Die Pneumonie ist eine Infektion des Lungenparenchyms. Neben klinischen Zeichen der bronchoalveolären und systemischen Inflammation lässt sich – im Gegensatz zu unteren Atemwegsinfektionen wie der Bronchitis – in der radiologischen Diagnostik ein Infiltrat nachweisen. Pneumokokken sind die häufigsten Erreger der ambulant erworbenen Pneumonie. Prognostische Scores wie der CRB-65 können als Entscheidungshilfe für oder gegen eine stationäre Einweisung dienen. Entsprechend der aktuellen S3-Leitlinie sollten die Patienten zusätzlich auf das Vorhandensein instabiler Komorbiditäten untersucht werden und die Risikogruppeneinteilung entsprechend des Therapieziels bzw. der Funktionalität erfolgen. Hauptsäule der Therapie ist in allen Klassen ein Betalaktam mit guter Pneumokokkenwirksamkeit. Die Therapiedauer sollte außer bei der schweren Pneumonie auf 5 Tage begrenzt werden.
Die Pneumonie ist eine Infektion des Lungenparenchyms und klinisch definiert durch ein neu aufgetretenes radiologisch nachweisbares Infiltrat – das bei anderen Entitäten der unteren Atemwegsinfektionen („lower respiratory tract infection“, LRTI) fehlt – verbunden mit einer entsprechenden klinischen Symptomatik.
Es werden 3 Formen der Pneumonie unterschieden: die ambulant erworbene Pneumonie („community-acquired pneumonia“, CAP), die nosokomiale Pneumonie („hospital-acquired pneumonia“, HAP) sowie die Pneumonie unter Immunsuppression. Das Erregerspektrum wird von der CAP, bei der v. a. Pneumokokken, Influenzaviren und – seit 2020 – auch SARS-CoV-2 dominieren, über die HAP (zusätzlich multiresistente Erreger) bis hin zur Pneumonie unter Immunsuppression (zusätzlich opportunistische Erreger) vielfältiger (s. Tab. 1).
Tab. 1
Triade der Pneumonie. (Nach Ewig und Kolditz 2021)
Jede dieser Entitäten erfordert entsprechende diagnostische Maßnahmen sowie eine spezifische kalkulierte antiinfektive Therapie.
Pathophysiologie
Die Pneumonie entsteht durch das Eindringen und die Vermehrung pathogener Erreger in die unteren Atemwege. Dies kann durch Aspiration oder Mikroaspiration aus dem Oropharynx sowie durch Tröpfcheninfektion (Viren, Mykobakterien) oder Aerosolinfektion (Viren) geschehen. Seltener kann auch eine hämatogene Streuung zu abszedierenden Pneumonien führen, z. B. bei Rechtsherzendokarditis. Weiterhin scheint eine gestörte Balance des Lungenmikrobioms mit Dominanz einer Spezies das Entstehen einer Pneumonie begünstigen zu können, z. B. in Folge einer viralen Infektion der oberen Atemwege (Wunderink 2017).
Erregerspektrum
Selbst unter Studienbedingungen wird bei der CAP nur in ca. 30 % der Fälle ein Erreger identifiziert (Woodhead 1998).
Die wichtigsten Erreger und ihre Eigenschaften sowie die entsprechenden Risikopatienten sind in Tab. 2 zusammengefasst.
Tab. 2
Erreger der ambulant erworbenen Pneumonie. (Ewig und Kolditz 2021; Braeken und Essig 2021; Forstner und Rohde 2016; Dumke und Schnee 2015; Graham und Finn 2022; Robert-Koch-Institut2019; Freeman und Leigh 2022)
Nur bei Patienten mit Risikofaktoren: Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren, Alkoholabusus, chronische Herzinsuffizienz, ZNS-Erkrankungen, Bettlägerigkeit, PEG-Sonde
- Selten (1,3 %)
- hohe Letalität
- die Erreger bilden meist Betalaktamasen und sind makrolidresistent
Pseudomonas aeruginosa
- Bronchiektasien
- schwere COPD mit häufiger antibiotischer Vorbehandlung
- bekannte respiratorische Kolonisation
- Bettlägerigkeit mit PEG-Sonde
- Sehr selten (< 1 %)
- kalkulierte P.-aeruginosa-wirksame Therapie bei Patienten mit moderater oder schwerer Pneumonie und den genannten Risikofaktoren
Die unter der Gruppe der „atypischen Erreger“ zusammengefassten Bakterien unterscheiden sich von „typischen“ Erregern (Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae) in folgenden 3 Punkten:
Ein routinemäßiger Nachweis aus Blut- oder Sputumkultur ist nicht möglich.
