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Thoraxchirurgie
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Publiziert am: 07.08.2021

Pneumothorax

Verfasst von: Jost Schnell
Der Pneumothorax wird aufgrund seiner Ätiologie in verschiedene Formen eingeteilt: primärer und sekundärer Spontanpneumothorax, iatrogener und traumatischer Pneumothorax. Diagnostisch ist die Röntgen-Thoraxübersicht die primäre Bildgebung der Wahl. Die Sonografie wird in der Intensivmedizin und in der Traumatologie eingesetzt zum Nachweis oder Ausschluss eines Pneumothorax. In der CT-Aufnahme des Thorax lassen sich ergänzende Informationen bei traumatologischen Fragestellungen zu Blutungen oder Thoraxwandverletzungen gewinnen, auch für die Beurteilung des Lungenparenchyms bei der Frage eines sekundären Pneumothorax ist die CT wichtig. Während beim traumatischen oder iatrogenen Pneumothorax die Drainagebehandlung in der Regel zielführend ist, kommen operative Maßnahmen vor allem beim Spontanpneumothorax in Betracht. Diese dienen in erster Linie der Rezidivprophylaxe und werden per VATS durchgeführt. Die individuelle Indikationsstellung dazu ist unter Berücksichtigung der Anamnese, des Pneumothoraxausmaßes, vorhandener Risikofaktoren und des Patientenwunsches die Domäne des Thoraxchirurgen.

Einleitung

Der Begriff „Pneumothorax“ beschreibt die Ansammlung von Luft in der Pleurahöhle. Bei diversen möglichen Ursachen ist das Ziel jeglicher Behandlung die Evakuation der eingedrungenen Luft aus dem Pleuraspalt und somit die vollständige Ausdehnung der Lunge. Dazu sollte ein fortgesetzter Übertritt von Luft in den Pleuraspalt verhindert werden. Schließlich sollten bei bestimmten Formen des Pneumothorax Maßnahmen zur Rezidivprophylaxe erwogen werden. Kompetenz und Erfahrung des Thoraxchirurgen ist vor allem beim Spontanpneumothorax gefragt, um den Patienten angemessen zu diagnostizieren und zu therapieren.

Definition, Ätiologie, Epidemiologie

Beim Pneumothorax werden verschiedene Formen nach ihrer Ätiologie unterschieden (Tab. 1):
Tab. 1.
Formen des Pneumothorax
Pneumothorax
Ätiologie
 
Idiopathisch, Blebs/Bullae in 90 % nachweisbar
Zugrunde liegende Lungenerkrankung, z. B.: COPD/Emphysem (ca. 80 % der SSP), zystische Fibrose, Pneumonie, Mykobakteriose, Lymphangioleiomyomatose, Birt-Hogg-Dubé-Syndrom, Sarkoidose, Lungenkarzinom, Lungenmetastasen, Lungenfibrose
Traumatischer Pneumothorax
Stumpfes Thoraxtrauma, offenes/penetrierendes Thoraxtrauma
Iatrogener Pneumothorax
 
