist der High Flow Shunt, also ein Hämodialyseshunt mit einem zu hohen Flussvolumen und daraus resultierender Herzbelastung oder einer peripheren Minderdurchblutung. Letzteres ist weitläufig unter dem Begriff Steal-Syndrom bekannt. Da es beim Steal-Syndrom im eigentlichen Sinne aber definitionsgemäß zu einer Flussumkehr im „angezapften“ Blutgefäß kommt und dies bei vielen Shunts nicht so ist, sollte korrekterweise der Ausdruck HAIDI-Syndrom (Hemodialysis access induced distal ischemia) verwendet werden (Modaghegh et al. 2015). Dies bringt zum Ausdruck, dass das Hauptproblem die periphere Minderdurchblutung aufgrund des reduzierten arteriellen Einstroms distal der arteriovenösen Anastomose, nicht aber eine Flussumkehr ist. Je nach Schweregrad der Minderdurchblutung kommt es zur Ausbildung mehr oder weniger starker Beschwerden, welche Grundlage der Einteilung in die vier Stadien nach Tordoir sind (siehe Tab. 1)(Tordoir et al. 2004)
Tab. 1
Stadieneinteilung der durch den Hämodialyseshunt verursachten peripheren Minderdurchblutung nach Tordoir (Hemodialysis access induced distal ischemia; HAIDI)
Stadieneinteilung HAIDI nach klinischen Kriterien
1
asymptomatisch
2
Schmerzen nur unter Hämodialysetherapie
3
Schmerzen auch außerhalb der Hämodialysetherapie
4
Ulcera
Risikofaktoren für die Entwicklung eines Steal-Syndroms sind weibliches Geschlecht, Diabetes mellitus sowie die periphere arterielle Verschlusskrankheit (Shaikh et al. 2019).
Oberarmshunts sind deutlich häufiger als Unterarmshunts betroffen, da bei an die A. brachialis anastomosierte Hämodialysefisteln häufiger eine High-flow- Situation entsteht.
Das normale Shuntvolumen liegt bei 600–1500 ml/min. High-flow-Shunts fördern regelhaft mehrere Liter, was zunächst eine periphere Minderdurchblutung verursachen kann, mit zunehmendem Volumen überwiegt dann aber die kardiale Belastung (Bourquelot und Stolba 2001)
  • Diagnostik
Die Diagnostik umfasst die Anamnese, hierbei wird insbesondere nach Schmerzen in der Hand während der Hämodialyse oder ein Kältegefühl als Zeichen der peripheren Minderperfusion gefragt. Bei der klinischen Untersuchung sollte auf Auffälligkeiten des Hautkolorits, Temperaturdifferenzen, Störungen des Sensomotorik oder Ulcerationen geachtet werden.
An weiteren apparativen Untersuchungsbefunden beim HAIDI- Syndrom (oder Steal-Phänomen) sind ein Abfall des Digitalarteriendrucks auf <50 mmHg, des Digital-brachial Index Wertes auf <0,6, des transkutanen Sauerstoffpartialdruckes (tcPO2) auf < 30 mmHg oder eine Amplitudenminderung in der akralen Oszillographie zu nennen.
Sonografisch kann nicht-invasiv die Perfusion der peripheren Arterien untersucht werden, insbesondere das Flussprofil sowie eine Volumenmessung des Hämodialyseshunts sind wegweisend.
Bei hochgradigem Verdacht auf eine durch den Hämodialyseshunt verursachte periphere Minderdurchblutung und insbesondere vor weiteren operativen Maßnahmen empfiehlt sich die Durchführung einer Shunt-Angiografie mit und ohne Kompression der arteriovenösen Anastomose.
  • Therapie
Ähnlich wie bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit empfiehlt sich im Stadium I und zum großen Teil auch im Stadium II die konservative Therapie. Ziel sämtlicher invasiver Maßnahmen ab Stadium III ist die Reduktion des Shuntvolumens sowie die Erhöhung des peripheren arteriellen Einstroms (siehe Abb. 3).
Beim Banding wird die anastomosennahe Shuntvene freigelegt und mit einem Band eingeengt. Alternativ wird beim sogenannten Miller- Banding ein 3–4 mm durchmessender Ballon perkutan in der anastomosennahen Shuntvene platziert und dann minimalinvasiv von außen in Lokalanästhesie über dem Ballon eingeengt. Von Erfolgsraten > 90 % wird berichtet (Miller et al. 2010). Als weitere operative Methoden neben dem einfachen Banding sind das DRIL (distal revascularisation interval ligature) sowie RUDI (revision using distal inflow) Verfahren zu nennen, zudem die Proximalisierung des arteriellen Einstromes (PAI; proximal arterial inflow). Als letzte Möglichkeit sind noch die Stilllegung des Shunts mit oder ohne Neuanlage kontralateral zu nennen.