Sie sind prinzipiell unempfindlich gegenüber allen Betalaktamantibiotika.
Es gibt keine etablierte Resistenztestung.
Epidemiologie
Die Pneumonie ist weltweit eine der wichtigsten Infektionskrankheiten mit hoher Morbidität, Letalität und erheblichen Kosten für die Gesundheitssysteme. Diese Krankheitslast wird in den nächsten Jahren durch die sich schnell verändernde Demografie der Gesellschaft mit mehr alten und komorbiden Patienten und die invasivere Therapie von Erkrankungen, die früher als nicht beeinflussbar galten, weiter steigen.
Die Inzidenz der CAP in Deutschland liegt bei ca. 9,7 pro 1000 Personenjahre (35.011 Fälle bei 32.007 Patienten) mit einer Hospitalisationsrate von 46,5 % (Inzidenz 4,5/1000 Personenjahre) (Kolditz und Tesch 2016). Die Häufigkeit der CAP unterliegt starken saisonalen Schwankungen.
Die Inzidenz steigt mit dem Lebensalter signifikant an und ist mit 53 pro 1000 Personenjahren am höchsten bei Patienten, die über 90 Jahre alt sind (Kolditz und Tesch 2016).
Weitere Risikofaktoren für das Auftreten einer CAP sind:
Immunsuppression, – wobei die Pneumonie unter Immunsuppression dann aufgrund des erweiterten Erregerspektrums eine eigene Entität darstellt (Ewig und Kolditz 2021; Kolditz und Tesch 2016).
Klinik
Die Symptome der CAP sind typisch, aber keinesfalls spezifisch, eine einheitliche Definition gibt es nicht. Insbesondere ältere Patienten sind oft oligosymptomatisch, respiratorische Symptome und/oder Fieber können oft fehlen.
neu aufgetretene Verwirrtheit ohne andere Ursache, – v. a. bei älteren Patienten.
Diagnostik
Die Diagnose der CAP ist eine klinische, bestehend aus radiologisch nachgewiesenem Infiltrat und Zeichen der bronchoalveolären und systemischen Inflammation. Da nicht in allen Fällen ein Infiltrat nachweisbar ist (insbesondere bei der Liegendaufnahme eines Röntgenthorax ist die Sensitivität eingeschränkt), ist in manchen Fällen die klinische Einschätzung ausschlaggebend. Abb. 1 zeigt die diagnostischen Kriterien der CAP. Das Infiltrat als Hauptkriterium grenzt die CAP von anderen unteren Atemwegsinfektionen, wie der Bronchitis und akut exazerbierten COPD (AECOPD) ab.
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Die Anamnese sollte neben der Symptomatik und ihrem Zeitverlauf auch zusätzliche Informationen zu Komorbiditäten, stationären Voraufenthalten/Pflegeheimbewohner, Exposition (Tuberkulose, Viruserkrankungen, Reisen, Tierkontakte), Substanzabusus und Immunsuppression umfassen.
Bei der klinischen Untersuchung können Rasselgeräusche nur bei Infiltraten, die näher als 5 cm an die Pleura reichen, auskultiert werden. Typisch sind dann inspiratorische feuchte Rasselgeräusche, aber auch Bronchialatmen, ggf. Zeichen eines Pleuraergusses mit Klopfschalldämpfung und abgeschwächtem Atemgeräusch, Dyspnoe/evtl. Orthopnoe, Tachypnoe, Tachykardie, Hyper-/Hypothermie und arterielle Hypotonie können bei einer CAP nachweisbar sein.