 – postinterventioneller Pneumothorax
Nach thorakaler Intervention:
transthorakaler Lungenbiopsie, Pleurapunktion, ZVK-Anlage, Herzschrittmacherimplantation, transbronchialer Biopsie, bronchialer Ventilimplantation
 – Beatmungspneumothorax
Barotrauma bei erhöhten Beatmungsdrücken
Der Spontanpneumothorax ist definiert als Pneumothorax, der ohne erkennbares Ereignis („spontan“) entsteht (Abb. 1 und 2).
Der Spontanpneumothorax ohne zugrunde liegende Lungenerkrankung mit unauffälliger röntgenologischer Darstellung der Gegenseite wird primärer Spontanpneumothorax (PSP; Abb. 1) bezeichnet.
Beim sekundären Spontanpneumothorax (SSP; Abb. 2) findet sich eine zugrunde liegende Lungenerkrankung, die den Pneumothorax ausgelöst hat.
Epidemiologisch treten in Deutschland etwa 10.000 hospitalisierte Fälle von Pneumothoraces pro Jahr auf, einer Inzidenz von 14,3/100.000 entsprechend. Männer sind häufiger betroffen als Frauen im Verhältnis 3,2:1 (Abb. 3). Bis zum 45. Lebensjahr findet sich fast ausschließlich ein primärer Spontanpneumothorax, im höheren Lebensalter tritt zunehmend der sekundäre Spontanpneumothorax auf, wobei die COPD bei Nikotinabusus mit etwa 80 % die häufigste Ätiologie darstellt (Abb. 4). Die Letalität hospitalisierter Patienten mit Spontanpneumothorax steigt mit dem Lebensalter. Sie beträgt unter 45 Lebensjahren deutlich unter 1 %, um dann in höheren Altersklassen auf bis zu 16 % anzusteigen (Schnell et al. 2017). Die zunehmende Herausforderung in der Therapie im höheren Lebensalter erklärt sich durch Komorbiditäten und den sekundären Pneumothorax auslösende Lungenerkrankungen. Rezidivraten des Spontanpneumothorax werden in epidemiologischen Studien mit 26,5 % beziffert (Bobbio et al. 2015). Je nach Therapie des Spontanpneumothorax schwankt sie zwischen 5 % (Vohra et al. 2008) und 54 % (Olesen et al. 2016).
Gelegentlich tritt der Spontanpneumothorax als spontaner Hämatopneumothorax auf. Beim Kollaps der Lunge kommt es dabei zum Einreißen von durchbluteten Verwachsungssträngen, die typischerweise im Lungenapex zu finden sind.
Der traumatische Pneumothorax entsteht durch penetrierende oder stumpfe Thoraxtraumata. Epidemiologisch sind im europäischen Raum stumpfe Thoraxtraumata führend (Vodicka et al. 2017). Die Häufigkeit eines Pneumothorax beim stumpfen Thoraxtrauma beträgt nach einer Studie 10,5 %, wobei bei 67 % der Pneumothoraces sich diese erst in der, der Röntgen-Thoraxaufnahme folgenden, CT-Untersuchung darstellten (Rodriguez et al. 2019).
Ein iatrogener Pneumothorax entsteht im Rahmen ärztlicher Maßnahmen, entweder postinterventionell, z. B. nach ZVK-Anlage, Pleurapunktion, CT-gesteuerter Lungenpunktion, transbronchialer Lungenpunktion oder im Rahmen invasiver Beatmungen.
Der postinterventionelle Pneumothorax zeigt abhängig von dem ärztlichen Eingriff eine unterschiedliche Häufigkeit, die überwiegende Zahl der Pneumothoraces wird innerhalb von 4 Stunden postinterventionell symptomatisch und nachgewiesen.
Beim Spannungspneumothorax (Abb. 5) kommt es über einen Ventilmechanismus beim Atmen zu einer Druckerhöhung in der Thoraxhöhle, die neben dem Kollaps der ipsilateralen Lunge das Mediastinum zur kontralateralen gesunden Seite verdrängt und damit sowohl die gegenseitige Lunge bei der Atembeweglichkeit einschränkt als auch den Rückfluss des Blutes zum Herzen durch Kompression der V. cava einschränkt. Der Spannungspneumothorax findet sich deutlich häufiger bei beatmeten Patienten als beim Spontanpneumothorax (Leigh-Smith und Harris 2005; Roberts et al. 2015).

Diagnostik, klinische Symptome

Die unterschiedlichen epidemiologischen Formen des Pneumothorax verursachen unterschiedliche Symptome. Während beim primären Spontanpneumothorax das Leitsymptom der thorakale Schmerz ist, geben die Patienten mit sekundärem Spontanpneumothorax Dyspnoe als Leitsymptom an.
Das dramatische klinische Bild eines Spannungspneumothorax mit Sättigungsabfall, oberer Einflussstauung und hypotoner Kreislaufinsuffizienz bedarf umgehender Entlastung der betroffenen Pleurahöhle ohne weitere apparative Diagnostik.

Röntgen-Thorax

Die Röntgenaufnahme p. a. im Stehen in Inspiration ist die Bildgebung der Wahl für den primären und sekundären Spontanpneumothorax. Charakteristisch beim Pneumothorax ist der Nachweis einer Linie der Pleura visceralis mit fehlender peripherer Lungenzeichnung.
Cave
Vorsicht ist geboten bei Patienten mit großen bullösen Veränderungen, die als Pneumothorax missinterpretiert werden können (Abb. 2). Hier ist die weiterführende Diagnostik mit einer Computertomografie des Thorax hilfreich.
Zur Bestimmung des Ausmaßes des Pneumothorax in der Röntgenübersicht empfehlen nationale Leitlinien unterschiedliche Methoden, um einen großen (≥20 %) von einem kleinen (<20 %) Pneumothorax zu unterscheiden. Die deutsche S3-Leitlinie bevorzugt die Methode nach Collins (Abb. 6; Collins et al. 1995).

