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Glukarsäure

Verfasst von: A. M. Gressner und O. A. Gressner
Glukarsäure
Synonym(e)
D-Glukarsäure; D-Glukarat
Englischer Begriff
D-glucaric acid; D-glucarate
Definition
Glukarsäure ist eines der Endprodukte des Glukuronsäurestoffwechsels durch das Cytochrom P450-System der Leber. Die Glukarsäureausscheidungsmenge im Urin dient als indirekte (nichtinvasive) Kenngröße der enzymatischen Aktivität des CYP-450-Biotransformationssystems.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Das Cytochrom P450-abhängige Biotransformationssystem der Leber ist der wichtigste oxidative Medikamentenstoffwechselweg des Körpers, der neben Xenobiotika (Toxine, zahlreiche Medikamente) auch Endobiotika (z. B. Vitamin A, Testosteron) metabolisiert. Mehr als 30 Gene kodieren für CYP 450, deren Hauptformen überwiegend in der Membran des endoplasmatischen Retikulums (Mikrosomenfraktion) gelegen sind und durch zahlreiche Substrate (z. B. Ethanol, Phenobarbital) induzierbar sind. D-Glukarsäure, ein Metabolit des Glukuronsäureabbaus, entsteht im CYP 450-System der Hepatozyten gemäß folgender Reaktionen:
Funktion – Pathophysiologie
Die Ausscheidungsmenge von D-Glukarsäure spiegelt die Bildungsrate und damit die (induzierte) Aktivität einzelner Formen des CYP-450-Systems der Leber wider.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Probenstabilität
Glukarsäure ist im wässrigen Milieu bei Raumtemperatur mindestens 24 Stunden, bei − 20 °C mindestens 14 Tage stabil.
Analytik
Zur quantitativen Bestimmung stehen mehrere Methoden zur Verfügung:
1.
Enzymatische Methode
 
Die am meisten verbreitete Methode nutzt den inhibitorischen Effekt des durch Kochen des Urins bei pH 2,0 aus Glukarsäure entstehenden Glukaro-1,4-Lactons auf die β-Glukuronidaseaktivität aus:
Umwandlungsreaktion:
Indikatorreaktion:
Die Menge des gebildeten Lactons wird durch dessen spezifischen Hemmeffekt auf die Aktivität des Enzyms β-Glukuronidase anhand einer Kalibrationskurve gemessen. Das in der Indikatorreaktion freigesetzte und bei 405 nm fotometrisch gemessene gelbe p-Nitrophenol ist der Enzymaktivität direkt und der Glukarsäurekonzentration umgekehrt proportional. Letztlich bestimmt somit die Glukarsäurekonzentration den Inhibitionsgrad der β-Glukuronidaseaktivität. Die Nachweisgrenze beträgt etwa 1,0 μmol/L.
2.
Gas-Flüssigkeitschromatografie
 
Sehr empfindliche, aber aufwendige Methode.
3.
Ionenaustauschchromatografie
 
Aufwendige Methode mit möglicher Interferenz durch andere Harnbestandteile (z. B. Ascorbinsäure).
Referenzbereich – Frauen
12–95 μmol/L, 1,5–5,3 mmol/mol Kreatinin.
Referenzbereich – Männer
10–110 μmol/L, 1–5 mmol/mol Kreatinin.
Indikation
Aktivitätsbeurteilung des mikrosomalen Biotransformationssystems der Leber bei Exposition mit induzierenden Substanzen.
Interpretation
Die Konzentration bzw. Menge von D-Glukarsäure im Urin ist eine indirekte Kenngröße der In-vivo-Aktivität des Cytochrom-P450-Systems der Leber, das durch zahlreiche Medikamente wie Barbiturate, Antikonvulsiva (Phenytoin, Ethosuximid), Antipyrin, orale Kontrazeptiva, Rauchen und Alkoholabusus induziert werden kann und zu erhöhter Glukarsäureausscheidung führt. Die Ausscheidungsmenge korreliert mit der aufgenommenen Menge induzierender Medikamente, ist nach deren Absetzen reversibel und somit zur Verlaufskontrolle der Enzyminduktion geeignet.
Diagnostische Wertigkeit
Die klinische Wertigkeit entspricht etwa der des Aminopyrinatemtestes (Aminopyrinatemtest) und des Antipyrinclearance-Tests (Antipyrinclearance-Test), die beide die Gesamtaktivität des CYP-450-Monooxygenase-Systems indirekt erfassen. Für die Messung spezifischer Formen des CYP-450-Systems sind die genannten Kenngrößen nicht geeignet, hier stehen selektive Substrate zur Verfügung.
Literatur
Colombi A, Maroni M, Antonini C et al (1983a) Low-pH method for the enzymatic assay of D-glucaric acid in urine. Clin Chim Acta 128:337–347CrossRefPubMed
Colombi A, Maroni M, Antonini C et al (1983b) Influence of sex, age, and smoking habits on the urinary excretion of D-glucaric acid. Clin Chim Acta 128:349–358CrossRefPubMed