Die bildgebende Diagnostik ist notwendig zum Nachweis des neu aufgetretenen Infiltrates bzw. zur Abgrenzung von anderen unteren Atemwegsinfektionen (LRTI) sowie zur Darstellung der Lokalisation und Ausdehnung der Infiltrate sowie ggf. zur Darstellung von Komorbiditäten und/oder Differenzialdiagnosen (kardiale Dekompensation mit pulmonaler Stauung, Lungenarterienembolie), Komplikationen der Pneumonie (parapneumonischer Erguss, Abszess) oder auch pathognomonischen Befunden, die Hinweise auf den zugrunde liegenden Erreger liefern (vorwiegend Computertomogramm des Thorax). Die verschiedenen Modalitäten der Bildgebung (Röntgenthorax, CT-Thorax, Thoraxsonografie) unterscheiden sich in Sensitivität, Strahlenbelastung, Spezifität und Untersucherabhängigkeit. Bei begründetem Verdacht auf eine Pneumonie und unauffälliger Röntgenaufnahme mit Vorliegen von Zeichen für eine schwere Pneumonie (Hypoxämie/Sepsis etc.) oder bei Risikofaktoren für besondere Erreger (Immunsuppression) ist eine Computertomografie (CT) des Thorax indiziert (Ewig und Kolditz 2021).
Die Labordiagnostik sollte insbesondere bei hospitalisierten Patienten erfolgen. Biomarker alleine können jedoch eine CAP weder bestätigen noch ausschließen. Insbesondere Procalcitonin (PCT) und C-reaktives Protein (CrP) können jedoch Hinweise auf die Ätiologie (bakteriell vs. viral) und die Prognose des Patienten liefern sowie als Entscheidungshilfe für oder gegen eine Antibiotikaverschreibung hilfreich sein. Tab. 3 zeigt einen Algorithmus, nach dem die Antibiotikagabe PCT-abhängig gesteuert werden kann. Hierbei wurde in Studien jedoch nicht zwischen Pneumonie und anderen Formen der unteren Atemwegsinfektionen unterschieden (Burkhardt und Ewig 2010; Unnewehr und Kolditz 2018).
Tab. 3
Antibiotikagabe nach initialem PCT-Wert bei hospitalisierten Patienten mit unteren Atemwegsinfektionen. (Unnewehr und Kolditz 2018)
Procalcitonin (μg/l)
Antibiotikagabe
< 0,1
Nein
0,1–0,25
Eher nein
> 0,25
Eher ja
> 0,5
Unbedingte Antibiotikagabe
Die Messung der Oxygenierung sollte bei jedem Patienten mit CAP erfolgen, zumindest mittels Pulsoxymetrie, im stationären Bereich mittels Blutgasanalyse. Eine Sauerstoffsättigung von < 93 % ist mit einer ungünstigeren Prognose assoziiert, – auch bei Patienten mit einem niedrigen CRB-65-Score von 0 oder 1 Punkt.
Mikrobiologie
Bei ambulanten Patienten wird keine mikrobiologische Diagnostik empfohlen, insbesondere da die Präanalytik meist nicht optimal möglich ist und somit relevante Erreger wie Pneumokokken und Haemophilus influenzae in respiratorischen Sekreten nicht mehr nachgewiesen werden können.
Bei hospitalisierten Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie sollte die folgende Erregerdiagnostik erfolgen:
Sputumkultur (sofern eine Gramfärbung und Kultur innerhalb von 2–4 h realisierbar ist).
PCR (NAT) auf Influenzaviren und SARS-CoV-2 und ggf. weitere virale Erreger (u. a. RSV) je nach Saison bzw. epidemiologischer Situation.
Diagnostische Pleurapunktion bei relevanter Ergussmenge (z. B. > 5 cm in der lateralen Röntgenthoraxaufnahme): Bei einem pH-Wert < 7,2 sollte eine Drainageanlage erfolgen, da ein komplizierter parapneumonischer Erguss oder ein Empyem vorliegt.
bei Immunsuppression mit v. a. opportunistische Erreger,
Verdacht auf Bronchusstenose (poststenotische Pneumonie als Erstmanifestation einer pulmonalen Neoplasie),
Verdacht auf seltene Erreger bzw. bei therapierefraktärem Verlauf zur Differenzialdiagnostik (Ewig und Kolditz 2021).
Cave
Vergrünende Streptokokken, koagulasenegative Staphylokokken, Corynebakterien, Enterokokken, Neisseria spp. (außer N. meningitidis) und Candida spp. sind Bestandteil der typischen Normalflora und bei Nachweis aus respiratorischem Material (Sputum, Trachealsekret, bronchoalveoläre Lavage) nicht therapiebedürftig!