Sonografie

Die thorakale Sonografie kann in der Hand des Geübten kleinste Pneumothoraces nachweisen bzw. ausschließen. Dies ist insbesondere beim liegenden Patienten von Vorteil, bei dem die Röntgen-Thoraxübersicht erst ab einer bestimmten Größe des Pneumothorax Luft im Pleuraspalt detektieren kann. Mehrere Studien konnten die Spezifität/Sensitivität der thorakalen Sonografie gegenüber der Röntgen-Thoraxübersicht als ebenbürtig, teilweise überlegen, einstufen, insbesondere bei Traumapatienten (Alrajab et al. 2013; Alrajhi et al. 2012). Aus diesen Vorteilen erklärt sich der Einsatz der thorakalen Sonografie zur Fragestellung eines Pneumothorax auf Intensivstation bei traumatologischen oder postinterventionellen Patienten. Nachteilig ist die schlechte Abschätzbarkeit des Pneumothoraxausmaßes, sodass gegebenenfalls bei Nachweis eines Pneumothorax weitere bildgebende Diagnostik notwendig ist.

Computertomografie

Die Computertomografie (CT) des Thorax erlaubt genaueste Darstellung von Lungenparenchym und Pleura. Die CT hilft in der Differenzierung zwischen primärem und sekundärem Spontanpneumothorax und ist daher beim Spontanpneumothorax ab dem 45. Lebensjahr indiziert (Abb. 4). Bei Patienten mit PSP im jugendlichen Alter sollte die Indikationsstellung zur CT-Untersuchung aufgrund der Strahlenbelastung mit Zurückhaltung gestellt werden, da für die Indikationsstellung hinsichtlich operativer Maßnahmen beim PSP in der Regel Anamnese und Röntgenbild sowie Patientenwunsch ausreichen. Zur Beurteilung kleiner Pneumothoraces, bullöser Veränderungen und Drainagenfehllagen oder genauerer Darstellung eines Pneumothorax bei bestehendem ausgedehntem Weichteilemphysem bietet die CT weitere Vorteile, ebenso in der Traumatologie zur Darstellung weiterer thorakaler Verletzungen. Während in der Traumatologie die gleichzeitige Kontrastmittelgabe indiziert ist, ist sie beim Spontanpneumothorax obsolet.

Therapie

Ziel jeglicher Therapie ist die Evakuation der Luft im Pleuraspalt mit Ausdehnung der Lunge. Voraussetzung dafür ist eine ausdehnungsfähige Lunge bei Elastizität der die Lunge umgebenden Pleura visceralis. Die weiteren Ziele sind der Verschluss der Luftfistel sowie die Vermeidung eines Pneumothoraxrezidivs.

Punktion

Die Punktion von Luft aus dem Pleuraspalt über eine Kanüle kommt nur beim PSP oder bei interventionellem Pneumothorax nach CT-gesteuerter Punktion über die noch liegende Punktionsnadel in Betracht. Da ein Erfolg nur bei nicht nachdringender Luft über die Lunge in den Pleuraspalt zu erwarten ist, wird die Punktion mit Aspiration selten durchgeführt. Bei Erfolglosigkeit ist die Drainagenanlage ergänzend notwendig.