  • Prävention
Durch den Allen-Test (QUERVERWEIS: Kap. „Diagnostik vor Shuntanlage“) soll bereits präoperativ eine potenzielle Perfusionsgefährdung der Hand durch die Shunt-Anlage erkannt werden. Das Prinzip dieses Tests ist die gleichzeitige manuelle Kompression der A. radialis und ulnaris, während der Patient Faustschlussübungen macht. Hierunter blasst die Handfläche ab. Nach Freigabe der A. ulnaris sollte diese nach 10 bis 15 Sekunden wieder normal koloriert sein. Andernfalls bestünde das Risiko einer Durchblutungsstörung der Hand nach Shuntanastomosierung auf die A. radialis.
Aus diesem Grunde und da zudem die Erfolgsraten signifikant besser sind, sollte vor jeder primären Shuntanlage ein sonografisches Mapping der Gefäßsituation am betroffenen Arm erfolgen. Somit kann im Vergleich zur alleinigen klinischen Untersuchung mittels Inspektion und Palpation die postoperative Offenheitrate signifikant verbessert sowie das Risiko eines Steal-Phänomens bzw. HAIDI-Syndroms vermindert werden (Ilhan et al. 2013).
Eine weitere und vielversprechende Diagnostik zur Prophylaxe eines Stealphänomens ist die intraoperative Perfusionsmessung der Hand mit Indocyanin-Grün. Ein Vergleich der mit einer Laserkamera darstellbaren Perfusionsänderung der Hand nach Öffnung der arteriovenösen Anastomose könnte zukünftig eventuell bereits bei der primären Shuntanlage Risikopatienten identifizieren, die von einer unmittelbaren Revision der Anastomose profitieren würden (Regus et al. 2019)

Shuntinfektion

Shuntinfektionen sind eine sehr seltene Komplikation, was eigentlich verwunderlich ist. Immerhin wird bei jeder Shuntpunktion die Hautintegrität verletzt, mit dem Risiko der Keimverschleppung.
Symptome des Infektes sind eine Rötung und Schwellung, bei putridem Verhalt zusätzlich die Fluktuation. An systemischen Zeichen sind Fieber und Schüttelfrost insbesondere während oder kurz nach der Hämodialysetherapie zu nennen.
Wie auch der Verschluss kann der Infekt in aller Regel klinisch diagnostiziert werden. Sonografisch stellt sich bei floridem Infekt ein Verhalt um den Shunt herum dar. Bei chronischem PTFE-Infekt können allerdings sämtliche Zeichen bis auf Fieber und Schüttelfrost bei der Hämodialyse fehlen. In solchen Fällen sollten Blutkulturen aus dem Shunt abgenommen werden, um einen Erregernachweis zu ermöglichen.
Mikrobiologisch lassen sich meist grampositive Keime nachweisen, hier in circa 50 % der Fälle Staphylococcus aureus. Weitere grampositive Keime sind Staphylococcus epidermis, Streptokokken und teilweise auch Enterococcus faecalis. Gramnegative Keime sind deutlich seltener nachzuweisen (Pseudomonas aeruginosa, Serratia marcescens).
Da es sich bei Hämodialysepatienten in aller Regel um ein multimorbides Patientengut handelt, welches zusätzlich oft an einer geschwächten Immunabwehr leidet, sollten Therapiemaßnahmen großzügig unter stationären Bedingungen indiziert werden. Die Antibiotikatherapie sollte vor Erhalt des mikrobiologischen Ergebnisses oben genanntes Erregerspektrum erfassen (Breitspektrum-Antibiotikum), um dann je nach Antibiogramm ggf. zu deeskalieren. Je nach Krankheitsverlauf wird eine Dauer der Antibiotikagabe von mindestens 14 Tagen, in ausgewählten Fällen auch eine Langzeittherapie (> 3 Monate) empfohlen.
Bei infiziertem Kunststoff sollte dieser mit Diagnosestellung entfernt werden, so dass sich in vielen Fällen die alleinige konservative Therapie verbietet.
Sie ist selten erfolgreich und führt zu einer nicht unerheblichen Gefährdung des Patienten. Vorübergehend ist dann allerdings die Hämodialysetherapie über einen Vorhofkatheter notwendig, welcher im Idealfall mit einer gewissen zeitlichen Latenz zur operativen Shuntexplanation implantiert werden sollte. Hierdurch wird angenommen, dass die Infektrate des Vorhofkatheters reduziert werden kann, da es im Rahmen der Explantation oft zu einer Bakteriämie mit der Gefahr der Absiedlung im Katheterschlauch kommen kann. Im Idealfall wird allerdings zeitnah am kontralateralen Arm eine native Fistel angelegt, welche dann nach Ausreifung punktiert werden kann. Alternativ könnte auch auf die Peritoneal-Dialyse gewechselt werden.
Literatur
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