Risikostratifizierung und relevante klinische Scores
Prognostische Scores wie der CRB-65 können als Entscheidungshilfe für oder gegen eine stationäre Einweisung dienen. Zudem sind bei der Entscheidungsfindung auch Pneumonie-assoziierte Komplikationen, instabile Komorbiditäten, der funktionelle Status und soziale Begleitumstände zu berücksichtigen. Im Falle einer ambulanten Behandlung muss nach 48–72 h eine Reevaluation des Patienten erfolgen.
In der aktualisierten S3-Leitlinie der CAP wird zunächst eine Gruppeneinteilung der Patienten hinsichtlich des Therapieziels abhängig von der Funktionalität empfohlen (s. Tab. 4).
Tab. 4
CAP-Gruppeneinteilung hinsichtlich des Therapieziels. (Nach Ewig und Kolditz 2021)
Gruppe
Funktionalität
Therapieziel
Setting
Besonderheiten
1a
Gut bis ausreichend
Bettlägerigkeit < 50 % des Tages
Kurativ
Schweregradbestimmung entscheidet über Setting (ambulant/stationär/ITS)
Der CRB-65-Score dient im ambulanten Setting und in der Notaufnahme zur Evaluation des Therapiesettings. Es werden die folgenden Kriterien geprüft, für jedes erfüllte Kriterium wird 1 Punkt vergeben:
Aus der Punktzahl lassen sich drei Risikoklassen mit entsprechenden Managementempfehlungen ableiten:
Leichtgradige CAP (Letalität ca. 0–2 %): CRB-65 = 0 (ambulante Therapie häufig möglich).
Mittelschwere CAP (Letalität ca. 6–13 %): CRB-65 = 1–2 (Hospitalisation erwägen; falls ein Punkt alleine aus dem Alter resultiert, muss die Einweisung anhand der Komorbiditäten abgewogen werden).
Schwergradige CAP (Letalität ca. 23–34 %): CRB-65 = 3–4 (intensivierte Überwachung) (Ewig und Kolditz 2021).
In der weiteren Evaluation der Patienten sollten zusätzlich potenziell instabile Komorbiditäten (z. B. Erkrankungen von Herz, Leber, Niere, zerebrovaskuläre Erkrankungen, onkologische Erkrankungen, Diabetes mellitus) erfasst werden, da sie unabhängige Risikofaktoren für einen ungünstigen Verlauf darstellen.
CAP als Notfall
Über die genannten Scores hinaus ist die rasche Identifizierung von Patienten mit einer schweren CAP notwendig, die einer intensivierten Therapie bedürfen. Hierzu sollten zusätzlich die Major- bzw. Minorkriterien der ATS/IDSA ATS (American Thoracic Society) IDSA (Infectious Diseases Society of America) evaluiert werden (s. Tab. 5).
Tab. 5
ATS/IDSA-Major- und -Minorkriterien der schweren CAP. (Mandell und Wunderink 2007)
Ein akuter Notfall besteht, wenn mindestens eines der Majorkriterien erfüllt ist bzw. >2 von 9 Minorkriterien, und erfordert eine Überwachung bzw. Therapie auf der Intensivstation oder Intermediate Care Station (Ewig und Kolditz 2021; Mandell und Wunderink 2007).
Differenzialdiagnostik
Die klinische Definition der ambulant erworbenen unteren Atemwegsinfektion („lower respiratory tract infection“, LRTI) beinhaltet verschiedene Entitäten (z. B. Tracheobronchitis, akute Exazerbation der COPD, Pneumonie), die durch Anamnese und Untersuchung nicht klar voneinander unterschieden werden können, – auch der Auskultationsbefund ist hier nicht immer zuverlässig (Ebell und Chupp 2020; Stolz und Christ-Crain 2006). Eine generelle Indikation zur antibiotischen Therapie besteht jedoch nur bei Verdacht auf oder gesicherter Pneumonie. Diese kann nur durch ein neu aufgetretenes, radiologisch nachweisbares Infiltrat von den anderen LRTI-Entitäten abgegrenzt werden.