Drainagetherapie

Die Thoraxdrainagenanlage ist die Domäne der Pneumothoraxbehandlung. Ein großer, insbesondere aber ein symptomatischer Pneumothorax bedarf der zügigen Anlage einer Thoraxdrainage. Dies ist in der Regel bei guter Darstellung des Pneumothorax in Seldingertechnik möglich, die offene Drainagenanlage braucht nur selten bei bestehenden Verwachsungen durchgeführt werden. Zu bevorzugende Zugänge sind lateral an der Thoraxwand im 4./5. Interkostalraum in vorderer Axillarlinie oder ventral im 2./3. Interkostalraum in Medioklavikularlinie (Kap. „Thoraxdrainage“). Bei beatmeten Patienten in Rückenlage ist der ventrale Zugang aufgrund der sich im Thorax ventral ansammelnden Luft zu bevorzugen. Beim wachen Patienten kann der laterale Zugang gewählt werden in Seitenlage auf der gesunden Seite. Bei unklaren radiologischen Befunden mit Verdacht auf intrathorakale Verwachsungen, bullösen Veränderungen, ausgeprägtem Weichteilemphysem kann eine vor der Drainagenanlage durchgeführte CT zur Orientierung hilfreich sein. Der Spannungspneumothorax bedarf in der klinischen Notfallsituation ohne weitere radiologische Diagnostik die umgehende Entlastung mit Drainage oder Kanüle (zur Drainagenanlage, Kap. „Thoraxdrainage“). Kleinlumige Drainagen bis 14 Charriere, anzulegen in Seldingertechnik, bieten im Vergleich zu großlumigeren Drainagen den Vorteil weniger Schmerzen, weniger Komplikationen und eine kürzere Hospitalisationsdauer (Iepsen und Ringbaek 2013) zu verursachen. In der Traumatologie werden bei Verdacht auf einen Hämatothorax gerne größere Drainagen bis 28 Charriere verwendet, die dann in der Regel in offener Technik gelegt werden. Von der Anlage von Thoraxdrainagen in Troikartechnik ist bei hohem Verletzungsrisiko benachbarter thorakaler oder abdominaler Organe abzuraten.
Nach anfänglicher Besaugung der Drainage mit -20 cm Wassersäule und bei dann ausgedehnter Lunge kann die weitere Drainagetherapie ohne Sog am Wasserschloss oder auch am Heimlich-Ventil durchgeführt werden. Der klinische Verlauf kann durch Auskultation und Erfassung der täglichen Luftmenge über die Drainage beurteilt werden. Wenn keine Luft über die Drainage austritt, kann diese gezogen werden. Eine Röntgenkontrolle am folgenden Tag sollte die Ausdehnung in der Lunge dokumentieren.
Bei chronisch pleuralen Prozessen mit Pneumothorax kann die Pleura visceralis fibrosiert sein, diese stellt sich dann in der CT des Thorax verdickt dar. In diesen Fällen kann trotz Drainagetherapie die Lunge den thorakalen Raum nur inkomplett einnehmen. Dann muss ein verbliebener Pneumothorax als Therapieergebnis akzeptiert werden, oder invasivere operative Schritte wie die Dekortikation der Pleura visceralis oder eine Thorakoplastik erwogen werden.

Pleurodese

Zur Rezidivpropylaxe bei Spontanpneumothorax stehen Pleurodeseverfahren zur Verfügung. Diese können entweder durch Applikation pleurodesierender Substanzen über die liegende Thoraxdrainage oder intraoperativ thorakoskopisch durchgeführt werden (Hallifax et al. 2017). Die Indikation zur Pleurodese über die Drainage wird in erster Linie beim inoperablen sekundären Pneumothorax gestellt oder bei primärem Pneumothorax, wenn der Patient eine indizierte operative Maßnahme ablehnt (Tab. 2).
Tab. 2
Substanzen zur Pleurodese über liegende Thoraxdrainage (TD)
Substanz
Durchführung
Erfolgsrate/Literatur
Nebenwirkungen
Autologes Blut
1. i.v.-Entnahme von 1–2 ml Blut/kg KG und umgehende Applikation über liegende Thoraxdrainage ohne vorherige LA/Sedierung.
2. Nachspülung der TD mit 30 ml NaCL/Luft.
3. Abklemmen der Drainage über 2 h oder bis Patient Luftnot angibt.
- Einmalige Wiederholung des Procederes nach 2 Tagen möglich
82 %, wiederholte Applikation möglich
(Cao et al. 2012)
Subfebrile Temperatur nach Instillation möglich
Tetracyclin/Doxycyclin
1. Gabe von LA über Thoraxdrainage (z. B. 40 ml Mepivacain 1 %), zusätzlich Gabe eines Opiates i.v./s.c.
2. Nach analgetischer Wirkung unter Drehung des liegenden Patienten.
3. Applikation von 1500 ml Tetracyclin in 50 ml NaCl (Alternative: Doxycyclin 1000 mg).
4. Abklemmen der Drainage über 4 h unter mehrfachem Lagewechsel
75 % (Light et al. 1990);
87 % (Song et al. 2017)
Thoraxschmerz in 61 %/42 % trotz Lokalanästhesie
Talkum
1. Applikation einer Suspension von 5 g Talkum in 250 ml NACl über Thoraxdrainage unter wechselnden Positionen des Patienten.
2. Abklemmen der Drainage über 2 h
92 % (Almind et al. 1989)
Subfebrile Temperaturen
Als verwendete Substanzen zur Pleurodese sind Eigenblut, Tetracylinderivate und Talkum etabliert. Tab. 2 zeigt die Applikation verschiedener Substanzen über die liegende Thoraxdrainage als Lösung bzw. Suspension (Talkum). Bei Tetracyclinen und Talkum sollte zuvor ein Schmerzmittel i.v. sowie ein Lokalanästhetikum über die Drainage gegeben werden. Während die Pleurodese mit Tetracyclinen und Eigenblut wiederholt werden kann, ist die Gabe von Talkum als einmalige Gabe limitiert. Das in früheren Zeiten gefürchtete ARDS nach Talkum ist bei der heutigen Partikelgröße von >10 mm selten (Maskell et al. 2004). Die Tetracyclinpleurodese zeigt eine höhere Rezidivrate als die Talkumpleurodese (Almind et al. 1989). Aufgrund der starken entzündlichen Reaktion mit in der Folge bestehenden schweren Verwachsungen nach Talkumpleurodese, die einen späteren thoraxchirurgischen Eingriff erschweren könnten, ist die Indikation zur Applikation bei jungen Pneumothoraxpatienten streng zu stellen, ebenso bei Patienten, die gegebenenfalls im späteren Leben zu einer Lungentransplantation anstehen.

