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Zytokeratin-19-Fragment

Verfasst von: S. Holdenrieder und P. Stieber
Zytokeratin-19-Fragment
Synonym(e)
CYFRA 21-1
Englischer Begriff
cytokeratin-19 fragments
Definition
Zytokeratin-19-Fragmente sind 36 kDa schwere serumlösliche Grundbausteine epithelialer Intermediärfilamente und werden durch die monoklonalen Antikörper BM 21-1 und KS 19-1 spezifisch detektiert.
Struktur
Zytokeratin 19 ist das kleinste der 20 durch monoklonale Antikörper unterscheidbaren Typen der Zytokeratinfamilie. Es gehört der Gruppe der sauren Typ-I-Keratine (Zytokeratine 9–20) an, die mit basischen Typ-II-Keratinen (Zytokeratine 1–8) Dimere bilden. Während die Zytokeratine selbst serumunlöslich sind, sind die Fragmente nach proteolytischem Abbau der hydrophoben Amino-Kopfsequenz und Carboxy-Schwanzsequenz löslich und können im Serum nachgewiesen werden.
Molmasse
36 kDa.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Physiologisch kommen Zytokeratin-19-Fragmente ubiquitär im menschlichen Körper vor. Hohe Konzentrationen werden vor allem in Drüsenzellen des Lungengewebes gefunden. Die Ausscheidung erfolgt mit einer deutlich kürzeren Halbwertszeit als bei anderen Tumormarkern vorwiegend renal. Niereninsuffizienzen verzögern die Elimination der Zytokeratine und können zu deutlich erhöhten Konzentrationen führen. Cholestatische Prozesse sind ohne Einfluss auf den Zytokeratinmetabolismus.
Halbwertszeit
2–5 Stunden.
Funktion – Pathophysiologie
Die wesentliche klinische Bedeutung der CYFRA-21-1-Bestimmung liegt in der Differenzialdiagnose von unklaren Lungenrundherden sowie in der Entdeckung, dem Therapiemonitoring und der frühzeitigen Rezidiverkennung des Bronchialkarzinoms, insbesondere des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms. Daneben ist CYFRA 21-1 in allen Stadien ein multivariat unabhängiger prognostischer Parameter beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom. Das Zytokeratin 19 zeichnet sich gegenüber den in der Diagnostik ebenfalls eingesetzten Zytokeratinen 8 und 18 durch ein restriktiveres Verteilungsmuster im menschlichen Körper aus. Somit erlaubt es eine spezifischere Erfassung von malignen Erkrankungen, insbesondere von pulmonalen Neoplasien.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, Plasma, Pleuraexsudat.
Analytik
Enzymimmunoassay (EIA), Radioimmunoassay (RIA), Immunradiometrischer Assay (IRMA), Elektrochemilumineszenz-Immunoassay (ECLIA), insbesondere unter Verwendung der monoklonalen Antikörper BM 21-1 und KS 19-1.
Konventionelle Einheit
ng/mL.
Referenzbereich – Erwachsene
Serum: Median 0,7 μg/L; 95 %-Perzentile 1,3 μg/L (methodenabhängig).
Indikation
  • Verdacht auf Bronchialkarzinom
  • Differenzialdiagnose unklarer Lungenrundherde (mit CEA, NSE, ProGRP)
  • Prognose, Therapiekontrolle und Nachsorge nichtkleinzelliger Bronchialkarzinome
  • Verlaufskontrolle des Harnblasenkarzinoms
Interpretation
Die meisten CYFRA-21-1-Assays sind für die Anwendung im Serum und Plasma ausgetestet und können auch für die Bestimmung von Zytokeratin-19-Fragmenten in anderen Körperflüssigkeiten eingesetzt werden.
Da Zytokeratin 19 keine Organspezifität aufweist, ist bei allen soliden Tumorerkrankungen mit positiven Testergebnissen zu rechnen. Sehr hohe Konzentrationen (>250 μg/L) wurden insbesondere beim Bronchialkarzinom, aber auch beim Ovarial- und kolorektalen Karzinom beobachtet; Werte über 50 μg/L kommen auch beim metastasierten Mamma-, Magen-, Leber-, Pankreas- und Blasenkarzinom vor. Während der Zugewinn des diagnostischen Nutzens bei den meisten soliden Tumoren gering ist, stellt CYFRA 21-1 beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom mit Abstand den sensitivsten Marker dar (40–64 % bei einer Spezifität von 95 % gegenüber dem relevanten benignen Vergleichskollektiv und einem entsprechenden Grenzwert von 3,3 μg/L; Spezifität, diagnostische). Darüber hinaus ist es ein wertvoller Marker zur Früherkennung von Rezidiven beim muskelinvasiven Harnblasenkarzinom.
Benigne pulmonale Erkrankungen wie COPD, Pneumonie, Sarkoidose, Tuberkulose, chronische Bronchitis, Asthma bronchiale sowie Emphysem haben nur geringen Einfluss auf die CYFRA-21-1-Konzentrationen. Ebenso führen benigne gynäkologische, urologische und gastrointestinale Erkrankungen zu allenfalls geringen CYFRA-21-1-Erhöhungen. Hingegen zeigen Patienten mit Niereninsuffizienzen unabhängig vom Kreatininwert etwas höhere CYFRA-21-1-Werte bis 10 μg/L. Ohne wesentlichen Einfluss auf den Zytokeratinmetabolismus sind hingegen benigne Erkrankungen mit cholestatischer Komponente. Hinsichtlich iatrogener Einflüsse ist die Möglichkeit erhöhter CYFRA-21-1-Werte direkt nach Intubation sowie bei längerfristiger Überdruckbeatmung zu erwähnen. Außerdem kann jedes massive Trauma von Zytokeratin-reichem Gewebe z. B. bei Quetschungen der Lunge oder nach Operationen transient zu CYFRA-21-1-Erhöhungen führen. Während einer systemischen Chemotherapie weisen stark abfallende CYFRA-21-1-Werte auf ein gutes Ansprechen, gleichbleibend hohe oder ansteigende Werte auf ein ungenügendes Ansprechen hin.
Diagnostische Wertigkeit
  • Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom: Diagnose, Therapiemonitoring, Rezidiverkennung, Prognose
  • Unklare Lungenrundherde: Differenzialdiagnose (mit CEA, NSE, ProGRP)
  • Harnblasenkarzinom: Verlaufsbeobachtung
Literatur
Holdenrieder S, Wehnl B, Hettwer K et al (2017) Carcinoembryonic antigen and cytokeratin-19 fragments for assessment of therapy response in non-small cell lung cancer: a systematic review and meta-analysis. Br J Cancer 116:1037–1045CrossRefPubMedPubMedCentral
Omary MB, Ku NO, Strnad P et al (2009) Toward unraveling the complexity of simple epithelial keratins in human disease. J Clin Invest 119:1794–1805CrossRefPubMedPubMedCentral
Stieber P, Heinemann V (2008) Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern. J Lab Med 32:339–360