Darüber hinaus kommen folgende weitere Differenzialdiagnosen in Frage:
Überwässerung bei kardialer Dekompensation mit pulmonaler Stauung und/oder Niereninsuffizienz,
Aspirationspneumonie,
Pulmonalarterienembolie mit/ohne Lungeninfarkt,
interstitielle Lungenerkrankungen, z. B. idiopathische Lungenfibrose, kryptogen organisierende Pneumonie, Hypersensitivitätspneumonitis, Sarkoidose etc.,
maligne Lungenerkrankungen, z. B. bronchoalveoläres Karzinom, Lymphangiosis carcinomatosa, poststenotische Pneumonie.
Therapie
Die Auswahl der kalkulierten antibiotischen Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie richtet sich nach der 4-stufigen Schweregradeinteilung (Tab. 5):
Schwere Pneumonie (Intensivstation/Intermediate Care Station).
Hauptsäule der Therapie ist in allen Klassen ein Betalaktamantibiotikum mit guter Pneumokokkenwirksamkeit. Ciprofloxacin und Ceftazidim haben keine gute Pneumokokkenwirksamkeit und sollten daher bei CAP und unklarem Erreger nie als Monotherapie eingesetzt werden. Cefuroxim-Axetil (orales Cephalosporin III°) ist wegen der schlechten Bioverfügbarkeit und somit einem hohen Risiko für ein Therapieversagen nicht für die Therapie der CAP geeignet.
Tab. 6 fasst die aktuellen Empfehlungen zur kalkulierten Therapie bei CAP zusammen.
Tab. 6
Empfehlungen zur empirischen Therapie bei ambulant erworbener Pneumonie nach Schweregradeinteilung. (Nach Ewig und Kolditz 2021)
Risikogruppe
Therapieform
Primärtherapiea
Alternativtherapiea
Leichte Pneumonie ohne Komorbidität
Ambulant
oral
Amoxicillin
• > 70 kg: 3 × 1 g p.o.
• < 70 kg: 3 × 0,75 g p.o.
Azithromycinb 1 × 500 mg p.o. (3 Tage)
Clarithromycinb 2 × 500 mg p.o.
Moxifloxacin 1 × 400 mg p.o.
Levofloxacin 2 × 500 mg p.o.
Doxycyclin 1 × 200 mg p.o.
Leichte Pneumonie mit stabiler Komorbidität (ambulant, orale Therapie)
Beginn immer i.v., Sequenztherapie prinzipiell möglich
Piperacillin/Tazobactam 3–4 × 4,5 g i.v.
Jeweils + Makrolidb für 3 Tage
± Oseltamivirc
Moxifloxacin 1 × 400 mg i.v.
Levofloxacin 2 × 500 mg i.v.
(Monotherapie nicht bei septischem Schock)
Ceftriaxon 1 × 2 g i.v.
Cefotaxim 3 × 2 g i.v.
a Dosierungen bei normaler Nierenfunktion, unabhängig von der Nierenfunktion sollte in den ersten 24 h die volle Tagesdosis gegeben werden. Anschließend ist eine Anpassung an die Nierenfunktion notwendig
b Bei älteren Patienten und Komedikation mit Interaktionsrisiko ist Azithromycin als Makrolid der Wahl Clarithromycin vorzuziehen
c In der Saison bzw. entsprechend der epidemiologischen Situation
Merke
Die antiinfektive Therapie sollte möglichst zügig nach Diagnosestellung initiiert werden: bei CAP mit Hospitalisation innerhalb von 8 h, bei Sepsis/septischem Schock innerhalb von einer Stunde.
Weitere Therapieprinzipien sind:
Bei ambulanten Patienten mit Risikofaktoren (chronische Komorbiditäten) müssen neben Pneumokokken noch andere Erreger (z. B. Haemophilus influenzae bei COPD, Staphylococcus aureus bei Z. n. Apoplex) berücksichtigt werden, die häufig Betalaktamasen bilden. Daher sollte bei diesen Patienten die antibiotische Therapie mit einem Betalaktamaseinhibitor kombiniert werden.
Die „atypischen“ Erreger und Viren wurden in ihrer Häufigkeit und klinischen Relevanz in der Vergangenheit wahrscheinlich überschätzt. Sie sollten daher nur bei hospitalisierten Patienten initial kalkuliert erfasst werden (Betalaktam-Makrolid-Kombination, alternativ respiratorisches Fluorchinolon). Bei Patienten mit moderater CAP (Normalstation) ist die Betalaktam-Makrolid-Kombination optional, bei schwerer CAP (IMC/ITS) obligat.