Operation

Indikationsstellung

Die Indikation zur operativen Versorgung (Tab. 3) wird vor allem beim Spontanpneumothorax gestellt, um bei einer persistierenden Luftfistelung die Lunge zur Ausdehnung zu bringen und um ein Pneumothoraxrezidiv zu vermeiden. Die Rezidivprophylaxe per Operation ist besser als bei allen anderen Verfahren, sodass die Indikation beim Spontanpneumothorax großzügig zu stellen ist. Neben Indikationen bei persistierendem Pneumothorax mit Luftfistelung an liegender Thoraxdrainage über 5 Tage oder Rezidivpneumothorax, einem Spannungspneumothorax, spontanem Hämatopneumothorax oder beidseitigen Pneumothoraces kann auch ein Patient mit Erstereignis eines Pneumothorax nach individueller Beratung einer operativen Versorgung zugeführt werden, wenn der Patient dies wünscht, um das Risiko eines Rezidivs zu minimieren. Nach epidemiologischen Studien beträgt die Rezidivrate beim primären Spannungspneumothorax 26–54 % (Bobbio et al. 2015; Olesen et al. 2016). Gerade bei einem Erstereignis mit großem Pneumothorax aufgrund der gegenüber einem kleinen Pneumothorax erhöhten Rezidivrate (Chiu et al. 2014; Sayar et al. 2014) ist die Überlegung der operativen Versorgung angezeigt. Während die Patienten mit PSP nur eine geringe perioperative Morbidität aufweisen, bestehen beim SSP aufgrund vorhandener Komorbiditäten höhere OP-Risiken. Studien konnten zeigen, dass ein Spontanpneumothorax bei zusätzlich bestehenden interstitiellen Lungenerkrankungen eine hohe perioperative Mortalität aufweist (Ichinose et al. 2016; Ota et al. 2014), sodass in diesen Fällen alternative Behandlungsmethoden wie Drainagebehandlung mit Pleurodese bevorzugt werden sollten.
Tab. 3
OP-Indikationen beim Pneumothorax
Pneumothorax
OP-Indikation
PSP
Rezidivpneumothorax,
persistierender PSP >5 Tage unter adäquater Drainagentherapie,
Spannungspneumothorax,
beidseitiger Pneumothorax,
spontaner Hämatopneumothorax,
Erstereignis PSP bei „großem“ Pneumothorax und/oder ausdrücklichem Patientenwunsch
SSP
COPD: Rezidiv/persistierender Pneumothorax >5 Tage nach Evaluation der Komorbiditäten,
LAM, BHD-Syndrom: hohes Rezidivrisiko, daher OP-Indikation bei Erstereignis,
Lungenfibrose: zurückhaltende OP-Indikation wegen möglicher OP-bedingter Exazerbation der Fibrose
Traumatischer Pneumothorax
OP-Indikation wird von Begleitverletzungen bestimmt (z. B. Hämatothorax, Rippenserienfraktur)
Iatrogener Pneumothorax
Seltene OP-Indikation bei persistierender Luftfistel
Die Indikation zur Operation bei traumatischem Pneumothorax wird eher bei begleitendem Hämatothorax oder Begleitverletzungen gestellt. Beim iatrogenen Pneumothorax besteht eine Operationsindikation nur selten, gegebenenfalls bei Persistenz der Luftfistelung über die Lungenverletzung.

