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Granulozyten-Phagozytose

Verfasst von: H. Renz und B. Gierten
Granulozyten-Phagozytose
Englischer Begriff
phagocytosis assay
Definition
Semiquantitativer durchflusszytometrischer Test zur Phagozytoseleistung von Granulozyten und Monozyten.
Durchführung
Fluoreszenzmarkierte (z. B. FITC) und voropsonisierte E. coli werden mit heparinisiertem Patientenblut inkubiert. Die Bakterien werden von den phagozytosefähigen Zellen, also Granulozyten und in geringerem Maße Monozyten, internalisiert. Nun wird die Fluoreszenz der adhärenten, also nicht phagozytierten Bakterien unterdrückt („gequencht“) und durch Fluoreszenz-DNA-Färbung (z. B. Propidiumiodid) die kernhaltigen Zellen markiert. Durch Detektion der beiden Fluoreszenzfarbstoffe von Bakterien bzw. DNA-haltigen Zellen und Darstellung in Dot-Blots können die bakterienhaltigen Granulozyten und Monozyten identifiziert werden. Die Fluoreszenzintensität ist proportional der von der Zelle phagozytierten Bakterien.
Als Kontrollen sind in den Test implementiert:
  • Kontrolle der Effektivität des Quenching durch Inkubation von Zellen und Bakterien bei 0 °C. Dabei sollte die energieabhängige Ingestion gestört sein, die Adhäsion der Bakterien jedoch funktionieren.
  • DNA-Färbung der Zellen verhindert die fälschliche Identifikation von Bakterien- und Zellaggregaten als Einzelzellen, die die Bakterien phagozytiert haben.
Für den In-vitro-Test ist kein kommerzielles Kontrollmaterial erhältlich. Daher ist eine Parallelanalyse einer Normalprobe zu empfehlen.
Zu beachten: Inkubation der Bakteriensuspension mit den Zellen bei 37 °C unter exakter Einhaltung der Inkubationszeit.
Während der Inkubation bei 37 °C in Gegenwart von Bakterien neigen Monozyten zur Adhärenz an Fremdoberflächen. Da nur Suspensionszellen gemessen werden, ist die Absolutzahl der Monozyten deutlich niedriger zu erwarten als im Differenzialblutbild. Vermeidbar ist dieser Effekt durch Verwendung silikonisierter Röhrchen oder Röhrchen aus Polypropylen, wenn die Phagozytoseleistung der Monozyten im Vordergrund steht.
Der Test dokumentiert lediglich Störungen im Ingestionsprozess. Störungen der Digestion können mittels Bursttest (Granulozyten-Burst-Aktivität) aufgedeckt werden.
Funktion – Pathophysiologie
Neutrophile Granulozyten phagozytieren Fremdpartikel und machen sie mittels enzymatischer Verdauung unschädlich. Dieser Vorgang beinhaltet 4 Teilschritte: Migration, Adhäsion, Ingestion, Digestion. Ingestion und Digestion lassen sich mittels durchflusszytometrischer Tests überprüfen.
Bei der Ingestion umfließen die Granulozyten die Partikel und binden sie an ihre Zellmembran durch Rezeptoren für Komplementfaktor C3 (C3-Komplement) und Immunglobulin G. Die Anwesenheit von Komplement und/oder spezifischen Antikörpern beschleunigt den Vorgang unter physiologischen Bedingungen wesentlich.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Heparin-Vollblut.
Probenstabilität
Lagerung bei Raumtemperatur für 24 Stunden.
Analytik
Durchflusszytometrie mit Doppelfluoreszenzfärbung.
Konventionelle Einheit
%.
Referenzbereich – Erwachsene
Granulozyten: >85 %.
Monozyten: >65 %.
Referenzbereich – Kinder
Granulozyten: >85 %.
Monozyten: >65 %.
Indikation
Primäre Immundefekte:
  • Mutationen im Bereich der Adhäsionsmoleküle der Integrin-β2-Familie: Die Adhäsionsmoleküle CD11a/CD18 bzw. CD11b/CD18 werden nicht ausreichend exprimiert. Es resultieren verminderte Adhärenz, chemotaktische Migration und Phagozytoseleistung.
  • Chronische Granulomatose: Die Patienten leiden unter Defekten einer der 4 Komponenten der NADPH-Oxidase, dem Schlüsselenzym bei der Sauerstoffradikalbildung.
Diagnostische Wertigkeit
Der Test sollte im symptomfreien Intervall durchgeführt werden.
Literatur
Peter H-H, Pichler WJ (Hrsg) (1996) Klinische Immunologie, 2. Aufl. Urban & Schwarzenberg, München
Rich R (1996) Clinical immunology principles and practice. Mosby Inc, Philadelphia, S 615 ff