Bei schwerer und mittelschwerer Pneumonie und fehlendem Nachweis eines atypischen Erregers sollte das Makrolid nach 3 Tagen beendet werden.
Bei Nachweis einer Legionellen-Pneumonie ist ein respiratorisches Fluorchinolon (Moxifloxacin oder Levofloxacin, Dauer 5-10[-14] Tage) Mittel der Wahl.
Bei Patienten mit schwerer COPD und/oder Bronchiektasien besteht ein Risiko für Pseudomonas aeruginosa: ambulant kann die Therapie mit Amoxicillin + Ciprofloxacin oder Levofloxacin (Monotherapie) erfolgen. Bei Hospitalisation sollte ebenfalls die primäre Therapie aus 2 Pseudomonas-wirksamen Antibiotika bestehen, da in diesem Fall eine inadäquate kalkulierte Therapie mit einer erhöhten Letalität assoziiert ist. Nach Erhalt der primären mikrobiellen Diagnostik kann auf ein Pseudomonas-wirksames Betalaktam (Piperacillin/Tazobactam, Ceftazidim, Meropenem) oder Fluorchinolon (Ciprofloxacin, Levofloxacin) deeskaliert werden.
Im Rahmen einer Influenzainfektion kann es sowohl zu einer primären viralen Pneumonie als auch zu einer sekundären bakteriellen Superinfektion kommen (v. a. Staphylococcus aureus, Streptococcus pneumoniae), die mit einer erhöhten Letalität assoziiert sind. Entsprechend der epidemiologischen Situation sind daher eine Influenzadiagnostik (PCR aus Rachenspülwasser oder Rachenabstrich bzw. BAL) sowie eine frühzeitige kalkulierte antivirale Therapie mit Oseltamivir v. a. bei hospitalisierten Patienten mit Risikofaktoren zu empfehlen. Die kalkulierte Gabe von Oseltamivir kann ggf. bei negativer Influenza-PCR wieder beendet werden.
Prinzipiell sollten hospitalisierte Patienten die ersten 48 h intravenös (i.v.) behandelt werden, erst wenn alle Stabilitätskriterien erfüllt sind, kann eine Umstellung auf eine orale Medikation (Sequenztherapie) erfolgen (Tab. 7).
Die antibiotische Therapie kann 48–72 h nach klinischer Besserung mit Entfieberung, jedoch frühestens nach 5 Tagen beendet werden. Eine Therapiedauer von mehr als 7 Tagen ist im Regelfall nicht erforderlich.
Ausnahmen, bei denen eine längere Therapiedauer erforderlich ist:
Staphylococcus-aureus-Bakteriämie (mindestens 14 Tage Therapiedauer),
Lungenabszess (Therapie bis zur vollständigen Rückbildung des Abszesses in der Bildgebung),
Pleuraempyem.
Bei Nichtbestätigung der Verdachtsdiagnose einer Pneumonie sollte das Antibiotikum innerhalb von 48–72 h wieder beendet werden.
Tab. 7
Checkliste: Voraussetzungen für eine antibiotische Sequenztherapie – alle Punkte sollten erfüllt sein. (Halm und Fine 1998)
Herzfrequenz ≤ 100/min
Atemfrequenz ≤ 24/min
Systolischer Blutdruck ≥ 90 mmHg
Körpertemperatur ≤ 37,8 °C
Normaler Bewusstseinszustand
Keine Hypoxämie (PO2 ≥ 60 mmHg bzw. SaO2 ≥ 90 %) unter Raumluft bzw. unter O2-Gabe bei vorbestehender Sauerstoffpflichtigkeit
Sichere orale Nahrungs- und Medikamenteneinnahme
Adjuvante Therapie
Prophylaktische Antikoagulation bei immobilen Patienten.
Sauerstoffgabe bei Patienten mit einer Sättigung < 93 %, ggf. unter Kontrolle der Blutgasanalyse insbesondere bei Patienten mit COPD (cave: Gefahr der Hyperkapnie/CO2-Narkose), – Ziel sollte eine Sättigung von 90–94 % sein.
invasive Beatmung mit lungenprotektiver Einstellung.