Operationstechnik

Der minimalinvasive Zugang per VATS (video-assisted-thoracic-surgery) hat sich bei der operativen Versorgung des Pneumothorax gegenüber der offenen Thorakotomie aufgrund der Vorteile der VATS-Technik (weniger Schmerzen, kürzere Verweildauer, geringere postoperative Lungenfunktionsstörung) durchgesetzt, obwohl mehrere Studien die nochmalige geringere Rezidivrate beim offenen Vorgehen (1 % vs. 4 %) aufgezeigt haben (Vohra et al. 2008). Als Single- Port-, 2- oder 3-Port-Technik werden bullöse Bezirke, die sich in der Regel an der Lungenspitze befinden, entfernt (Abb. 7) und eine pleurale Maßnahme zur Verklebung der Pleura visceralis an der Thoraxwand durchgeführt.
Die Pleurektomie mit Resektion der Pleura parietalis im apikalen Thorax vom 4.–5. Interkostalraum nach apikal gelingt in der Schicht der Faszia endothoracica (Abb. 8). Alternativ oder in Kombination mit der Pleurektomie kann die Pleurodese der basalen Pleuraabschnitte mittels „Aufrauhen“ der Pleura parietalis durch mechanische Manipulation mittels Stieltupfer, elektrokaustisch oder mittels Argonbeamer durchgeführt werden. Auch kann eine chemische Pleurodese über den thorakoskopischen Zugang mittels Talkum erfolgen. Bei unzureichender Studienlage zum Vergleich der Verfahren spricht die Kombination von Bullaresektion und apikaler parietaler Pleurektomie sowie Pleurodese der unteren pleuralen Abschnitte für die besten Ergebnisse.
In der Regel kommt es bei Pleurektomien nur zu geringgradigen Blutungen aus der Fascia endothoracica, sodass häufig bei kleineren kapillären Blutungen der Thoraxwand keine Blutstillung notwendig ist.
Cave
Sollte dies doch nötig sein, Vorsicht bei Einsatz von Elektrokaustik im Bereich der Thoraxspitze bei dort unmittelbar benachbarter Lage von Gefäß- und Nervenstrukturen wie Ganglion stellatum, Plexus brachialis, N. phrenicus, N. vagus sowie den Subklaviagefäßen.
Am Ende der Operation sollte eine Thoraxdrainage mit Spitze apikoventral platziert werden. Die postoperative intensivmedizinische Überwachung kann beim SSP bei älteren Patienten indiziert sein, bei jungen Patienten mit PSP nur bei besonderen Komorbiditäten. Die postoperative Besaugung der Drainage kann am folgenden Tag nach Röntgenkontrolle mit dem Befund einer ausgedehnten Lunge auf Wasserschloss bzw. ein Device mit Heimlich-Ventil umgestellt werden. Bei keiner weiteren Fistelung kann die Drainage wiederum am Folgetag gezogen werden. Nach Drainagezug sollte eine Röntgenkontrolle die ausgedehnte Lunge dokumentieren. In der postoperativen Analgetikatherapie ist bei häufig starken Schmerzen durch Pleurektomie und bei liegender Thoraxdrainage eine Kombination aus Opioiden und anderen starken Schmerzmitteln notwendig, um den Patienten zügig zu mobilisieren und respiratorische Komplikationen zu vermeiden.

Nachsorge

Nach Entlassung behandelter Patienten mit Pneumothorax ist eine Röntgenkontrolle nach 2–3 Wochen angemessen. Wie Studien zeigen, sind Flugreisen zeitnah nach Entlassung ungefährlich (Sacco und Calero 2014). Körperliche Aktivität kann ebenfalls zeitnah wieder aufgenommen werden. Von Tauchsport (Scuba Diving) bei Pneumothorax-Patienten sollte grundsätzlich abgeraten werden (British Thoracic Society Fitness to Dive Group 2003).
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