Augenrauschen nicht nur durch Migräne und Drogen?

Unter Augenrauschen leiden viele Betroffenen seit der Geburt oder der frühen Kindheit. Forschende um Dr. Francesca Puledda gingen in einer Studie den bisher wenig bekannten Ursachen dieses Krankheitsbildes nach. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Früher hat es im Fernsehen häufig „geschneit“, wenn der Antennenempfang schlecht war: Es flimmerten viele kleine Punkte wie Schneeflocken durchs Bild. Für manche Menschen gehört dieser „Schnee“ jedoch zur visuellen Grundausstattung: Sie nehmen ständig ein Bildrauschen wahr, dass im angelsächsischen Sprachraum treffend als „visual snow“ bezeichnet wird. Lange Zeit hielten Experten dies für die Begleiterscheinung einer Migräne oder für die Spätfolge eines Halluzinogenkonsums, seit einigen Jahren wird das Augenrauschen aber als eigenständiges Krankheitsbild geführt, das auch unabhängig von anderen Erkrankungen auftreten kann. Da noch recht wenig über Ursachen und Verlauf bekannt ist, haben Forscher um Dr. Francesca Puledda aus der Gruppe des Kopfschmerzexperten Professor Peter Goadsby vom King’s College in London über einen Online-Fragebogen weltweit mehr als 1100 Betroffene gefragt. Ein großer Teil von ihnen gab an, schon immer davon betroffen zu sein. Empfehlung der Redaktion Migräne – Themenseite Auf der Themenseite Migräne halten wir Sie über die Migräne auf dem Laufenden, jene neurologische Erkrankung, an der deutschlandweit etwa acht Millionen Menschen leiden. Hier finden Sie Übersichten, News, Interviews und kommentierte Studienreferate. Die Onlinebefragung lief über die Webseite einer Selbsthilfegruppe (eyeonvision.org). Die Teilnehmer sollten Alter, Beginn der Symptome, Art des Phänomens sowie häufige Begleitsymptome angeben, zudem wurde nach Migräne, Tinnitus und dem Konsum illegaler Drogen gefragt. Im Schnitt waren die Teilnehmer 30 Jahre alt, zu etwas mehr als der Hälfte Männer, die allermeisten stammten aus Europa und Nordamerika. 40% zeitlebens betroffen Im Mittel begann das Augenrauschen mit 13 Jahren, 40% konnten sich nicht an einen Zustand ohne Rauschen erinnern – bei ihnen war das Phänomen entweder angeboren oder in früher Kindheit aufgetreten. 75% nannten zudem einen Tinnitus und 72% eine Migräne als Begleiterkrankung – dies bestätige den engen Zusammenhang mit beiden Diagnosen, schreiben die Forscher um Puledda. Ein Fünftel der Teilnehmer hatten einen plötzlichen Beginn des visuellen Rauschens festgestellt, 42 von ihnen während einer Migräneattacke, 20 nach Einnahme eines Medikaments, 38 nach dem Konsum illegaler Drogen. Fast 90% erfüllten die Kriterien für ein „visual snow syndrom“ (VSS) – neben dem Augenrauschen traten auch Palinopsien, Photophobien, Störung des Dämmerungssehens oder Phänomene wie Lichtblitze, farbige Wolken und Mouches volantes auf, die übrigen konnten glaubhaft versichern, nur das Augenrauschen zu bemerken. Solche Betroffene hatten seltener eine Migräne oder einen Tinnitus (jeweils rund 40%). Bei 70 Teilnehmern diagnostizierten die Forscher eine fortbestehende Wahrnehmungsstörung nach Halluzinogengebrauch (Hallucinogen Persisting Perception Disorder, HPPD). Davon gingen sie aus, wenn die Beschwerden erstmals zeitnah mit dem Konsum von halluzinogenen Drogen auftraten. Solche Teilnehmer waren beim Beginn des Problems im Schnitt schon über 20 Jahre alt und damit deutlich älter als die übrigen Befragten. Teilnehmer mit HPPD hatten ebenfalls meist ein komplettes Syndrom mit im Schnitt sechs differenzierbaren visuellen Symptomen und unterschieden sich hierbei nicht wesentlich von den übrigen VSS-Patienten. Besonders viele visuelle Symptome zeigten Betroffene mit Migräne und Tinnitus, Frauen nannten im Schnitt etwas mehr Symptome als Männer. Alter und Krankheitsdauer hatten auf die Ausprägung jedoch keinen signifikanten Einfluss. Das Augenrauschen selbst wurde von den Teilnehmern sehr einheitlich beschrieben – meist als schwarze oder weiße Punkte vor dem komplementären Hintergrund, zum Teil war der „Schnee“ auch transparent, farbig oder blitzte hell auf. Die Forscher um Puledda sehen durch ihre Arbeit den „visuellen Schnee“ als eigenständiges und gut abgrenzbares Krankheitsbild bestätigt. Dieses gehe zwar oft, aber nicht zwangsläufig, mit Tinnitus oder Migräne ein. Als häufigste visuelle Begleitsymptome nennen sie Palinopsien, Photophobien und Mouches volantes. Der Konsum von Halluzinogen ist ihren Resultaten zufolge nur selten an der Entstehung des Augenrauschens beteiligt. Bei den meisten Betroffenen stünden vermutlich ähnliche pathophysiologische Prozesse wie bei der Migräne im Vordergrund. Diagnose eines Visual-Snow-Syndroms (VSS) Folgende Kriterien müssen für die Diagnose erfüllt sein: Augenrauschen: kleine Punkte (schwarz auf weiß, weiß auf schwarz oder farbig), die kontinuierlich durch das gesamte Blickfeld flimmern Beschwerden persistieren seit mindestens drei Monaten Mindestens zwei von vier weiteren visuellen Symptomen treten auf: - Palinopsien, die sich deutlich von üblichen retinalen Nachbildern bei hohen Kontrasten unterscheiden - Pathologische entoptische Phänomene wie exzessive Mouches volantes, Blaufeld-Phänomen oder spontane Photopsien - Photophobie - Nyktalopie. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wodurch sind Patienten mit Visual-Snow-Syndrom (VSS) charakterisiert? Antwort: Das Augenrauschen tritt häufig schon in der frühen Kindheit auf, lässt sich nur selten auf Drogenkonsum zurückführen und geht sehr häufig mit Migräne und Tinnitus einher. Bedeutung: VSS kann recht einfach als eigenständiges Krankheitsbild diagnostiziert werden. Einschränkung: Daten basieren auf subjektiven Angaben.

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