Physiotherapeutische Atemtherapie und frühe Mobilisierung beschleunigen die Rekonvaleszenz, letzteres ist sogar gesichert prognostisch relevant.
Hospitalisierte Patienten mit vorbestehender kardiovaskulärer Indikation (KHK, Z. n. Apoplex, pAVK) sollten ASS routinemäßig im Rahmen der CAP beginnen bzw. fortführen.
Bei erwachsenen Patienten mit schwerer CAP kann eine zusätzliche systemische Kortikosteroidtherapie von 40–50 mg/Tag über 5–7 Tage von Vorteil sein und führt insbesondere zu einem geringeren frühen Therapieversagen sowie einer Reduktion der Zeit bis zur klinischen Heilung, des Krankenhaus- und ITS-Aufenthaltes. Allerdings besteht ein erhöhtes Hyperglykämierisiko, weshalb die generelle adjuvante Steroidtherapie derzeit nicht empfohlen wird.
Entsprechend der Therapieempfehlungen bei akuten Exazerbationen eines Asthma bronchiale oder einer COPD sollten Patienten mit einer entsprechenden Verschlechterung der Grunderkrankung im Rahmen der CAP eine systemische Steroidtherapie über 5–7 Tage erhalten.
Bei schwerer COVID-19-Pneumonie sind je nach Schweregrad antivirale und/oder immunmodulatorische Therapien indiziert (Remdesivir, Steroide, JAK-Inhibitoren, IL-1- und IL-6-Antagonisten) (Ewig und Kolditz 2021; Kluge und Janssens 2022).
Verlauf und Prognose
Prognose und Verlauf hängen von Krankheitsschwere, Lebensalter und Komorbiditäten ab. Die CAP-Leitlinie empfiehlt die tägliche klinische Untersuchung (Auskultation der Lungen, Blutdruck, Herz- und Atemfrequenz, Allgemeinzustand, Stabilitätskriterien s. Tab. 6) sowie Laborkontrollen (Elektrolyte, Transaminasen, Serumkreatinin, Sauerstoffsättigung bzw. arterielle oder kapilläre Blutgasbestimmung, Blutbild, CRP und/oder Procalcitonin) nach 3–4 Tagen.
Bei hospitalisierten Patienten mit CAP und Pleuraerguss sollte eine sonografische Verlaufskontrolle erfolgen, um die Entstehung eines komplizierten parapneumonischen Ergusses bzw. eines Pleuraempyems zu erkennen.
Merke
Steigen CRP und/oder PCT an Tag 3 nach Therapie an oder fallen nur gering ab (< 25–50 % des Ausgangswertes), ist mit einem Therapieversagen zu rechnen!
Eine radiologische Abschlussuntersuchung ist frühestens 4 Wochen nach Ende der Antibiotikatherapie, insbesondere bei aktiven Rauchern, älteren Patienten (> 65 Jahre) bzw. Patienten mit schweren Begleiterkrankungen, zum Ausschluss von nichtinfektiösen Lungeninfiltraten (z. B. Lungenkarzinom) zu empfehlen. Eine radiologische Verlaufskontrolle während des stationären Aufenthalts ist im Falle einer klinischen Besserung und Dokumentation eines Rückgangs der Inflammationsparameter nicht routinemäßig angezeigt, da die Rückbildung der Infiltrate die längste Zeit beansprucht (Ewig und Kolditz 2021).
Es ist gesichert, dass Patienten nach Pneumonie eine (unabhängig von der Komorbidität, aber je nach Komorbidität unterschiedlich hohe) Exzessletalität haben. Insbesondere bei hospitalisierten Patienten liegt die Krankenhausletalität bei 17,2 %, die 30-Tage-Letalität bei 21,9 % verglichen mit ambulant behandelten Patienten (5,0 %) (Kolditz und Tesch 2016). Insbesondere ist das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (Herzinsuffizienz, Arrhythmien, akutes Koronarsyndrom, Schlaganfall) innerhalb der nachfolgenden 90 Tage deutlich erhöht. Ursächlich sind eine persistierende Inflammation, Hyperkoagulabilität und ein erhöhter vaskulärer Tonus sowie ggf. kardiotoxische Effekte bestimmter Erreger (Tralhão und Póvoa 2020). Entsprechend sollten Patienten mit entsprechenden Vorerkrankungen bzw. Risikofaktoren nach Entlassung engmaschig durch den Hausarzt überwacht werden.
Prävention
Impfpräventable Erreger der Pneumonie sind Pneumokokken und Influenzaviren. Beide Impfungen können simultan appliziert werden.
Pneumokokken. Nach Empfehlungen der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts (STIKO) sollen Erwachsene ab dem 60. Lebensjahr den nichtkonjugierten Pneumokokken-Polysaccharid-Impfstoff (PPSV23, Pneumovax23®) erhalten. Personen mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten sowie chronischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Erkrankungen der Atmungsorgane, Stoffwechselkrankheiten und neurologischen Erkrankungen und Patienten mit anatomischen oder fremdkörperassoziierten Risiken für Pneumokokkenmeningitis wird die sequenzielle Impfung mit PCV13 (Prevenar13®), gefolgt von PPSV23 nach 6–12 Monaten empfohlen. Vorteil der Konjugatvakzine gegenüber der Polysaccharidvakzine ist eine bessere Immunogenität, da durch die Proteinkonjugation auch T-Zellen angesprochen werden. Nachteil ist ein reduziertes Spektrum an Serotypen: die Konjugatvakzine enthält Impfantigene gegen 13, die Polysaccharidvakzine gegen 23 der 91 bekannten Pneumokokken-Serotypen. Seit dem Frühjahr 2022 ist die 20-valente Polysaccharid-Konjugatvakzine (Apexxnar®) für Erwachsene sowie die 15-valente Konjugatvakzine PCV15 (Vaxneuvance®) für Kinder und Erwachsene in Deutschland zugelassen. Die STIKO-Empfehlung zur Anwendung des Impfstoffes steht derzeit noch aus.
Influenzaviren. Seit 01/2018 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfung gegen saisonale Influenza mit einem quadrivalenten Impfstoff mit aktueller, von der WHO empfohlener Antigenkombination für Schwangere sowie Patienten mit chronischen Vorerkrankungen und Personen mit beruflich erhöhter Exposition. Für Personen ≥ 60 Jahre werden inaktivierte quadrivalente Hochdosisimpfstoffe empfohlen (STIKO 2023).
Besondere Aspekte in der Schwangerschaft
Ambulant erworbene Pneumonien gehen als häufigste nichtgeburtshilfliche infektiöse Komplikationen in der Schwangerschaft mit einer erhöhten Letalität und einem Frühgeburtsrisiko einher. Das Erregerspektrum ist ähnlich dem bei nichtschwangeren Erwachsenen, insbesondere Influenzainfektionen sowie SARS-CoV-2-Infektionen sind mit einer höheren Mortalität und Komplikationen assoziiert (Khan und Niederman 2009; Brito und Niederman 2011; Jamieson und Rasmussen 2022).
In der Diagnostik sollten auch Schwangere mit Verdacht auf eine Pneumonie unter strenger Indikationsstellung ein Röntgenbild der Lunge erhalten (Nutzung einer Bleischürze, p.a.-Aufnahme). Bei entsprechender Qualifikation des Untersuchers und pleuraständigen Infiltraten kann alternativ auch eine Thoraxsonografie diagnostisch ausreichend sein. Das weitere diagnostische Vorgehen entspricht dem bei nichtschwangeren Erwachsenen.
Einschränkungen ergeben sich in der antiinfektiven Therapie bei schwangeren Patientinnen. Penicilline (inkl. Betalaktamaseinhibitoren), Cephalosporine, Azithromycin und – sofern vom Erregerspektrum her notwendig – Carbapeneme sind in der Schwangerschaft effektiv und sicher. Tetrazykline sind ab der 15. Schwangerschaftswoche kontraindiziert. Oseltamivir wird aufgrund des hohen Risikos für schwere Influenzaverläufe in der Schwangerschaft unter strenger Indikationsstellung empfohlen (Padberg 2015; Brito und Niederman 2011).
Zur medikamentösen Therapieauswahl in der Schwangerschaft sei weiterhin auf die Datenbank der Charité Berlin (https://www.embryotox.de) verwiesen.
Literatur
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